Fritz Lang
Fritz Lang (bürgerlich: Friedrich Christian Anton Lang) wurde am 5. Dezember 1890 in Wien als Sohn des Architekten und Bauunternehmers Anton Lang und seiner Frau Paula, geb. Schlesinger, geboren. Im Anschluss an die Volks- und Realschule schrieb er sich 1907 zunächst an der Technischen Hochschule in Wien für ein Architekturstudium ein, wechselte dann jedoch ein Jahr später für ein Kunststudium an die Akademie der Graphischen Künste und ging schließlich 1911 zur Staatlichen Kunstgewerbeschule Julius Diez in München. Von 1913 bis 1914 zog er als Maler nach Paris, kehrte allerdings beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs nach Wien heim, um sich als Freiwilliger zu melden.
Den Krieg erlebte er, nach Besuch der Einjährig-Freiwilligen-Schule, als Artillerie-Offizier in Russland, Rumänien und Italien. Für seinen Einsatz wurde er unter anderem mit dem Karl-Truppenkreuz und zweimal mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille II. Klasse geehrt. Durch Verwundungen mehrfach zu Lazarett-Aufenthalten gezwungen, fing der Filmbegeisterte Lang an, Drehbücher zu schreiben. Die Vorlage zu dem Film "Die Peitsche" (1916), von Adolf Gärtner für die Smart-Webbs-Detektivserie realisiert, gilt als Langs erstes verfilmtes Drehbuch. Im Anschluss daran vermochte Lang dem Produzenten und Regisseur Joe May einige seiner Werke zu verkaufen, darunter das Detektivabenteuer "Die Hochzeit in Exzentricclub" und das mit Mia May in der Hauptrolle inszenierte Melodram "Hilde Warren und der Tod", die beide 1917 erschienen.
Gegen Ende des Krieges, im August 1918, lernte Lang, der zu diesem Zeitpunkt als Leiter des "feldgrauen Spiels" für die Truppenbetreuung Theater inszenierte, den Berliner Filmproduzenten Erich Pommer kennen. Zum Kriegsende wurde er von diesem zur Decla nach Berlin geholt, für die er als Dramaturg Drehbücher für Unterhaltungsfilme schrieb, die sichtlich beeinflusst waren vom damals erfolgreichen französischen und dänischen Kino. Mehrfach arbeitete Lang hierbei mit den Regisseuren Alwin Neuß und Otto Rippert zusammen, bevor er 1919 für den Film "Halbblut" erstmals selbst auf dem Regiestuhl Platz nahm. Mit den zwei Teilen der ursprünglich vierteilig geplanten Abenteuerreihe "Die Spinnen", deren Vorlage auch als Roman und episodisch im Film-Kurier erschien, festigte er seinen Ruf als versierter Filmemacher.
1920 begegnete Fritz Lang – ein Jahr lang bei der May-Film GmbH angestellt – der Autorin Thea von Harbou, die er am 26. August 1922 heiratete. Seine seit 1919 bestehende, heimliche Ehe mit Lisa Rosenthal hatte bereits im September 1920 durch Selbsttötung seiner Frau – ob sie sich versehentlich oder absichtlich mit Langs Revolver erschoss, wurde nie geklärt – ein tragisches Ende gefunden. Die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Lang und von Harbou, die mit dem Melodram "Das wandernde Bild" (1920) ihren Anfang nahm, sollte bis 1933 währen und eine ganze Reihe von Filmen hervorbringen, die heute als Klassiker des deutschen Stummfilms gelten. In "Der müde Tod" (1921) wird eine dreifach variierte Geschichte über Liebe und Tod erzählt. Der Zweiteiler "Dr. Mabuse, der Spieler" (1922), nach einem Kolportage-Roman von Norbert Jacques für die Ufa gedreht, führte Harbous Ex-Mann Rudolf Klein-Rogge als vom "Caligarismus" geprägtes Verbrechergenie vor, das seine Opfer durch Hypnose beherrscht und am Ende dem Wahnsinn verfällt.
In die Welt der nordischen Sagen entführte Lang sein Publikum mit dem ebenfalls zweiteiligen Mammutwerk "Die Nibelungen – Siegfried" und "Kriemhilds Rache" (1922-24); "Dem deutschen Volke zu eigen" – die Widmung sollte einige nationalistische Spekulationen auslösen. Das Ornamentale, etwa in Bildaufbau und Massenregie, wurde in diesem Film für Lang zum Kompositionsprinzip, das er in seinem nächsten Film, dem monumentalen "Metropolis" noch perfektionieren sollte.
Die visuell eindrucksvolle, ideologisch jedoch oft als fragwürdig kritisierte Technikutopie, die er im Anschluss an eine zwischen Oktober und Dezember 1924 unternommene, zweifellos inspirierende Amerikareise nach New York und Hollywood vom 22. Mai 1925 bis 30. September 1926 realisierte, sprengte vom Aufwand her alle Maßen und führte zum Bruch zwischen Lang und der Direktion der finanziell angeschlagenen Ufa. Während die Ufa im Frühjahr 1927 von Hugenbergs Scherl-Konzern übernommen wurde, machte sich Lang mit der Fritz Lang-Film GmbH selbständig und ließ seine Filme von der Ufa künftig nur noch verleihen.
Ins Milieu der Superverbrecher kehrte Fritz Lang 1927 mit "Spione" zurück, ein Film, der nicht nur durch seinen Hauptdarsteller Rudolf Klein-Rogge an die "Mabuse"-Filme erinnerte. Danach nahm er die Technikaffinität seiner Zeit zum Anlass, um mit "Frau im Mond" (1929) einen filmischen Flug zum Mond zu inszenieren, der, so wird kolportiert, eine wahre Raketenbegeisterung in Deutschland auslöste, zu der auch Langs technische Berater, die Raketenpioniere Hermann Oberth und Willy Ley, beitrugen. "Frau im Mond" markierte für Lang das Ende seiner Stummfilmzeit und die Hinwendung zum Tonfilm.
"M" (1931), Langs erster Tonfilm, den er für Seymour Nebenzahls Nero-Film drehte, nutzte geschickt die Möglichkeiten der neuen Tontechnik: Geräusche und ein von Lang persönlich gepfiffenes Musik-Motiv untermalen die Geschichte eines psychopathischen Kindermörders (Peter Lorre), der eine Stadt in Angst und Schrecken versetzt, woraufhin sich die Unterwelt seiner annimmt. Der Film, der damalige Zuschauer an die reale Hysterie um den Massenmörder Peter Kürten erinnerte, wurde von der linksliberalen Presse als Plädoyer für die Todesstrafe missverstanden, während Lang in Wirklichkeit die verminderte Schuldfähigkeit eines Zwanghaften hervorzuheben versuchte.
Mit dem Kriminalfilm "Das Testament des Dr. Mabuse" (1933) kehrte Lang zu seiner Figur des manipulierenden Machtmenschen zurück und schuf eine kunstvolle Parabel auf Machtmissbrauch und Herrschaftswahn. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten verhinderte die Uraufführung. Der Film wurde am 29. März 1933 von der Filmprüfstelle verboten.
Lang, der den Nazis lange Zeit indifferent gegenüberstand und noch am 27. März 1933 zusammen mit Carl Boese, Victor Janson und Luis Trenker die Regie-Gruppe der Nationalsozialistischen Betriebsorganisation (NSBO) gegründet hatte, entschied sich nach einem Treffen mit Propaganda-Minister Goebbels Anfang April, bei dem dieser ihm die "die Führung des deutschen Films" angeboten haben soll, dafür, Deutschland zu verlassen. Über Österreich und Belgien ging er nach Paris ins Exil. Gleichzeitig wurde am 20. April 1933 seine Ehe mit Thea von Harbou geschieden. Das Paar lebte allerdings schon seit Oktober 1931 nicht mehr zusammen.
Etwa ein Jahr verbrachte Fritz Lang in Frankreich, wo er für Erich Pommer, der sich als Produzent dort einen Namen zu machen versuchte, ab Dezember 1933 den auf einem Bühnenstück von Ferenc Molnár basierenden Film "Liliom" inszenierte. Am 1. Juni des Folgejahres kam Lang in London mit dem US-amerikanischen Filmproduzenten David O. Selznik zusammen und unterzeichnete einen Vertrag über einen Film für MGM. Er reiste in die USA, wurde 1939 US-amerikanischer Staatsbürger und sollte erst 1956 wieder einen Fuß auf deutschen Boden setzen.
In der Zwischenzeit drehte er, nach anfänglichen Startschwierigkeiten in Hollywood, zahlreiche US-Filme, darunter sein Hollywood-Debüt "Fury" (1936), eine Variante von "M" mit Spencer Tracy in der Hauptrolle, "You and Me" (1938), zu dem Kurt Weill einige Songs verfasste, die Farbwestern "The Return of Frank James" (1940) mit Henry Fonda und "Western Union" (1940) mit Robert Young und Randolph Scott sowie die reißerische Agentengeschichte "Man Hunt" (1941), in der auch die gegenwärtige Lage in Nazi-Deutschland thematisiert wurde.
Während der Arbeiten an dem für Arnold Pressburgers Firma Arnold Productions entwickelten Film über den Anschlag auf Heydrich mit dem Titel "Hangmen Also Die" zerstritt Lang sich 1942 mit Co-Drehbuchautor Bertolt Brecht. Nichtsdestoweniger brachte ihn die Bekanntschaft mit diesem und Hanns Eisler sowie der auf einem Graham-Greene-Roman basierende Anti-Nazi-Film "The Ministry of Fear" (1944) später ins Visier des Komittees gegen unamerikanische Aktivitäten.
Im April 1945 gründeten Lang, der Autor Dudley Nichols, der Produzent Walter Wanger sowie dessen Frau, die Schauspielerin Joan Bennett, die Firma Diana Productions. Düstere Thriller wie "Scarlet Street" (1945) oder "Secret Beyond the Door" (1947) sowie mehrere films noirs wie "Clash by Night" (1952), "The Big Heat" (1953) und "While the City Sleeps" (1956), die heute als späte Höhepunkte der "klassischen Ära" gelten, beherrschten das Oeuvre des Regisseurs in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Dazwischen inszenierte er den Western "Rancho Notorious" (1952) mit Marlene Dietrich.
Langs Versuch, im Verlauf der 1950er Jahre auch wieder in Deutschland Fuß zu fassen, sollte dagegen kein Glück beschieden sein. 1956 erstmals wieder deutschen Boden betretend und ein Jahr später zum ersten Mal nach dem Krieg wieder in Berlin, musste er erleben, wie einige seiner Projekte, etwa über die Ereignisse des 20. Juli oder den Seeräuber Störtebeker, nicht zur Herstellungsreife gelangten, nur um dann mit dem Zweiteiler "Der Tiger von Eschnapur" und "Das indische Grabmal" (1959) sowie dem Kriminalfilm "Die 1000 Augen des Dr. Mabuse" (1960), zwei für Artur Brauners CCC inszenierte Anknüpfungsversuche an alte Erfolge, zwar finanziell erfolgreich zu sein, künstlerisch aber zunächst keine Wertschätzung zu erfahren.
In den 1960ern verhinderte Langs sich zunehmend verschlechternder Gesundheitszustand – er verlor beinahe vollständig sein Augenlicht – die Verfolgung weiterer Projekte. 1963 trat er in Jean-Luc Godards "Le Mépris" als alternder Filmregisseur, der sich wegen einer Verfilmung von Homers "Odyssee" mit seinem Produzenten überwirft, noch einmal selbst vor die Kamera. Daneben reiste er, gab Interviews und besuchte Filmfestivals. 1971 heiratete Fritz Lang in Amerika seine langjährige Lebensgefährtin Lily Latté. Am 2. August 1976 starb er nach langer Krankheit in Beverly Hills und wurde auf dem Forest-Lawn-Friedhof in Hollywood beigesetzt.
Im September 2010 gehörte Lang zu den ersten vierzig großen deutschen Film- und Fernsehschaffenden, die in Berlin mit einem Stern auf dem unweit des Potsdamer Platzes neu installierten "Boulevard der Stars", einem wachsenden Denkmal nach dem Vorbild des "Walk of Fame" in Los Angeles, geehrt wurden.