Biografie
Heidi Handorf wurde am 5. Februar 1949 in Uetersen geboren. Nach dem Abschluss einer Fotografenlehre in Elmshorn ging sie 1969 nach Hamburg, wo sie eine Stelle im Kopierwerk Geyer erhielt. Im Jahr darauf begann sie eine Ausbildung zur Schnittassistentin und "Jungcutterin" bei der Neue Deutsche Wochenschau GmbH. Nach ihrem Abschluss sammelte sie 1972 praktische Erfahrungen bei einer Münchner Produktionsfirma, wo sie als Editorin im Bereich Werbefilm angestellt war.
1973 begann Heidi Handorf als Freiberuflerin zu arbeiten, zunächst als Schnittassistentin. Die Editoren, denen sie assistierte – und von denen sie viel lernte – waren prägende Persönlichkeiten des Neuen Deutschen Films: Jane Seitz ("Die Verrohung des Franz Blum", 1974, Regie: Reinhard Hauff), Beate Mainka-Jellinghaus ("In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod", 1974, Regie: Alexander Kluge und Edgar Reitz), Peter Przygodda ("Die verlorene Ehre der Katharina Blum", 1975, Regie: Volker Schlöndorff) und Inez Regnier ("Paule Pauländer", 1976, Regie: Reinhard Hauff). Bei letzteren beiden Filmen war Handorf zugleich für Script/Continuity zuständig.
Heidi Handorfs erster Langfilm als verantwortliche Editorin war die Fernsehkomödie "Ich heiß' Marianne, und Du...?" (1976, Regie: Uschi Reich). Für die erfolgreiche Kinderserie "Neues aus Uhlenbusch" (1977-82, Regie: Rainer Boldt) schnitt sie acht der insgesamt vierzig Folgen; auch bei dem Kinofilm zur Serie, "Ich hatte einen Traum" (1980), zeichnete sie als Editorin verantwortlich.
Weitere bedeutende Arbeiten in Handorfs früher Laufbahn waren Sohrab Shahid Saless' Dokumentarfilm "Die langen Ferien der Lotte H. Eisner" (1979) und die Herbert-Achternbusch-Filme "Der junge Mönch" (1978), "Der Komantsche" (1980) und "Der Neger Erwin" (1981).
Eine wichtige Arbeitsbeziehung verband sie mit Edgar Reitz: 1980 zeichnete sie bei seinem TV-Dokumentarfilm "Geschichten aus den Hunsrückdörfern" für den Schnitt verantwortlich. Im Jahr darauf engagierte Reitz sie bei seinem elfteiligen Epos "Heimat" als Leiterin des insgesamt sechsköpfigen Editorenteams. Die Arbeit an "Heimat" dauerte zweieinhalb Jahre. Die Serie wurde vielfach preisgekrönt und von der internationalen Kritik als Meisterwerk gefeiert.
Ebenso prägend waren Heidi Handorfs Arbeiten mit Reinhard Hauff. Direkt nach "Heimat" montierte sie seinen TV-Dokumentarfilm "Zehn Tage in Calcutta" (1984), ein Porträt des bengalisch-indischen Regisseurs Mrinal Sen – für Handorf war dies ihr dritter und letzter Dokumentarfilm. Die Zusammenarbeit mit Hauff setzte sich bei "Stammheim" (1986) fort, einem beklemmenden Kammerspiel über den Prozess gegen die Anführer der ersten RAF-Generation. Der hochpolitische Film wurde auf der Berlinale preisgekrönt und war zugleich eines der umstrittensten Werke des bundesrepublikanischen Kinos der 80er Jahre. Die weiteren Arbeiten mit Hauff waren der Kinofilm "Blauäugig" (1989), ein politisches Familiendrama vor dem Hintergrund der argentinischen Militärdiktatur, und der dreiteilige TV-Thriller "Mit den Clowns kamen die Tränen" (1990), nach Johannes Mario Simmel. Danach beendete Hauff seine Regiekarriere; 1993 wurde er Leiter der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb).
Daneben zeichnete Handorf in den 80er Jahren als Editorin bei Vadim Glownas Abenteuerfilm "Des Teufels Paradies" (1987) und Wolfgang Glücks Historiendrama "38 – Auch das war Wien" (AT/DE 1986) verantwortlich, das 1987 eine Oscar-Nominierung als Bester fremdsprachiger Film erhielt.
Ab den 1990er Jahren arbeitete Heidi Handorf fast ausschließlich fürs Fernsehen. Lediglich an drei Kinofilmen war sie noch beteiligt: Für "Der Kinoerzähler (1993, Regie: Bernhard Sinkel) wurde sie 1993 für den Deutschen Kamerapreis in der Kategorie 'Bester Schnitt Kinofilm' nominiert. Im selben Jahr erstellte sie für den Regisseur Peter Sehr eine 137-minütige Kinofassung von "Kaspar Hauser" – zuvor hatte ihre Kollegin Susanne Hartmann eine wesentlich längere Fassung geschnitten, die 1995 als 180-minütiger TV-Zweiteiler ausgestrahlt wurde. Gewichtung und Rhythmus der beiden Versionen unterschieden sich deutlich. Beim Deutschen Filmpreis 1994 gewann die Kinofassung das Filmband in Gold als Bester Spielfilm. Mit Peter Sehr arbeitete Handorf noch einmal bei der Dreiecksgeschichte "Obsession" (DE/FR 1997) zusammen. Es blieb ihr letzte Kinoarbeit.
Beim Fernsehen lernte sie in Matti Geschonneck einen Regisseur kennen, mit dem sie zwischen 1994 und 2002 insgesamt zehn Filme realisierte, darunter das Psychodrama "Angst hat eine kalte Hand" (1995) mit Cornelia Froboess, die preisgekrönte Triebtäter-Studie "Der Mörder und sein Kind" (1995) mit Ulrich Tukur und die Tragikomödie "Comeback für Freddy Baker" (1999) mit Mario Adorf als alterndem Schlagerstar. Der letzte gemeinsame Film war das preisgekrönte Familiendrama "Die Mutter" (2002) mit Martina Gedeck.
In den nächsten Jahren schnitt Handorf noch zahlreiche ambitionierte Fernsehspiele, darunter Volker Schlöndorffs Kammerspiel "Enigma - Eine uneingestandene Liebe" (2005), Kai Wessels aufwändiges Kriegsvertreibungsdrama "Die Flucht" (2007) sowie drei Filme von Oliver Storz: Den polithistorischen Zweiteiler "Im Schatten der Macht" (2003), über die letzten zwei Wochen von Willy Brandts Kanzlerschaft, die Nachkriegsgeschichte "Drei Schwestern – Made in Germany" (2005) und die im Wirtschaftswunder-Deutschland spielende Gesellschaftsstudie "Die Frau, die im Wald verschwand" (2009). Letztere zwei Filme waren die letzten Regiearbeiten von Oliver Storz, der 2011 verstarb.
In den 2010er Jahren war Handorf an leichten Liebeskomödien und Familienfilmen beteiligt, häufig Degeto-Produktionen. So etwa "Eine Sennerin zum Verlieben" (2010) und "Ein Drilling kommt selten allein" (2012), sowie mehrere Werke der Fernsehspiel-Reihe "Lilly Schönauer" (2010-2013). Außerdem zeichnete sie bei einigen Folgen der Serien "Alles Klara" (2013) und "Forsthaus Falkenau" (2013) für den Schnitt verantwortlich. Karola Hattops Komödie "Meine Mutter, meine Männer" (2014) war ihre letzte Arbeit als Editorin.
Von 2006 bis 2008 gehörte Heidi Handorf dem Vorstand des Bundesverbandes Filmschnitt (BFS) an. Im Mai 2017 wurde sie zum Ehrenmitglied des Verbandes ernannt. Beim Schnitt-Preis 2019 erhielt Handorf den Ehrenpreis für ihr Lebenswerk, das über 80 Kino- und Fernsehproduktionen umfasst. Heidi Handorf lebt in München.