Fotogalerie
Alle Fotos (3)Biografie
Hanns Eisler (laut Taufregister Johannes Eisler), geboren am 6. Juli 1898 in Leipzig, war das jüngste von drei Kindern des Philosophen Rudolf Eisler. Er verbrachte seine Kindheit in bescheidenen Verhältnissen in Wien, wo er nach der Volksschule das Staatsgymnasium besuchte. Seine musikalische Ausbildung begann bereits in der Kindheit mit Klavierunterricht, erste Kompositionsversuche unternahm er im Alter von 11 Jahren. Während seines Dienstes im Ersten Weltkrieg, mit 19 Jahren, schrieb Eisler seine erste größere Komposition.
Nach dem Krieg entschied er sich zum Studium der Musik, das er am Neuen Wiener Konservatorium unter Karl Weigl begann und später als Privatschüler in der Meisterklasse Arnold Schönbergs fortsetzte. Dieser war von Eislers Talent so begeistert, dass er ihn ohne Honorar unterrichtete.
1920 heiratete Eisler Charlotte Demant, mit der er bis 1935 verheiratet blieb; 1928 wurde ihr gemeinsamer Sohn Georg Eisler geboren. 1922 gewann Hanns Eisler den Kunstpreis der Stadt Wien für seine 1. Klaviersonate. Er übernahm die Leitung zweier Arbeiterchöre, was ihn später zur Komposition von so genannten "Kampfliedern" inspirierte.
In den Jahren nach seinem Studium erhielt er zunächst einen Verlagsvertrag beim Musikverlag Universal Edition und verließ 1925 Wien in Richtung Berlin, wo er einen Lehrauftrag am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium annahm. Mit Schönberg kam es in dieser Zeit vorübergehend zum Bruch, als der überzeugte und engagierte Kommunist Eisler sich von der avantgardistischen Neuen Musik distanzierte und eine volksnahe Musik im Dienst des politischen Kampfes anstrebte. Er setzte sich für den Deutschen Arbeiter-Sängerbund ein und schrieb Musikkritiken für "Die Rote Fahne".
Nach Bühnenmusiken sowie Rundfunk-Kantaten begann Eisler Mitte der 1920er Jahre auch für den Film zu komponieren. Zu Walther Ruttmanns kurzem Experimentalfilm "Opus 3" (1925) komponierte er zur Aufführung bei den Kammermusiktagen in Baden-Baden 1927 eine pointierende Musik. In den Folgejahren entstanden zahlreiche weitere Bühnenmusiken, unter anderem zu Bertolt Brechts "Die Maßnahme", woraus eine langjährige Arbeits- und private Freundschaft resultierte.
Erst 1931 widmete Hanns Eisler sich wieder dem Film. Für "Das Lied vom Leben" (1931) steuerte er die Ballade "Anrede an ein neugeborenes Kind" bei - seine erste Komposition für einen Spielfilm. In der Musik zum Antikriegsfilm "Niemandsland" (1931) verarbeitete er unter anderem eine Instrumentalversion seines Lieds "Der heimliche Aufmarsch". Im Jahr darauf folgte seine Arbeit für Slatan Dudows Film "Kuhle Wampe" (1932) mit Liedtexten von Brecht. Insbesondere die Komposition für diesen Klassiker des proletarischen Films sorgte für Eislers Bekanntheit und Wertschätzung innerhalb der Filmindustrie.
1932 reiste Eisler in die Sowjetunion, um für Joris Ivens Dokumentarfilm "Pesn o gerojach" ("Heldenlied", 1933) die Musik zu komponieren. Der Film sowie das daraus stammende "Kampflied" erlangten in der Sowjetunion große Popularität.
Mit dem 30. Januar 1933 begann für Eisler, der sich gerade in Wien befand, als er von der Machtübernahme der Nationalsozialisten erfuhr, seine Zeit des Exils mit zunächst wechselnden Stationen in Europa. Noch 1933 komponierte er in Paris die Musik zu "Dans les Rues" in der Regie von Victor Trivas. Kurz darauf reiste er in die Niederlande, wo er Joris Ivens wiedertraf und für dessen Dokumentarfilm "Nieuwe Groden" ("Neue Erde", 1933) die Musik beisteuerte.
Nachdem Eisler 1934 in London noch die Musik zum Film "Abul the Damned" ("Der rote Sultan", 1934) komponiert hatte, den er selbst für nicht gelungen hielt, brach er 1935 nach New York auf. Dort lernte er während einer Konzert- und Vortragsreihe den Direktor der New School for Social Research kennen. Infolge dieser Begegnung konnte Eisler dort noch im selben Jahr zwei Vorlesungsreihen beginnen, bevor er im Januar 1938 eine Gastprofessur für Musik annahm und somit Europa gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau Lou Jolesch, die er 1937 in Prag geheiratet hatte, für längere Zeit verließ.
In den USA traf Eisler erneut auf Joris Ivens, für dessen Dokumentarfilm "The 400 Million" ("400 Millionen", 1938) er eine umfangreiche Komposition erstellte, die als erstes Werk in der Geschichte der Filmmusik streng nach Zwölftonschema komponiert war. Aus ihr gingen drei selbstständige Werke hervor. Kurz darauf erarbeitete er eine Musik für Joseph Loseys Puppentrick-Kurzfilm "Pete Petroleum & His Cousins", der im Auftrag der Petroleumindustrie als Werbefilm im Kontext der Weltausstellung 1939 entstand. Der Film erregte Aufsehen, insbesondere aufgrund der Musik, die von der Presse äußerst positiv bewertet wurde. Für Hanns Eisler eröffnete diese Komposition Arbeitsmöglichkeiten in Hollywood.
Wegen Visa-Problemen 1939/1940 zeitweilig gezwungen, nach Mexiko auszuweichen, erhielt Eisler im Frühjahr 1940 ein Stipendium der Rockefeller Foundation für ein "Research Program on the Relation between Music and Films". Im Zeitraum von zwei Jahren erforschte er experimentell den Einsatz Neuer Musik inklusive verschiedenstem musikalischem Material sowie Geräuscheffekten in der Filmmusik sowie die sich daraus ergebenden Probleme in der Instrumentierung. Sein Ziel war es, Filmmusik über ihren Status als Begleitwerk hinaus als selbstständig wahrnehmbare Kompositionen zu etablieren. Die Ergebnisse dieser Studien fasste er 1947 gemeinsam mit Theodor W. Adorno in dem Buch "Komposition für den Film" zusammen, welches noch heute als eines der wichtigsten Werke für die Filmmusik gilt.
1941 lieferte Hanns Eisler die Musik zum Dokumentarfilm "The Forgotten Village" (1941), bestehend aus Kammermusik in Anlehnung an die Zwölftontechnik. 1942 verließ Eisler New York und ging nach Los Angeles, um auch in Hollywood zu arbeiten.
In seiner Zeit in Hollywood komponierte Hanns Eisler den Score zu den unterschiedlichsten Spielfilmen. Einige davon, etwa "The Spanish Men" ("Die Seeteufel von Cartagena", 1945), "Jealousy" (1945), "A Scandal in Paris" ("Ein eleganter Gauner", 1946) waren lediglich "Brotarbeiten" und musikalisch weniger ambitioniert, andere gelten bis heute als Meilensteine der Filmmusik, etwa die Komposition zu Fritz Langs "Hangmen Also Die" ("Auch Henker sterben", 1943), der auf einer Vorlage Bertolt Brechts basiert und als einer der besten Anti-Nazi-Filme gilt. Mit dieser Musik setzte Eisler "dramaturgische Akzente" (Schebera, J: Hanns Eisler, 1998), wofür er 1943 eine Nominierung für den Academy Award für die beste Filmmusik erhielt. Für seinen folgenden Score zu "None But the Lonely Heart" (1944) in der Regie von Clifford Odets wurde er im Jahr darauf erneut nominiert.
Im Zuge der Kommunistenjagd von Senator Joseph McCarthy wurde Hanns Eisler 1947 vom House Committee on Un-American Activities in Washington verhört, obwohl er in den USA kaum politisch tätig geworden war. Trotz persönlicher Fürsprache und Protesten zahlreicher Freunde und Künstler wie Leonard Bernstein, Albert Einstein, Charles Chaplin, Thomas Mann oder Pablo Picasso führte der Prozess dazu, dass Eisler am 26. März 1948 aus den USA ausgewiesen wurde. Er gelangte über London und Prag nach Wien. Im Juni 1949 begann er, für die DEFA zu arbeiten, und zog nach Ost-Berlin. Dort schrieb er noch im selben Jahr die Musik zum DEFA-Film "Unser täglich Brot" (1949) für großes Sinfonieorchester und gemeinsam mit dem Dichter Johannes R. Becher die Nationalhymne der DDR "Auferstanden aus Ruinen".
1950 erhielt Eisler eine Professur am Staatlichen Konservatorium Berlin sowie eine eigene Meisterklasse für Komposition an der Akademie der Künste der DDR. Grundsätzlich dem Staat gegenüber loyal eingestellt, geriet er zwischenzeitlich in Konflikt mit der offiziellen Linie, als das Libretto zu seiner großen Oper "Doktor Faustus" öffentlich angegriffen wurde.
Eisler komponierte in den folgenden Jahren zahlreiche Bühnen- und Filmmusiken. Teile seiner Bühnenmusik zu "Winterschlacht" flossen 1955 in Alain Resnais' Dokumentarfilm "Nuit et Brouillard" ("Nacht und Nebel", 1955) ein. Dessen Aufnahmen der Vernichtungslager der Nazis akzentuierte Eisler mit einer Trauermusik, die er sparsam mit Bläsern instrumentierte. Der Erfolg des Films samt Gewinn des Prix Jean Vigo trugen dazu bei, dass Eisler auch zwei Koproduktionen der DEFA mit Frankreich vertonte: "Die Hexen von Salem" (1957), dessen Musik weitgehend kammermusikalisch gearbeitet ist, und "Trübe Wasser" (1960). Kurz nach der Synchronisation des letzteren in Paris erlitt Eisler auf der Rückreise über Wien im Februar 1960 einen Herzinfarkt. Erst im Juni konnte er nach Berlin zurückkehren.
Am 6. September 1962 starb Hanns Eisler im Alter von 64 Jahren in Berlin.
Autorin: Stephanie Müller
Dieser Text wurde im Rahmen des Masterstudiengangs "Filmkultur - Archivierung, Programmierung, Präsentation" erstellt, der von der Goethe-Universität Frankfurt am Main und dem Deutschen Filminstitut gemeinsam angeboten wird.