"Das Deutsche Volk" gewinnt beide Hauptpreise bei Lichter Filmfest

Am Sonntag, 27. April 2025, ging das 18. LICHTER Filmfest Frankfurt International zu Ende. Nachdem in den vergangenen sechs Tagen über 100 Filme auf zehn Leinwänden zu sehen waren, erhielt Marcin Wierzchowski am Sonntag für seine Hanau-Doku "Das deutsche Volk" den Hauptpreis des Festivals, den Regionalen Langfilmpreis.

 

Der Dokumentarfilm erzählt in eindrucksvollen Schwarz-Weiß-Bildern die Geschichte der Hinterbliebenen und Überlebenden des rassistischen Anschlags in Hanau im Jahr 2020. Auch der Jurypreis der Evangelischen Filmarbeit ging an den Frankfurter Regisseur Wierzchowski.

Seit dem 22. April 2025 zeigte das LICHTER Filmfest in zahlreichen Frankfurter Kinos aktuelles Weltkino zum Thema "Angst", Glanzlichter des deutschen Filmschaffens, die besten Lang- und Kurzfilme der Region, Virtual-Reality-Filme und ausgewählte zeitgenössische Videokunst. Über 100 Filme, Publikumsgespräche mit Filmschaffenden wie Lars Eidinger und Jenny Schily sowie filmpolitische Panels mit Gästen wie Stefan Aust und Ulrich Seidl im Rahmen des 5. Kongresses "Zukunft Deutscher Film" erinnerten an Hilmar Hoffmanns Slogan "Filmstadt Frankfurt". Das Leitungsduo des Festivals, Gregor Maria Schubert und Johanna Süß, resümierte: "Das Kino muss keine Angst vor seiner Zukunft haben" und spielte damit neben dem Jahresthema der diesjährigen Festivalausgabe auch auf den großen Zuspruch an: ein Drittel mehr Ticketverkäufe im Vergleich zum Vorjahr und insgesamt 14.000 Besucherinnen und Besucher zählte das Festival.

Der regionale Wettbewerb

Aus zwölf Beiträgen im Regionalen Langfilm-Wettbewerb wurde "Das Deutsche Volk" von Marcin Wierzchowski mit dem LICHTER-Bembel und einem Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro geehrt. Nach einer umjubelten Berlinale-Premiere feierte der von den Frankfurter Produktionsfirmen milk and water und Strandfilm koproduzierte sowie von Hessen Film und Medien geförderte Dokumentarfilm bei LICHTER seiner Hessenpremiere. Es ist die zweite filmische Auseinandersetzung des Frankfurter Regisseurs mit dem rassistischen Anschlag in Hanau im Jahr 2020. "Marcin Wierzchowskis Dokumentarfilm reißt die Wunde von Hanau auf – in schonungslosem Schwarz-Weiß zeigt er den unstillbaren Schmerz der Angehörigen, ihren kräftezehrenden Kampf um lückenlose Aufklärung und Erinnerung. [...] Seine Kamera zeigt keinen versöhnlichen Abschluss, nahezu stoisch geht er immer wieder in seinen Szenen zurück zu diesen Bildern, so wie auch der Schmerz der Hinterbliebenen und Überlebenden dieses 19. Februar 2020 täglich neu beginnt und um Anhörung fleht." So begründet die Jury ihre Entscheidung, bestehend aus Laura Klippel (Filmproduzentin), Cem Kaya (Filmregisseur) und Volker Beller (Leiter Randfilmfest Kassel). Eine lobende Erwähnung sprachen sie dem Familiendrama "Im Haus meiner Eltern" des Offenbacher Regisseurs Tim Ellrich aus, weil dieser Filmkunst präsentiere, wie sie im deutschsprachigen Kino sehr selten zu sehen sei.

Im regionalen Kurzfilm-Wettbewerb zeichnete die Jury, bestehend aus Dascha Petuchow (Produzentin), Brigitte Maria Bertele (Regisseurin) und Jakob Zapf (Regisseur und Produzent) "Monika" von Geeske Janßen mit dem LICHTER-Bembel und einem Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro aus. Der Film erzählt von der Beziehung eines Mannes zu seiner Sexpuppe – einer Liebe, die Nähe ermöglicht, wo sie sonst unerreichbar bleibt. Der Film zeigt die positiven Effekte dieser Bindung, thematisiert aber auch Einsamkeit und gesellschaftliche Stigmatisierung. Wie tief kann eine Verbindung gehen, wenn das Objekt der Liebe zwar einen Namen trägt, aber nicht lebt? Zur Entscheidung sagte die Jury: "Die Filmemacherin schafft es, in zwölf kondensierten Minuten die ethische Komplexität des Themenfeldes Sexpuppen aufzufächern [...]. Mittels der Kunst von Auslassung und einer sinnlich-haptischen Kameraführung kreiert Geeske Janßen einen tiefen Echo-Raum für die Dialektik der Nutzung eines leblosen sexuellen Befriedigungsobjekts und der Sehnsucht nach Berührung, Bindung und Trost in der Interaktion mit einer nicht wertenden Begleiterin."

Der LICHTER-Publikumspreis

Wie in den vergangenen Jahren konnte das Publikum auch diesmal wieder seinen Favoriten wählen: Nach jeder Vorstellung vergaben die Besucherinnen und Besucher Schulnoten von 1 (großartig) bis 5 (geht gar nicht). Die Wahl fiel auf "Kill the Jockey" – einen packenden Spielfilm, der in der exzessiven Welt der argentinischen Pferderenn-Mafia spielt. Luis Ortega erzählt eine Geschichte, die mühelos zwischen Gangsterfilm und der Erkundung von Gender und Identität changiert. Begleitet von einem mitreißenden Soundtrack, bestätigt Ortega einmal mehr seinen Ruf als eine der aufregendsten Stimmen des aktuellen Weltkinos. Er darf sich nun über den LICHTER-Bembel und ein Preisgeld von 1.000 Euro freuen.

Der 9. VR Storytelling Award

Auch der VR Storytelling Award des LICHTER Filmfests wurde wieder als Publikumspreis vergeben. Nach vier Tagen voller immersiver Screenings im Festivalzentrum entschied sich das Publikum für "SWEET END OF THE WORLD!" von Stefano Conca Bonizzoni. Der Film erzählt die Geschichte einer Mutter, die ihrem Kind ein Märchen von menschlicher Gier und verlorener Unschuld erzählt – kraftvoll inszeniert mit eindrucksvollen VR-Bildern. Bonizzoni wurde dafür mit dem LICHTER-Bembel und einem Preisgeld von 1.000 Euro ausgezeichnet.

Der 15. LICHTER Art Award

Eine Woche lang waren die fünf nominierten Arbeiten für den LICHTER Art Award im Massif Arts ausgestellt. Am Sonntag kürte die Jury die Gewinnerin: Suse Itzel erhielt für ihre Videoarbeit "Ich hätte lieber einen anderen Film gemacht" den LICHTER-Bembel sowie ein Preisgeld von 1.000 Euro. In ihrem experimentellen dokumentarischen Essayfilm setzt sich die Kölner Künstlerin eindrücklich mit schmerzhaften Erinnerungen an ihre Familienvergangenheit auseinander. Die Jury – bestehend aus Sarnt Utamachote (südostasiatischer, nicht-binärer Filmemacher und Kurator aus Berlin), Jakob Sturm (Künstler, Raumaktivist und Autor) und Saul Judd (Kurator des LICHTER Art Award) – würdigte Suse Itzels besonderen Ansatz, zeitbasierte Medien, Texte sowie nachgebaute und verfremdete Versatzstücke aus ihrem familiären Umfeld zu verbinden. Diese Elemente, die wie eine Kulisse ihrer Kindheit wirken, prägen eindrücklich die Atmosphäre ihrer filmischen Arbeit.

Nachwuchspreis des Filmhaus Frankfurts "Diana's Poem"

Bereits zum vierten Mal verlieh das Filmhaus Frankfurt auf dem LICHTER Filmfest einen Nachwuchspreis zur Förderung außerordentlicher Talente. Das "Filmhaus-Gerippte" und 500 Euro als Seminar- und Technikgutschein beim Filmhaus Frankfurt gingen an den regionalen Kurzfilm "Diana's Poem" von Dani Rose Cortés. Die Darmstädter Filmstudentin dokumentiert Alltagsgewalt gegenüber Frauen – in Bussen, Zügen, in der Schule und im eigenen Zuhause. Bei einer Schulaufführung konfrontiert sie ihren Peiniger und ihre ahnungslose Mutter.

Jurypreis der Evangelischen Filmarbeit

Die Jury der Evangelischen Filmarbeit verlieh den Lila LICHTER-Bembel an einen regionalen oder internationalen Langfilm aus dem Festivalprogramm. Der diesjährige Preis, dotiert mit 500 Euro, ging ebenfalls an "Das Deutsche Volk" von Marcin Wierzchowski.

Quelle: www.lichter-filmfest.de