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Alle Fotos (31)Biografie
Marianne Sägebrecht wurde am 27. August 1945 in Starnberg geboren. Bereits während ihrer Schulzeit sammelte sie erste Schauspielerfahrungen in einer Theatergruppe. Nach der Mittleren Reife absolvierte sie eine Ausbildung zur medizinisch-technischen Assistentin. Mit 19 Jahren heiratete sie; 1967 kam ihre Tochter zur Welt. Von 1971 bis 1975 betrieb sie mit ihrem Ehemann und ihrer Schwester in Starnberg das Kleinkunstlokal "Spinnradl".
1976 ließ Sägebrecht sich scheiden und zog nach München. Als Geschäftsführerin der Schwabinger Künstlerkneipe "Mutti Bräu" kam sie mit zahlreichen Schauspielern, Kleinkünstlern und Artisten des Zirkus Roncalli in Kontakt. Insbesondere die Bekanntschaft mit dem Dramatiker und Schauspieler Martin Sperr bezeichnete sie später als bedeutsam.
Sie beteiligte sich an diversen Theater- und Kabarettprojekten, und gründete 1977 ihre eigene Kabarettgruppe namens "Opera Curiosa". Mit ihr gab sie Gastspiele in Berlin und Hamburg sowie am Bayerischen Staatstheater. Zu der Gruppe gehörten im Lauf der Jahre insgesamt 180 Mitwirkende: "Zu den Schauspielern von Theater, Oper und Revue gesellten sich Artisten, Hinterhofsänger, Transvestiten und Bürger, die noch nie auf den Bühnenbrettern gestanden hatten", so Sägebrecht rückblickend, "Mein großes Bedürfnis, all diese Menschen in einem Schmelztiegel miteinander zu vereinen - Toleranz füreinander, Spielfreude, Mut zur Individualität, Brechen der Eitelkeiten - fand große Liebe beim Publikum. Ich selbst war 'Frau Direktör', 'Biene Maja', 'Schwein Piggi'. (...) Viele [Mitwirkende von damals] sind heute bekannt, wie Konstantin Wecker oder Nina Hagen". Sägebrechts vielfältiges Wirken in der Münchner Szene brachte ihr bald den Namen "Mutter der Subkultur" ein.
Als sie 1979 im Münchner Studiotheater in Martin Sperrs "Adele Spitzeder" als Hure Bella auf der Bühne stand, wurde der Regisseur Percy Adlon auf sie aufmerksam. Er engagierte sie als Standfotografin und in einer Nebenrolle als Frau Sanchez für seinen niederbayerischen Don-Quichotte-Film "Herr Kischott" (1980, TV). Auch ihre erste Kinorolle spielte Sägebrecht unter Adlons Regie, mit einer Nebenrolle in der bayerischen Familienchronik "Die Schaukel" (1983).
Trotzdem blieb Sägebrecht weiterhin der Bühnenarbeit verbunden. 1982 erhielt sie den Schwabinger Kunstpreis für die "Opera Curiosa"; 1983/84 veranstalte sie Theatertreffen im Fraunhofer Theater. 1984 wurde ihr der Ernst-Hoferichter-Preis verliehen.
Nach weiteren Kino-Nebenrollen, etwas als Bravo-Reporterin in der Satire "Im Himmel ist die Hölle los" (1984), gelang Sägebrecht der Durchbruch als Kinoschauspielerin in Percy Adlons melancholischer Komödie "Zuckerbaby": Für ihre Hauptrolle als einsame Münchner Totengräberin, die das Herz eines U-Bahn-Fahrers (Eisi Gulp) erobern will, gewann sie den Ernst Lubitsch Preis und wurde für den Deutschen Filmpreis nominiert.
Ein noch größerer Erfolg war "Out of Rosenheim" (1987), ebenfalls inszeniert von Percy Adlon. Darin verkörperte sie eine bodenständige Bayerin, die während eines USA-Urlaubs ihren Mann verlässt; in Lodenkostüm und Trachtenhütchen landet sie in einem kalifornischen Wüstenkaff, wo sie sich mit einer schwarzen Motelbetreiberin anfreundet, die der fremdartig wirkenden Deutschen zunächst ablehnend begegnet. Der Film erhielt glänzende Kritiken und diverse internationale Preise; unter dem Titel "Bagdad Café" wurde er auch international ein Kassenerfolg und avancierte zum Kultfilm (vor allem in Frankreich). Sägebrecht gewann für diese Leistung den Deutschen Filmpreis.
Der internationale Erfolg von "Out of Rosenheim" brachte Marianne Sägebrecht Nebenrollen in mehreren Hollywoodproduktionen ein: 1988 sah man sie als Kosmetikerin in der Politkomödie "Moon Over Parador" ("Mond über Parador", Regie: Paul Mazursky) an der Seite von Richard Dreyfuss; in der Erfolgskomödie "War of the Roses" ("Der Rosenkrieg", 1989) spielte sie die Haushälterin des sich bekriegenden Ehepaares Michael Douglas und Kathleen Turner.
Die deutsch-amerikanische Koproduktion "Rosalie Goes Shopping" (1989) war die fünfte und letzte Zusammenarbeit mit Percy Adlon. Die schräge, ganz auf Sägebrecht zugeschnittene Komödie handelt von einer Deutschen in der amerikanischen Provinz, die ihre von pausenloser Werbung angetriebene Konsumlust durch allerlei Betrügereien befriedigt. Einmal mehr spielte Sägebrecht hier eine Frau, die den Zuschauer gleichermaßen durch ihre entwaffnende Naivität und ihre Schlitzohrigkeit für sich einnimmt. Der Film wurde in den Wettbewerb von Cannes eingeladen, wo er im Mai 1989 seine Weltpremiere feierte.
In den folgenden Jahren sah man Sägebrecht in einer Vielzahl sehr unterschiedlicher Kinofilme, darunter auch einige internationale Produktionen. Für die Titelrolle in "Martha und ich" (DE/FR 1990), als Haushälterin einer jüdischen Familie im Prag der Nazizeit (mit Michel Piccoli als Vater), wurde sie bei den Filmfestivals in Venedig und Seattle ausgezeichnet; außerdem erhielt sie eine Nominierung für den Deutschen Filmpreis.
Zu ihren weiteren Parts gehören ein kleiner Auftritt als Ärztin in dem Horrorfilm "Dust Devil" (SA/GB 1992) und eine Hauptrolle als reiche, ungeliebte Ehefrau von Uwe Ochsenknecht in der deutsch-amerikanischen Komödie "Ein fast perfektes Verhältnis" (1994). Sie gehörte als Anstaltsmutter zum Ensemble von Volker Schlöndorffs "Der Unhold" (1996), spielte in der jüdischen Familiengeschichte "Left Luggage" (BE/NL 1998) eine Hauptrolle als KZ-Überlebende und war in "Asterix & Obelix gegen Caesar" (FR/DE/IT 1999) die Gutemine, Ehefrau des Dorfhäuptlings Majestix.
Ab Ende der neunziger Jahre wirkte Sägebrecht nahezu ausschließlich in Fernsehproduktionen mit. Matti Geschonneck besetzte sie in dem Sozialdrama "Ganz unten, ganz oben" (1999) als gutmütige Bankangestellte, der nach mehreren Schicksalsschlägen die Obdachlosigkeit droht. Von 2001 bis 2004 übernahm sie die Titelrolle einer energischen Köchin in der dreiteiligen Fernsehspielreihe "Marga Engel", bei der sie auch am Drehbuch mitwirkte. In "Das Geheimnis meiner Schwester" (2007) war sie die liebevoll-resolute Betreiberin einer Tierpension; Bodo Fürneisen besetzte sie in der Titelrolle des Märchenfilms "Frau Holle" (2008). In der Liebes- und Culture-Clash-Komödie "So ein Schlamassel" (2009) spielte Sägebrecht die Tante eines jungen Mannes, der sich in eine Jüdin aus einer sehr traditionsbewussten Familie verliebt. Xaver Schwarzenberger besetzte sie in "Die Verführerin Adele Spitzeder" (2011) in einer Gastrolle als Wirtin.
Erst ab 2012 sah man Marianne Sägebrecht wieder häufiger in Kinorollen. Tomy Wigands viel gelobte, auf einer wahren Geschichte basierende Komödie "Omamamia" (2012) zeigte sie als rüstige Großmutter, die in Rom eine Privataudienz beim Papst ergattern will. In dem preisgekrönten Schweizer Dokudrama "Der Kreis" (2014), über die Schwulenbewegung im Zürich der prüden 1950er Jahre, war sie die liebevolle Mutter des Aktivisten Ernst Ostertag.
Ebenfalls 2014 spielte sie in dem teilanimierten Kinderfilm "Pettersson & Findus - Kleiner Quälgeist" die hilfsbereite Nachbarin Beda Andersson. Diese Rolle übernahm sie auch in den beiden Fortsetzungen, "Pettersson & Findus II - Das schönste Weihnachten überhaupt" (2016) und "Pettersson und Findus - Findus zieht um" (2018). Parallel dazu gab sie 2016/2017 in mehreren Krimifolgen eine Informantin der "SOKO München".
Eine Paraderolle hatte Sägebrecht in der Low-Budget-Komödie "Schmucklos" (2019), als verstorbene Münchner Kneipenwirtin, deren Enkel ihren Laden übernimmt und dem sie immer wieder als Geist erscheint. Auf der Bühne sah man sie im Sommer 2019 bei den Bad Hersfelder Festspielen in einer Bühnenversion von Kafkas "Der Prozess", als treuherzige Haushälterin des Josef K..
Marianne Sägebrecht lebt in Bernried am Starnberger See.