Inhalt
Nach dem gleichnamigen Roman von Robert Seethaler erzählt der Film die Geschichte des Waisenjungen Andreas Egger, der von seinem Onkel, einem Bauern, auf einem abgelegenen Hof in den österreichischen Alpen zwar aufgenommen, aber zu schwerer Arbeit gezwungen und geschlagen wird. Halt findet er bei Ahnl, die sich des Jungen annimmt. Als Ahnl Jahre später stirbt, verlässt der inzwischen erwachsene Andreas schließlich den verhassten Hof und schließt sich einem Arbeitstrupp an, der eine der ersten Bergbahnen baut. In Marie findet er seine große Liebe, die jedoch schon bald durch ein tragisches Unglück beendet wird. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs reißt Andreas aus seiner Heimat, in die er erst Jahre später aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrt. Als Egger schließlich als alter Mann seinen letzten Weg antritt, ist Marie noch einmal bei ihm, und er blickt trotz seines meist harten und entbehrungsreichen Lebens versöhnt zurück.
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Dreimonatiger Zeitsprung. Die Firma Bittermann & Söhne kommt mit vier Ingenieuren, zwölf Maschinenmeistern, 260 Arbeitern und sieben italienischen Köchinnen ins Tal, um eine Seilbahn für Touristen zu errichten, die 1.300 Höhenmeter überwinden soll. Mit dem Bautrupp kommt auch die Elektrizität ins Dorf.
Rückblick, Sommer 1902. Als kleiner, vielleicht vierjähriger Bub ist Andreas Egger mit dem Pferdefuhrwerk aus einer Stadt jenseits der Berge zum Großbauern Hubert Kranzstocker gekommen, der den Waisenjungen, einziges Kind seiner Schwägerin, als billige Arbeitskraft missbraucht und ihn unter „Herrgottverzeih“-Rufen regelmäßig mit der Haselnuss-Gerte verprügelt. Einmal so stark, dass der „Knochenrichter“ Alois Klammerer geholt wird. Der kann den gebrochenen Oberschenkel aber nicht „richten“, sodass der Knabe von der Dorfjugend als „Hinkebein“ verspottet wird.
Allein „Ahnl“, die Mutter der Bäuerin, kümmert sich liebevoll um Andreas, der in der 1910 errichteten Dorfschule rasch vorankommt. Und an seinem 18. Geburtstag den Hof verlässt, um sich in Wald und Feld als Tagelöhner zu verdingen. Mit 29 Jahren kann er vom Wirt ein Grundstück mit Holzhütte pachten und sich mit Marie, die im Wirtshaus bedient und ebenfalls eine Zugereiste ist, sonntags nach der Kirche an seinem Gemüsegärtchen erfreuen.
Zur Hochzeit reichts freilich noch nicht, weshalb er bei Bittermann & Söhne anheuert zum Bau der Bergstation unter dem Karleitnergipfel. 1935 ist es soweit: die „Blaue Liesl“ genannte Luftseilbahn wird eingeweiht und Andreas kann seine Marie Reisenbacher heiraten. Doch ihr stilles Glück wird jäh durch eine Lawine beendet, die das Haus und damit auch die schwangere Marie unter sich begräbt.
„Man kann einem Mann seine Stunden abkaufen, man kann ihm seine Tage stehlen oder ihm sein ganzes Leben rauben. Aber niemand kann einem Mann auch nur einen einzigen Augenblick nehmen“: Der empathische Prokurist traut dem verzweifelten Witwer eine nicht ungefährliche Arbeit zu, die Wartung mehrerer Seilbahnen der Region in schwindelerregender Höhe.
1942 wird Egger einberufen, in den Kaukasus abkommandiert und erst 1951, sechs Jahre nach Kriegsende, aus russischer Gefangenschaft entlassen. Nun ist der Bürgermeister kein Nazi mehr und das Dorf mehr denn je Touristen-Hotspot. Andreas Egger führt wohlhabende Fremde in die Berge und nutzt erstmals den Postbus der „Siebentälerlinie“ – auch zur Reflektion über das eigene Leben.
Den Avancen der neuen Dorfschullehrerin Anna Holler kann er sich nur mit Müh und Not entziehen. Staunend auf die hinter ihm liegenden Jahrzehnte zurückblickend zieht er sich als Einsiedler zurück und stirbt, vermutlich 79-jährig, an seinem Schreibtisch: „Verwirrt, aber nicht verrückt“ wie der Erzähler resümiert. Als mit sich und der Welt zufriedener Mann wird Andreas Egger neben seiner Frau Marie begraben.
Aus Robert Seethalers 154seitiger Vorlage hat Hans Steinbichler eine Dorfgeschichte aus gar nicht so alter Zeit mit herrlichen Panoramaaufnahmen Armin Franzens destilliert. Welche die Zeitgeschichte noch stärker als der sehr lakonisch erzählte Roman berücksichtigt, etwa wenn die Goebbels-Rede aus dem Berliner Sportpalast („Wollt ihr den totalen Krieg?“) kollektiv am Wirtshaus-Volksempfänger verfolgt wird.
In der sehr zurückgenommenen, nur kongenial zu nennenden Verfilmung kann Andreas zum Ärger der etablierten Bauern seinen Musterungsbefehl selbst lesen und lässt einen Teller absichtsvoll vom Tisch fallen, weil er zum Essen beim Gesinde sitzen muss statt bei der sich so gottesfürchtig gebenden Bauernfamilie. Und nur in Ulrich Limmers Leinwand-Adaption deponiert Andreas seine Briefe an Marie in ihrem Grab auf dem Friedhof. Beim Verfassen des letzten bricht er am Schreibtisch zusammen…
Pitt Herrmann