Horst Buchholz
Horst Werner Buchholz, geboren am 4. Dezember 1933 in Berlin-Neukölln, Sohn eines orthopädischen Schuhmachers; wächst in Prenzlauer Berg auf. Nach den Bombenangriffen auf Berlin kommt er 1943 in ein Landverschickungsheim nach Schlesien. Er erlebt das Kriegsende in der Tschechoslowakei und schlägt sich von dort nach Berlin durch. Da sein Stiefvater in Kriegsgefangenschaft ist, muss er schon früh Geld verdienen.
Mit 14 Jahren steht er als Statist am Ostberliner Metropol-Theater in "Das Dreimäderlhaus" zum ersten Mal auf der Bühne, ein Jahr später erhält er in Erich Kästners "Emil und die Detektive" seine erste Bühnenrolle; er synchronisiert Filme und darf beim Schulfunk mitarbeiten. 1950 verlässt er die Schinkel-Oberschule und finanziert sich durch kleine Rollen und Synchrontätigkeiten den Schauspielunterricht bei Marliese Ludwig. Im gleichen Jahr macht er an der Berliner Tribüne auf sich aufmerksam und spielt bis 1955 an mehreren berliner Bühnen, u.a. unter Boleslaw Barlog am Schloßpark- und Schillertheater.
Nach Frank Rovelles Kurzfilm "Warum?" (1951) beginnt mit der deutsch-französischen Co-Produktion "Marianne" von Julien Duvivier seine Filmkarriere. Im gleichen Jahr feiert er als Russe Micha in Helmut Käutners "Himmel ohne Sterne" seinen ersten, mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichneten Kinoerfolg. Sein eigentlicher, populärer Durchbruch aber gelingt "Hotte", wie man ihn seitdem nennt, 1956 mit "Die Halbstarken" von Georg Tressler. Der Film prägt für Jahre sein Image als aufsässiger Jugendlicher und macht ihn, wie James Dean, zum Idol der Jugend.
Im gleichen Jahr steht er in Josef von Bakys Melodram "Robinson soll nicht sterben" neben Romy Schneider vor der Kamera, ebenso in "Monpti" (1957). Kostproben seines komödiantischen Talents gibt er 1957 als Titelheld in Kurt Hoffmanns Adaption des Thomas Mann-Romans "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull". Sein anschließender Auftritt als polnischer Seemann Korchinsky in dem britischen Film "Tiger Bay" und die Rolle des heimatlosen Matrosen Philip Gale in Tresslers Traven-Verfilmung "Das Totenschiff" machen ihn international bekannt.
Im Herbst 1959 übernimmt Buchholz am Broadway die Titelrolle in Colettes "Chéri", bevor er mit seinem ersten Hollywood-Film, dem Western "The Magnificent Seven" von John Sturges, seinen Starruhm in den amerikanischen Kinos begründet. Bis zur Krise des Hollywood-Kinos Ende der 60er Jahre wirkt Buchholz in zahlreichen internationalen Produktionen mit, u.a. in "Fanny" von Joshua Logan und als zum Westen bekehrter Jung-Kommunist Otto Ludwig Piffl in der Ost-West-Komödie "One, Two, Three" von Billy Wilder.
Mehrere Versuche, selbst Regie zu führen, scheitern mangels ausreichender Finanzierung. Ab 1973 steht er bei "…aber Jonny!" von Alfred Weidenmann und "Lohngelder für Pittsville" von Krzysztof Zanussi auch in Deutschland wieder vor der Kamera. Später räumt er ein, dass es falsch war, dem deutschen Film "so häufig Absagen zu erteilen" und dass er sich beim internationalen Film selbst überschätzt habe.
Das Fernsehen hilft ihm, seinen Karriere-Knick zu überwinden. In den nächsten Jahren wirkt er u.a. in der Krimiserie "Derrick" und zahlreichen amerikanischen TV-Reihen mit. 1980 übernimmt er die Moderation der "Astro-Show", die allerdings nach der fünften Sendung wieder aus dem Programm genommen wird.
1982 spielt er in Andrew V. McLaglens "Sahara" wieder eine Hauptrolle in einer Hollywood-Produktion. Ein Jahr später entsteht Christian Rischerts "Wenn ich mich fürchte…"; für seine Rolle eines TV-Regisseurs in der Midlife Crisis wird Buchholz 1985 mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. Eine weitere Hauptrolle folgt in dem TV-Film "Die Fräulein von damals" von Dietrich Haugk.
In Wim Wenders" "In weiter Ferne so nah!" (1992/93) übernimmt Buchholz die Rolle des Amerikaners Tony Baker, in dem Fernsehspiel "Tödliches Erbe" ist er Partner von Hildegard Knef und Ulrich Wildgruber. In Roberto Benignis "La vita è bella" (1997), in der Rolle des deutschen KZ-Arztes Dr. Lessing, zeigt er noch einmal sein schauspielerisches Können. Außerdem hat er in mehr als 1000 Filmen als Synchronsprecher mitgewirkt.
Buchholz kehrt immer wieder zum Bühnen-Theater zurück, ab Ende der 70er Jahre ist er als Tourneeschauspieler aktiv. Erfolgreicher Auftakt ist 1978/79 die Rolle des Conférenciers in "Cabaret" im Berliner Theater des Westens. 1984 spielt er die Nr. 8 in "Die zwölf Geschworenen" (R: Heribert Sasse). Am Schloßparktheater folgt unter der Regie seines einstigen Förderers Boleslaw Barlog 1986 die Rolle des Praliné-Soldaten Buntschli in "Helden" (nach einer Adaption von George Bernhard Shaws "Arms and Men").
1996 arbeitet er bei Sartres "Die respektvolle Dirne" ein weiteres Mal mit dem Regisseur Sasse zusammen. Daneben ist er auch in Boulevardstücken zu sehen, u.a. 1991 in "I Hate Hamlet" von Paul Rudnick am English Theatre in Wien, in der Titelrolle agiert sein Sohn Christopher, die Regieassistenz übernimmt seine Tochter Béatrice.
Horst Buchholz ist ab 1958 mit der ehemaligen französischen Schauspielerin Myriam Bru verheiratet. Mit ihr lebt er lange Zeit in Paris und in der Schweiz.
Am 3. März 2003 stirbt Horst Buchholz an den Folgen einer schweren Lungenentzündung in der Charité in Berlin.
CineGraph Lexikon zum deutschsprachigen Film
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