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Alle Fotos (12)Biografie
Wilhelm Dieterle, geboren am 15. Juli 1893 in Ludwigshafen, absolvierte nach der Volksschule zunächst von 1906 bis 1909 eine Tischler- und Glaserlehre, und nahm wenig später Schauspielunterricht bei Paul Tietsch in Mannheim, um sich seinen eigentlichen Berufswunsch – Schauspieler – zu erfüllen.
1911 erhielt Dieterle am Westfälischen Städtebundtheater zu Arnsberg sein erstes Engagement: Nach Aussage Dieterles eine "Wanderschmiere", an der er als Statist und in Gesangs- und Tanznummern auftrat. Sein späteres "Markenzeichen" in Hollywood, nämlich das ständige Tragen von weißen Handschuhen, lässt sich auf diese Zeit zurückführen, benutzte man diese doch wegen des häufigen Umbaus der Bühnenbilder, die auch Dieterle bei seinen Theateranfängen erledigen musste.
Seine Bühnenkarriere setzte er 1912 bis 1914 in den Stadttheatern Heilbronn, Plauen, Bad Dürkheim und 1914 bis 1917 in Mainz fort. Vom aktiven Heeresdienst als "unabkömmlich" befreit, wurde er 1917/18 für Zürich freigestellt, wo er am Stadttheater in den Uraufführungen von Zweigs pazifistischer Versdichtung "Jeremias" und Frank Wedekinds "Schloß Wetterstein" seine ersten großen Rollen übernahm. 1918/19 folgte ein Engagement an der Neuen Freien Volksbühne Berlin und anschließend am Schauspielhaus München.
Der endgültige Durchbruch als Schauspieler gelang Dieterle zwischen 1920 und 1923 in Berlin, wo er an Max Reinhardts Deutschem Theater auf der Bühne stand. Daneben spielte er in den 20er Jahren am Staatstheater Berlin (1923/24) am Theater an der Königgrätzerstraße 1925/26) und am Deutschen Künstlertheater (1926/27) sowie an den verschiedenen Reinhardt-Bühnen, etwa dem Wiener Theater in der Josefstadt und bei den Salzburger Festspielen. 1924 leitete er zudem gemeinsam mit Georg Kaiser und Fred Angermayer das kurzlebige Dramatische Theater in Berlin.
Parallel zu seiner Theaterarbeit wirkte Dieterle ab 1920 zunehmend auch als Darsteller in Filmen mit, zunächst vor allem in Berg- und Heimatfilmen. Nach ersten Versuchen als Regieassistent gab er 1923 mit "Der Mensch am Wege" sein Regiedebüt. 1927 gründete er gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Drehbuchautorin und Schauspielerin Charlotte Hagenbruch eine eigene Produktionsfirma, die Charha-Film GmbH Berlin. Durch mehrere kommerziell erfolgreiche Filme wie "Ritter der Nacht" (1928) oder "Die Heilige und ihr Narr" (1928), bei denen Dieterle in Personalunion als Produzent, Regisseur und Hauptdarsteller fungierte, wurde Hollywood auf ihn aufmerksam. 1929 kam ein Vertrag zwischen Charha Film und dem deutschen Ableger der Universal Pictures zustande.
1930 wanderte Dieterle nach Kalifornien aus, wo er als Regisseur deutschsprachiger Versionen für First National Pictures, eine Tochtergesellschaft der Warner Bros., arbeitete. 1933 erhielt er bei Warner einen Sieben-Jahres-Vertrag. Mit sowohl kommerziell als auch künstlerisch erfolgreichen Filmen wie "A Midsummer Night’s Dream" ("Ein Sommernachtstraum", 1935, Co-Regie: Max Reinhardt; Oscar-Nominierung als "Bester Film") sowie den Filmbiografien "The Story of Louis Pasteur" ("Louis Pasteur", 1935; ebenfalls Oscar-Nominierung als "Bester Film") und "The Life of Emile Zola" ("Das Leben des Emile Zola", 1937) avancierte er unter seinem amerikanisierten Vornamen William zu einem der großen Prestige-Regisseure des Studios.
1937 hielt sich Dieterle, inzwischen amerikanischer Staatsbürger, im Auftrag der Warner Bros. für vier Monate in Moskau auf, um die Produktionsmethoden der Lenfilm zu studieren. 1938 bis 1940 gab er gemeinsam mit Charlotte Hagenbruch Theaterunterricht in "The Max Reinhardt Workshop of Stage, Screen and Radio" in Los Angeles. 1939 gehörte er zu den Financiers und Gründern der antifaschistischen Kulturzeitschrift "The Hollywood Tribune", die von E.A. Dupont geleitet wurde. Außerdem gründete er das englischsprachige Exiltheater "The Continental Players".
Nach dem Bruch mit Warner Bros. wollte Dieterle sich nicht mehr auf das "biopic"-Genre festlegen lassen. Für RKO inszenierte er 1939 den Klassiker "The Hunchback of Notre Dame" ("Der Glöckner von Notre Dame") mit Charles Laughton in der Titelrolle und 1941 den hoch gelobten Fantasyfilm "All That Money Can Buy" ("Der Teufel und Daniel Webster"). Außerdem betreute er innerhalb des Studios von 1941 bis 1942 die erfolglose William Dieterle Production Co.
Von 1945 bis 1956 waren es dann hauptsächlich MGM, David O. Selznick, Paramount und Columbia, die Dieterle beschäftigten. An seine früheren Erfolge konnte er mit Werken wie dem Fantasyfilm "Portrait of Jennie" ("Jenny - Das Portrait einer Liebe", 1948) oder der Oscar-Wilde-Adaption "Salome" (1953) nicht mehr anknüpfen. Die Gründung der eigenen Pandora-Film Corp. 1951 führte zu keinem konkreten Resultat.
1958 kehrte Dieterle nach Deutschland zurück und inszenierte unter anderem bei den Salzburger Festspielen, an den Stadttheatern Essen und Basel, an den Städtischen Bühnen Frankfurt, in Berlin, am Zürcher Schauspielhaus und am Deutschen Theater in München. Fürs Kino arbeitete er kaum noch. 1959 inszenierte er die internationale Co-Produktion "Herrin der Welt", 1960 drehte er mit Hans Söhnker, Berta Drews und dem jungen Götz George das Drama "Die Fastnachtsbeichte" nach einer Erzählung von Carl Zuckmayer.
Von 1961 bis 1964 war er Intendant des Freilichttheaters in Bad Hersfeld und arbeitete zunehmend auch für das deutsche und österreichische Fernsehen. 1964 entstand mit der US-Produktion "The Confession" (begonnen von Victor Stoloff) sein letzter Kinofilm. Die Hoffnung, in die USA zurückkehren zu können, zerschlug sich jedoch. 1965 erwarb Wilhelm Dieterle das Tourneetheater "Der grüne Wagen" in Taufkirchen bei München, dessen Leiter er zuvor war, und führte es nach Charlotte Hagenbruchs Tod (1968) zusammen mit seiner zweiten Frau Elisabeth Daum weiter.
Am 9. Dezember 1972 starb Wilhelm Dieterle in Ottobrunn bei München.