Inhalt
Im Jahr 1920 kehrt der ehemalige Kriminalbeamte Peter Perg aus zweijähriger Kriegsgefangenschaft in Russland in das in Trümmern liegende Wien zurück. Doch die Stadt befindet sich in einem radikalen Wandel: das Kaiserreich ist zusammengebrochen, Massen sind ohne Arbeit; noch überlebt die Republik, doch am Horizont tauchen bereits antidemokratische Bewegungen auf. Als Fremder in seiner eigenen Heimatstadt, sieht sich Perg bald mit einer bestialischen Mordserie konfrontiert, deren Täter die Leichen in bizarr-verstörenden Positionen zurücklässt. Ein erschreckender persönlicher Bezug zu allen Opfern weckt in dem Ex-Ermittler den Drang, sich des Falls anzunehmen. Gemeinsam mit einer jungen Gerichtsmedizinerin und einem Kommissar begibt er sich auf die Spur des brutalen Mörders.
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Als man am anderen Tag an der Donau bei einer Leiche einen Zettel mit dem Namen Perg findet, steht der einst erfolgreiche, ja geradezu legendäre Kriminalinspektor vor einem Kieberer-Comeback. Doch zuvor landet Perg selbst hinter Gittern: ein Taschendieb hat ihm im Bahnhofsgedränge die Brieftasche mit den Entlassungspapieren gestohlen. Bei dessen Verfolgung wird er von zwei Polizisten als verdächtige Person festgenommen. Aber bald wieder ausgelöst von der so coolen wie attraktiven Gerichtsmedizinerin Dr. Theresa Körner, welcher er einst das Leben rettete und die ihn sogleich zum Tatort einer höchst merkwürdigen Bluttat führt.
Denn Herrmann Kreiner, Pergs ehemaliger Oberleutnant, ist nicht nur hinterrücks mit einer Drahtschlinge erwürgt, sondern auch noch entkleidet und posthum mit ausgebreiteten Armen an ein Kreuz genagelt worden. Pergs Anwesenheit passt dem jungen, ehrgeizigen Kommissar Paul Severin gar nicht – und noch weniger, dass dessen Mitwirkung auch noch von Polizeirat Victor Renner, seinem alten Mitstreiter aus der Vorkriegszeit, gebilligt wird. Noch in der gleichen Nacht trifft es einen Oberst aus Pergs Regiment: Seiner Leiche wurden bis auf einen Daumen die Finger und Zehen abgeschnitten und mit einer neunschwänzigen Katze der Rücken aufgeschlitzt. Das Folterinstrument besorgt sich Perg mit ein paar Groschen bei Straßenjungs, die unter einer Donaubrücke herumlungern und Zeuge der Tat eines offensichtlichen Serienmörders waren.
Dass Peter Perg nun wieder ganz offiziell im Polizeipräsidium tätig ist, missfällt dem Oberpolizeirat Graf von Starkenberg, der ihn der bolschewistischen Indoktrination während der russischen Kriegsgefangenschaft verdächtigt. Der Blaublüter gehört zu den Nationalisten, die sich offenbar als einzige um die depravierten Heimkehrer im „Roten Haus“ wie Kovacs bemühen, ihnen eine Perspektive geben. Selbst Theresa Körner spricht im Kaffeehaus von einer neuen Zeit, welche Möglichkeiten für alle, die sich nicht gegen Veränderung sperren, bereithält. Wobei sie bei Perg auf taube Ohren stößt, der allerdings auch andere Sorgen hat. Er müsste längst bei Frau und Tochter in Gumpoldskirchen vorbeischauen. Doch dann erfährt er von der Hausbesorgerin, dass sich sein Spezi Victor zuletzt rührend um Anna und Marlene gekümmert hat, was diesem nun eine blutige Nase einbringt.
Der eh‘ schon nachts von Alpträumen gebeutelte Perg wird seine Dämonen nun auch am Tag nicht mehr los, besäuft sich sinnlos und pinkelt, von Gott, Kaiser und Vaterland verlassen, auf den Altar einer Kirche. Was die Polizei auf den Plan ruft – zum Glück des reaktivierten Kriminalisten, welcher fast das dritte Opfer des Mörders geworden wäre. Theresa Körner ist aufgefallen, dass das erste Opfer von 19 Pflöcken durchbohrt worden ist und dem zweiten 19 Finger und Zehen abgeschnitten wurden: Die Zahl 19 könnte der Schlüssel zur Aufklärung des Falls sein. Perg und Severin kommen sich näher, nachdem Ersterer berichtet, dass er Korporal Josef Severin gekannt hat, Pauls im Krieg verstorbenen älteren Bruder. Drittes Opfer ist ein ehemaliger Rittmeister der Kavallerie, dessen Leiche von 19 Ratten aufgefressen wird. Perg erkennt in den bisherigen Opfern Mitglieder eines Kriegsgefangenen-Komitees, dem er selbst angehört hat. Als Bauer erschossen wird, glaubt die Polizei, den Mörder unschädlich gemacht zu haben…
„Gott ist in dem Krieg gestorben. Jetzt bin ich der Gott der Rache“: „Hinterland“ ist nichts für schwache Nerven. Der hochspannende Thriller des Oscar-Preisträgers Stefan Ruzowitzky („Die Fälscher“), der seine Deutsche Erstaufführung am 2. Oktober 2021 beim Filmfest Hamburg feierte, führt nicht nur in das Wien der frühen Zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, sondern huldigt auch dem expressionistischen (Stumm-) Film dieser Zeit, explizit Robert Wienes „Das Kabinett des Dr. Caligari“.
Stefan Ruzowitzky im SquareOne-Presseheft: „‘Hinterland‘ ist ein Film über toxische Männlichkeit. Perg und hunderttausende seiner Kameraden kehren aus dem Krieg zurück, der ultimative Ort, an dem sich Männer miteinander messen können. Sie haben diesen Krieg verloren, sie fühlen Scham und Zorn, sie leiden an ihrem ‚Versagen‘. Sie reagieren darauf mit blinder Aggression – gegen andere, gegen sich selbst. In diesen neuen Zeiten nach dem Großen Krieg fühlt sich nichts richtig oder einfach an für Männer wie Perg. Alles scheint deformiert, schief, aus dem Gleichgewicht."
Pitt Herrmann