Murathan Muslu
Murathan Muslu, geboren am 7. November 1981 in Wien, Österreich, begann seine Künstlerkarriere als Musiker: Unter dem Künstlernamen Aqil gründete er 1996, im Alter von 15 Jahren, gemeinsam mit zwei Freunden die Hip-Hop-Gruppe Sua Kaan. Ursprünglich als Hobby gedacht, nahm die Musik von Sua Kaan immer professionellere Züge an. Anfang 2010 erschien das erste (und bislang letzte) Album der Band, "Aus eigener Kraft", das sich in den Charts platzieren konnte und für den renommierten Amadeus Austrian Music Award nominiert wurde.
Ebenfalls 2010 realisierte Sua Kaan das offizielle Musikvideo zu Hüseyin Tabaks Film "Kick Off", einem preisgekrönten Dokumentarfilm über die österreichische Obdachlosen-Nationalmannschaft auf ihrem Weg zum Homeless World Cup im Dezember 2008 in Melbourne, Australien. Die Regie bei dem Musikvideo führte Umut Dağ – der Muslu im Jahr darauf auch seine erste Spielfilmrolle gab: In dem 40-minütigen "Papa" (AT 2011) verkörpert er einen Rapper, der sich seiner Rolle als alleinerziehender Vater stellen muss. Der mehrfach ausgezeichnete Film markierte den Beginn einer regelmäßigen Zusammenarbeit von Dağ und Muslu (der seine Rapperkarriere nicht weiterverfolgte).
So spielte Muslu eine Hauptrolle in Dağs Langfilmdebüt "Kuma" (AT 2012), das auf der Berlinale 2012 die Sektion Panorama eröffnete. Die Geschichte handelt von einem jungen Österreich-Türken, der als Scheinehemann der Zweitfrau seines eigenen Vaters fungiert – und seine eigene Homosexualität verheimlichen muss. Das intensive Drama lief auf zahlreichen Festivals und gewann mehrere Preise. Leichterer Stoff war Hüseyin Tabaks Kinderfilm "Das Pferd auf dem Balkon" (AT 2012), mit Muslu in einer Nebenrolle als tollpatschiger Gauner. 2013 sah man ihn in einer Nebenrolle von Jan Bonnys viel gelobter "Polizeiruf 110"-Folge "Der Tod macht Engel aus uns allen", gefolgt von einem Part als bulgarischer Zuhälter in der Wiener "Tatort"-Folge "Angezählt".
Ein großer Erfolg gelang Muslu mit der Hauptrolle in Umut Dağs "Risse im Beton" (AT 2014): Für seine Verkörperung eines Ex-Häftlings, der seinen Sohn vor einem Abrutschen in die Drogenkriminalität bewahren will, wurde er beim Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern 2014, bei der Diagonale in Graz 2015 und beim Österreichischen Filmpreis 2015 jeweils als Bester Darsteller ausgezeichnet.
Eine Schlüsselrolle hatte er in Christian Alvarts Til-Schweiger-"Tatort"-Filmen "Kopfgeld" (2014), "Der große Schmerz" (2016) und "Tschiller: Off Duty" (2016, Kino), als Kiezgröße und Informant von Schweigers Kommissar. Außerdem gehörte Muslu zum Ensemble von Josef Haders Gesellschaftssatire "Wilde Maus" (2017) und spielte die männliche Hauptrolle in Sabine Derflingers Liebeskomödie "Anna Fucking Molnar" (AT 2017), die ihm eine Romy-Nominierung als Beliebtester Schauspieler einbrachte.
Einmal mehr unter der Regie von Umut Dağ verkörperte Muslu in dem Fernsehspiel "Das deutsche Kind" (2017) einen muslimischen Familienvater, der sich nach dem Willen seiner verstorbenen (christlichen) Nachbarin um deren kleine Tochter kümmern soll – sehr zum Unmut der Großmutter des Kindes. Für diese Rolle erhielt Muslu eine Nominierung für den Bayerischen Fernsehpreis. Dağ besetzte ihn auch in der dritten und (abschließenden) vierten Staffel der Serie "CopStories" (AT 2018-2019) als neues Mitglied des Kripoteams von Wien-Ottakring. Parallel dazu spielte (und spielt) Muslu seit 2017 in der österreichischen Serie "Schnell ermittelt" einen Staatsanwalt.
Auch sonst war Muslu ein gefragter Darsteller bei ambitionierten Serienprojekten. So gab er in der Sky-Miniserie "8 Tage" (2019, Regie: Stefan Ruzowitzky, Michael Krummenacher) einen deutsch-türkischen Polizisten, der auch angesichts des Weltuntergangs seine moralische Integrität bewahren will. Die in Frankfurt spielende Netflix-Serie "Skylines" (2019) zeigte ihn in einer Hauptrolle als Rapper und Musikproduzent, eine Figur, die auf dem Offenbacher Rapper Haftbefehl basiert. Daneben drehte er mit Lars Becker die TV-Krimis "Es lebe der Tod" (2018) und "Der gute Bulle - Friss oder stirb" (2019).
Kinorollen hatte Murathan Muslu als islamistischer Flugzeugentführer in dem Terrorismus-Thriller "7500" (DE/AT 2019) und als heimlicher Liebhaber einer allein erziehenden Frau (Nina Hoss) in dem Mutter-Tochter-Psychodrama "Pelikanblut" (DE/BG 2019), das unter anderem bei den Filmfestivals von Venedig, Toronto und Hamburg zu sehen war. An der Seite von Liv Lisa Fries und Max von der Groeben stand er Ende 2019 für Stefan Rutzowitzkys "Hinterland" (Start: Herbst 2021) vor der Kamera, einem im Wien der frühen 1920er Jahre spielenden Thriller über einen Kriegsgefangenen (Muslu), der nach dem Ersten Weltkrieg in seine Heimat zurückkehrt und dort mit einer grausamen Mordserie konfrontiert wird.