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Der vor allem bei Frauen äußerst beliebte alternde Schauspieler Otto Kullberg ist ein Lebemann, steht gern im Mittelpunkt und ist nie um einen Spruch verlegen. Als er mal wieder zu viel getrunken hat, verpatzt er einen Drehtag für seinen neuen Film. Da man befürchtet, Otto könnte ganz ausfallen, wird ein Ersatzmann engagiert, der wesentlich jüngere Arno, mit dem zur Sicherheit alle Szenen ein zweites Mal gedreht werden. Otto gerät dadurch in die Situation, nun nicht nur um seine Rolle im Film kämpfen zu müssen und sich ein Darstellerduell mit dem Neuen zu liefern – auch im wirklichen Leben geraten manche Dinge in Bewegung. Und eine lange zurückliegende Liebschaft mit seiner Filmpartnerin Bettina, die jetzt die Frau des Regisseurs Telleck ist, gewinnt neue Brisanz.
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Otto Kullberg wird langsam alt und trinkt zuviel. Weil der Produktionsleiter Herbert von dessen alkoholbedingten Ausfällen, die für ihn finanzielle Ausfälle bedeuten, die Nase voll hat, zwingt er seinen darob gar nicht erfreuten Regisseur Martin Telleck („Ich bin kein Eimer, in den jeder scheißt“) dazu, eine Zweitbesetzung zu engagieren – mit dem deutlich jüngeren Theaterschauspieler Arno Runge. Der macht sich am Set bei seinem Leinwand-Debüt gar nicht so schlecht – was sich schließlich auch Otto eingestehen muss. Welcher bald zu alter Form aufläuft. Schon um es seiner „Ex“ zu zeigen, die nun ein Verhältnis mit dem Regisseur hat und auch von seinem jungen „Double“ umworben wird. Ob bei waghalsigen Sprüngen von Reling zu Reling auf offener See oder ganz romantisch im Landgasthof „Weißer Schwan“ wie vor 14 Jahren (kleine, feine Episodenrolle: Tilo Prückner als Wirt) – Otto steht seinen Mann. Und erweist sich bei seiner aufrüttelnden „Bergfest“-Rede vor dem versammelten Team als eloquenter Anwalt in eigener Sache...
„Ich bin der für Sozialdramen“: Anlässlich der Buchpräsentation „Abenteuer Wirklichkeit – Die Filme von Andreas Dresen“ im Filmmuseum Potsdam plauderte der Regisseur an der Seite des jungen Autors David Lode über eigene Vorbilder (Luis Bunuel) und Vorlieben (er würde gern ’mal einen Märchenstoff verfilmen) und überraschte das große Auditorium mit dem Bekenntnis: „Film und Authentizität schließen sich aus“. Kino sei immer Illusion und Manipulation und er wolle das Publikum vor allem unterhalten, auch über den Tag hinaus anregen, aber nicht weltverbesserisch erziehen. Als eigene Haltung zum Leben wie zur Arbeit outete sich Andreas Dresen als „naiv“ und, „fast im christlichen Sinne“, als „gläubig“, indem er stets an das Gute im Menschen glaube. Was ihm häufig den Vorwurf eingebracht habe, seine Filme seinen zu nett. Was sicherlich auch auf seine Erfolgskomödie „Whisky mit Wodka“ zutrifft, die Frank Beyer (er sollte Wolfgang Kohlhaases Drehbuch ursprünglich verfilmen und erkrankte dann schwer) und - unausgesprochen – Harald Juhnke gewidmet ist.
Denn die Figur Otto Kullberg hat ebenso mit Frank Beyers genialem „Hauptmann von Köpenick“-Titeldarsteller Harald Juhnke und dessen zunächst tragischen und letztlich krankhaften Alkohol-Eskapaden zu tun wie mit dem historischen Vorbild Raimund Schelcher. Dem Star-Schauspieler des Berliner Ensembles, den Bertolt Brecht partout nicht für die Defa-Produktion Kurt Maetzigs, den Zweiteiler „Schlösser und Katen“ von 1957, freistellen wollte, passierten zu Beginn der Dreharbeiten einige promillebedingte Patzer, weshalb Maetzig beschloss, ein Exempel zu statuieren und mit Hans Hardt-Harloff eine Zweitbesetzung für die Hauptrolle des „Krummen Anton“ zu engagieren. Diese war nach 23 Drehtagen jedoch wieder „draußen“ – weil auch Hardt-Harloff in betrunkenem Zustand angetroffen wurde...
Für Andreas Dresen ist „Whisky mit Wodka“ nicht in erster Linie ein Film, der sich mit dem eigenen Medium beschäftigt. Das Film-im-Film-Thema sei nur die Folie für eine allgemeingültige – und herrlich situationskomische - Geschichte über das Altern und die Ersetzbarkeit – beruflich wie privat. Dennoch hat er es sich nicht nehmen lassen, die eigene Mischpoke auf die Schippe zu nehmen samt wundervoll-unerhörter Liebesgeschichten am Set mit der Regieassistentin Melanie und den Ensemble-Stars in der Wohn-Wagenburg am Ostseestrand - und dabei die Filmförderung genannte Kirchturms-Politik der Bundesländer gleich mit vorzuführen. Dass Otto Kullberg auch noch einen todkranken Vater Bruno haben muss, ist wohl nur dem Umstand zu verdanken, dass Andreas Dresen für die BE-Legende Fritz Marquardt eine kleine markante Rolle suchte. An den Alten, so zeigt uns der junge und so sympathisch-bescheidene Andreas Dresen, sollte kein Weg vorbeigehen. Herzlichen Dank auch dafür! „Whisky mit Wodka“, uraufgeführt am 30. Juni 2009 beim Filmfest München, ist am 3. September 2009 in die Kinos gekommen und am 15. Dezember 2011 auf Arte erstausgestrahlt worden. Beim 44. Int. Filmfestival Karlovy Vary (Karlsbad) erhielt 2009 Andreas Dresen den Preis für die Beste Regie.
Pitt Herrmann