Biografie
Rainer Erler wurde am 26. August 1933 als Sohn eines Studiendirektors in München-Nymphenburg geboren. Bereits während seiner Schulzeit wandte er sich dem Film zu, hielt Vorträge über Filmdramaturgie, verfasste Kritiken und Atelierreportagen aus den Studios von Geiselgasteig und inszenierte an Studiobühnen.
Nach dem Abitur 1952 begann er seine Karriere beim Film als Regie-Assistent. So arbeitete er zwischen 1953 und 1957 an zahlreichen Filmen von Rudolf Jugert mit, darunter "Rosen im Herbst" (1955) und "Der Meineidbauer" (1956). Danach war er unter anderem an Projekten wie "Helden" (1958) von Franz Peter Wirth, "Jacqueline" (1959) von Wolfgang Liebeneiner und "Das Spukschloss im Spessart" (1960) von Kurt Hoffmann beteiligt. Von Erich Pommer, der in den Fünfzigern aus Hollywood nach Europa zurückgekehrt war, ließ er sich im Produzentenhandwerk unterweisen.
Erlers erster abendfüllender Spielfilm war die fantastische Komödie "Seelenwanderung" (1962), für die er gleich mehrere Preise, darunter den Ernst-Lubitsch-Preis, entgegennehmen konnte. In den Folgejahren machte er sich vor allem als Regisseur von zeitkritischen – dabei oft satirisch erzählten – Filmen einen Namen, etwa "Orden für die Wunderkinder" (1963) oder "Das Bohrloch oder Bayern ist nicht Texas" (1965). In den 1970ern wandte er sich verstärkt zukunftsorientierten Themen zu und realisierte mit dezidiert aufklärerischen Absichten eine Reihe Filme, in denen er den uneingeschränkten Fortschrittsglauben auf Kosten von Menschen und Umwelt sowie die Rolle der Wissenschaft unter dem Einfluss von Politik und Wirtschaftskalkül hinterfragte.
Ausgelöst durch die Veröffentlichung des Besorgnis erregenden Berichts "Limits to Growth" (Grenzen des Wachstums) des "Club of Rome" über die ökologische Zukunft unseres Planeten im Frühjahr 1972, entstand Erlers fünfteilige Science-Thriller-Reihe "Das blaue Palais" (1974-1976) über ein Forscherkollektiv und dessen Auseinandersetzung mit industrieller Profitgier, wissenschaftlichem Ehrgeiz und persönlicher Geltungssucht – ein deutliches Plädoyer für eine Ethik, die nicht nur der Wirtschaft, sondern auch der Wissenschaft selbst auferlegt werden sollte.
Vergleichbare Themenfelder erforschte Erler – meist in einer Mischung aus Thrillerhandlung und Aufklärungsgestus – in Filmen wie "Plutonium" (1978) über verschwundenes, hochangereichertes Spaltmaterial, "Das schöne Ende dieser Welt" (1983) über die fragwürdigen Machenschaften europäischer Chemiekonzerne in Dritte-Welt-Ländern und "News – Bericht über eine Reise in eine strahlende Zukunft" (1986) über die geheime, illegale Endlagerung von Atommüll.
Beklemmende Einblicke in eine Gesellschaft, deren Moral sich nicht gleichzeitig mit ihren technischen Möglichkeiten entwickelt hat, gewährte er außerdem in "Operation Ganymed" (1977) über eine gescheiterte Weltraummission, "Fleisch" (1979) über die skrupellosen Methoden von Organhändlern und "Die Kaltenbach Papiere" (1990) über ein Intrigenspiel rund um drei nukleare Sprengsätze.
Gleichzeitig blieb er aber seiner satirischen Ader treu und inszenierte skurrile Komödien wie "Die Halde" (1974), die vom Kampf einer Kleingartensiedlung gegen eine gigantische Müllhalde handelt, "Ein Guru kommt" (1980) über einen erfolglosen Opernsänger, der eine spirituelle Sekte erbt, oder "Zucker" (1989), in der genetisch manipulierte Mikroben alles Papier in den süßen Grundstoff verwandeln.
Rainer Erler saß als Gründungsmitglied viele Jahre im Vorstand des Bundesverbandes der deutschen Fernseh- und Filmregisseure und war Mitglied des Bundesverbandes deutscher Fernsehproduzenten sowie des Verbandes der Spielfilmproduzenten. Der in vielen seiner Filme geäußerten Gesellschaftskritik verlieh er durch seine Mitgliedschaften unter anderem in der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie, Greenpeace, dem Bund Naturschutz und zahlreichen Tierschutzverbänden Nachdruck.
Im Jahr 2000 wurde in der Akademie der Künste in Berlin ein Rainer-Erler-Archiv eingerichtet, das inzwischen alle Filme, Bücher und Manuskripte sowie sehr umfassend Presseberichte, Kritiken, Fotomaterial und Zweitliteratur enthält.
2013 wurde Erler beim Deutschen Regiepreis Metropolis für sein Lebenswerk geehrt.
Rainer Erler lebte zuletzt mit seiner Frau Renate in Perth, Australien. Er starb dort am 8. November 2023 im Alter von 90 Jahren.