Géza von Radvanyi
Géza von Radvanyi, geboren als Géza Grosschmid am 26. September 1907 in Kassa, Österreich-Ungarn (heute Košice, Slowakei), Sohn eines Politikers und jüngerer Bruder des Schriftstellers Sándor Márai, ging ab den 1920er Jahren als Auslandskorrespondent für ungarische Tageszeitungen nach Paris, Genf, Madrid und London. In den 1930er Jahren zog er nach Berlin, wo er die Arbeit beim Film kennenlernte und u.a. als Assistent für die Regisseure Viktor Tourjansky und E.A. Dupont arbeitete. 1930 bis 1937 war er mit Eva Daghofer, der Tochter von Lil Dagover verheiratet. Dann lernte er die ungarische Schauspielerin Mária von Tasnády kennen, die in Filmen von Detlef Sierck und Herbert Maisch aufgetreten war, heiratete sie und kehrte 1939 kurz vor Kriegsbeginn mit ihr nach Ungarn zurück. Dort führte Radvanyi erstmals Regie bei einigen Filmen mit Tasnády in der Hauptrolle, darunter dem ersten Farbfilm des Landes, "Egy asszony visszanéz" (1941, So liebt nur eine Frau). 1942 drehte das Paar in Rom den Film "Inferno giallo".
Nach Kriegsende lehrte Radvanyi in der neuorganisierten Akademie für Schauspiel und Film in Budapest. Bereits 1945 lernte er den aus dem russischen Exil zurückgekehrten Filmtheoretiker Béla Balázs kennen, der ihm die Anregung zu seinem bedeutendsten Film gab, "Valahol Európában" (1947, "Irgendwo in Europa") über eine Gruppe heimatloser, verwahrloster Kinder, die im Kriege durch die Straßen eines nicht näher bezeichneten Landes ziehen. Der Film, dokumentarisch im Stil und angelehnt an den italienischen Neorealismus, erhielt internationale Anerkennung, in Deutschland fand er keinen Verleih.
In Italien drehte Radvanyi den ähnlich angelegten "Donne senza nome" (1949, "Frauen ohne Namen") über Frauen, die nach dem Krieg in einem Lager für "Displaced Persons" interniert werden, in Frankreich die Liebesgeschichte "L’Étrange Désir de monsieur Bard" (1953, "Eine wunderbare Liebe"), bevor er 1954 nach Deutschland kam und eine Reihe von Unterhaltungsfilmen drehte, u.a. "Ingrid – Die Geschichte eines Fotomodells" (1954) mit Johanna Matz und Paul Hubschmid, "Der Arzt von Stalingrad" (1958) nach Konsalik mit O.E. Hasse und "Mädchen in Uniform" (1958) mit Lilli Palmer und Romy Schneider, ein Remake des Vorkriegs-Films von Leontine Sagan und Carl Froelich.
Für Artur Brauners CCC entstanden 1961 "Das Riesenrad", eine Wiener Familienchronik über drei Generationen, und die Simmel-Adaptionen "Es muß nicht immer Kaviar sein" und "Diesmal muß es Kaviar sein", allesamt mit O.W. Fischer in der Hauptrolle. "Onkel Toms Hütte" (1965) war eine prachtvoll angelegte internationale Großproduktion, ebenfalls mit O.W. Fischer. Radvanyis vorerst letzte Regiearbeit "Der Kongreß amüsiert sich" (1966) war ein Remake von Erik Charells Musikfilm "Der Kongreß tanzt" aus dem Jahr 1931.
Danach schrieb Radvanyi noch gelegentlich Drehbücher, kehrte schließlich nach Ungarn zurück und drehte 1980 den melancholischen "Circus Maximus" ("Zirkus der Verdammten") über eine Zirkustruppe, die kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs durch Deutschland zieht und Verfolgten hilft, nach Jugoslawien zu fliehen. Géza von Radvanyi starb am 26. November 1986 in Budapest.