Rainer Kaufmann
Rainer Kaufmann, geboren am 6. Juni 1959 in Frankfurt am Main, absolvierte zunächst eine Lehre als Zimmermann, studierte Germanistik an der Frankfurter Goethe-Universität und bewarb sich im Anschluss mit Erfolg an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film (HFF). Sein erster Kurzfilm "Salz ist das Leben" (1989) wurde mit dem Regienachwuchs-Förderpreis der Stadt München ausgezeichnet und für den Bundeskurzfilmpreis nominiert. Auch sein surreal angehauchter Kurzfilm "Der schönste Busen der Welt" (1990) feierte Festivalerfolge, fand als Vorfilm von Katja von Garniers "Abgeschminkt" ein breites Kinopublikum und erhielt vier Nominierungen für den Bundeskurzfilmpreis. Kaufmanns Langfilmdebüt, das sozialkritische TV-Drama "Dann eben mit Gewalt" (1993), erntete ebenfalls großes Kritikerlob und wurde unter anderem mit dem Europäischen Fernsehpreis geehrt.
In den neunziger Jahren avancierte Rainer Kaufmann mit Kassenhits wie "Stadtgespräch" und "Die Apothekerin" sowie dem mit einem Max-Ophüls-Preis ausgezeichneten "Einer meiner ältesten Freunde" zu einem der populärsten Vertreter des "Neuen deutschen (Komödien-)Kinos" – dessen Arbeiten, vorwiegend Literaturverfilmungen, bei der Kritik gleichwohl auf eher zwiespältige Reaktionen stießen. Nach der Ingrid-Noll-Adaption "Kalt ist der Abendhauch" (2000) wandte Kaufmann sich verstärkt dem Fernsehen zu, inszenierte erfolgreiche TV-Serien und Fernsehspiele. 2007 meldete er sich mit der hochkarätig besetzten, viel beachteten Martin-Walser-Verfilmung "Ein fliehendes Pferd" als Kinoregisseur zurück.
In den folgenden Jahren arbeitete Kaufmann wieder ausschließlich fürs Fernsehen. Er drehte eine Vielzahl hoch gelobter und teils preisgekrönter Fernsehspiele. So etwa die Tragikomödie "Ein starker Abgang" (2008), mit Bruno Ganz als misanthropischem Schriftsteller, der sich während einer Lesereise ein Dauerduell mit seiner Ernährungsberaterin (Monica Bleibtreu) liefert.
Mit "Erntedank" (2009) inszenierte Kaufmann den ersten Krimi um die Fälle des Hauptkommissars Kluftinger (Herbert Knaup), nach dem Romanen von Michael Kobr und Volker Klüpfel. Bei den "Kluftingerkrimis" "Milchgeld" (2012) und "Seegrund" (2013) führte Kaufmann ebenfalls Regie. Eine Reihe entwickelte sich auch aus der tragikomischen, großbürgerlichen Familiengeschichte "Das Beste kommt erst" (2008), mit den Fortsetzungen "In den besten Familien" (2012), "Beste Bescherung" (2013) und "Das beste aller Leben" (2015).
Dazwischen drehte Kaufmann unter anderem das Grimme-Preis-gekrönte Drama "In aller Stille" (2010) mit Nina Kunzendorf, über das Thema Kindesmisshandlung und Kindestötung innerhalb der Familie. Sein Regionalkrimi "Föhnlage. Ein Alpenkrimi" (2011), mit Martin Feifel als Ermittler, gewann beim Filmfest München den Bernd Burgemeister Preis für den Besten Fernsehfilm. Die Freundschaftsgeschichte "Blaubeerblau" (2011), über einen Architekten, der in einem Hospiz auf einen Schulkameraden trifft, erhielt beim Grimme-Preis den Publikumspreis.
Sehr viel Aufmerksamkeit wurde dem investigativen Drama "Operation Zucker" (2012) zuteil, über Kinderhandel und Kinderprostitution sowie die Verstrickungen hochrangiger Würdenträger in pädophile Kreise. Der intensive, unter anderem vom "Sachsensumpf" inspirierte Film musste für die Prime-Time-Ausstrahlung leicht gekürzt werden. Er erhielt hervorragende Kritiken, wurde für den Grimme-Preis nominiert und gewann den Deutschen Fernsehpreis als Bester Fernsehfilm; Hauptdarstellerin Nadja Uhl wurde unter anderem mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet. Bei der Fortsetzung "Operation Zucker: Jagdgesellschaft" (2016) führte Sherry Hormann Regie.
Kaufmann selbst inszenierte nach "Operation Zucker" leichtere Stoffe wie die oben erwähnten "Das Beste"-Filme und die lesbische Liebesgeschichte "Ich will Dich" (2014). Außerdem zeichnete er bei Folgen von "Polizeiruf 110" ("Nachtdienst", 2017), "Tatort" ("Die Liebe ein seltsames Spiel", 2017) und "Bella Block" ("Am Abgrund", 2018) als Regisseur verantwortlich. Gute Kritiken bekam auch sein düsteres Drama "Der Polizist und das Mädchen" (2018), über einen Provinzpolizisten, der zum mehrfachen Mörder wird, um eine Unfallflucht zu vertuschen.
Mit der Scheidungskomödie "Und wer nimmt den Hund?" stellte Kaufmann beim Münchner Filmfest 2019 wieder einen Kinofilm vor – seinen ersten seit zwölf Jahren. Der Kinostart erfolgte im August 2019. Ebenfalls im August wurde Kaufmann beim 15. Festival des deutschen Films Ludwigshafen mit dem Regiepreis geehrt; "Und wer nimmt den Hund?" erhielt den Medienkulturpreis.
Bereits im Oktober 2019 startete Rainer Kaufmanns nächster Kinofilm: "Eine ganz heiße Nummer 2.0", eine Fortsetzung von Markus Gollers Erfolgskomödie aus dem Jahr 2011.
Anschließend realisierte der Filmemacher in kurzer Folge drei Fernsehproduktionen: die "Polizeiruf 110"-Folge "Heilig sollt ihr sein!" um die Kriminalhauptkommissarin Olga Lenski, die Tragikomödie "Mutter kündigt" (2021) mit Maren Kroymann und die viel gelobte "Tatort"-Folge "Murot und das Prinzip Hoffnung", um den Wiesbadener Kommissar Felix Murot. Sehr positive Kritiken erhielt auch das TV-Drama "Laufen" (2022), über die Trauerbewältigung einer Frau (Anna Schudt), deren Partner sich das Leben genommen hat.
Im Herbst 2022 begann Kaufmann mit den Dreharbeiten zu einem neuen Kinofilm, der Komödie "Weißt du noch", mit Senta Berger und Günther Maria Halmer als langjährigem Ehepaar, das sich durch eine Wunderpille an die schönen und auch weniger schönen Momente seines Zusammenlebens erinnert. Der Film kam im September 2023 in die Kinos.