Biografie
Gerd Conradt wurde am 14. Mai 1941 in Schwiebus (Mark Brandenburg, heute Polen) geboren und wuchs in Thüringen auf. 1955 Umzug nach Berlin. Nach einer Ausbildung zum Fotografen gehörte er 1966 zu den ersten Studenten an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb). 1968 wurde er mit 17 Kommilitonen, darunter Harun Farocki und Holger Meins, wegen Besetzung des Rektorats vorübergehend vom Studium ausgeschlossen. Seit 1982 freiberuflich für das Fernsehen tätig, außerdem Mitarbeit bei Zeitschriften, Lehrtätigkeit an verschiedenen Hochschulen sowie Realisierung von Videoinstallationen und Unterrichtsfilmen. Wiederkehrendes Thema in seinen Filmen ist die Geschichte der Studentenbewegung sowie der RAF – so setzte er sich in zwei Filmen mit Holger Meins auseinander: "Über Holger Meins" (1982, zusammen mit Hartmut Jahn) und "Starbuck Holger Meins" (2001).
Conradts experimenteller Kurzfilm "Rettet Berlin!", mit dem er eine Bürgerinitiative zur Aufklärung des Bankenskandals unterstützte, feierte 2003 im Kurzfilm-Wettbewerb der Berlinale Premiere. Seine experimentelle Videoarbeit "Farbtest.3" (2004), über die kontextabhängige Wahrnehmung einer roten Fahne, wurde mit dem 11. Marler Videokunst-Preis ausgezeichnet. Mit "Monte Klamotte - Eine Expedition zum Berliner Schuldenberg" (2005) realisierte er einen Dokumentarfilm über die hohe Verschuldung der Hauptstadt.
2006 erschien Conradts Buch "An der Spree – der Fluss, die Menschen" (zusammen mit Hedwig Korte), gefolgt von dem Film "Die Spree – Sinfonie eines Flusses". Mit diesem Film wurde Conradt zum Internationalen Filmfestival in Pjöngjang, Nordkorea, eingeladen. Nordkorea war auch der Ausgangspunkt seines neunminütigen, experimentellen Dokumentarfilms "Arirang - Letter to Barack" (2010), über das Land im Kontext seines Atomwaffenprogramms. Neben seinem filmischen Schaffen realisierte Conradt auch Kunstaktionen und -installationen, etwa eine "Fahrradniederlegung zum Gedenken an Rudi Dutschke" (2008) und die Videoinstallation "Gretchen Dutschke, 1985 / 2008" am ZKM Karlsruhe (2009, zusammen mit Michaela Buescher).
In "Mauerweg-Stafette" (2012) begleitete er Läuferinnen und Läufer, die eine Berlinfahne entlang der ehemaligen Scheidelinie zwischen Ost und West tragen. Beim DOK Leipzig Festival 2012 stellte er die abendfüllende Arbeit "Video Vertov" vor, eine Art elektronisches Testament, in dem er seinem Enkel anhand von Film- und Videodokumenten aus vierzig Jahren über sein Leben berichtet. In "Anfangen" (2014) porträtierte er die Sozialwissenschaftlerin, feministische Theoretikerin und Musikerin Christina Thürmer-Rohr, in "Turn your Eyes to the Present" (2015) den amerikanischen Avantgarde-Komponisten Frederic Rzewski.
2019 startete Conradts Dokumentarfilm "FACE It!" in den Kinos, über die Bedeutung des eigenen Gesichts in Zeiten der Digitalisierung und der zunehmenden Videoüberwachung.