Inhalt
Verfilmung des gleichnamigen Romans von Mariana Leky. Luise besucht ihre Oma Selma in einem kleinen, abgelegenen Dorf im Westerwald. Die alte Dame, die schon immer in dem Örtchen gelebt hat, verfügt über eine besondere Gabe: Sie kann den Tod voraussehen. Immer wenn Selma im Traum ein Okapi erscheint, stirbt am nächsten Tag jemand aus dem Dorf. Jedoch weiß Selma nicht, wen es treffen wird. Jeder im Ort fürchtet nach der Ankündigung das Schlimmste für sich – mit unterschiedlichen Konsequenzen. Manche tun Dinge, die sie zuvor nie wagten, andere gestehen ihre Geheimnisse, wieder andere verschwinden plötzlich.
Kommentare
Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!
Jetzt anmelden oder registrieren und Kommentar schreiben.
Oma Selma hat eine besondere Gabe, denn sie kann den Tod voraussehen. Immer, wenn sie an ihren verstorbenen Mann gedacht hat und ihr dann im Traum ein Okapi erschienen ist, starb am nächsten Tag jemand im Ort. Viermal ist das bereits passiert und stets war unklar, wen es treffen wird. Etwa den Optiker, der mit inneren Stimmen kämpft, welche seine Gedanken und Handlungen stets in Frage stellen oder spöttisch kommentieren, und der heimlich Selma liebt, ihr seit Jahren Liebesbriefe schreibt, aber nicht den Mut aufbringt, sie ihr zu übergeben?
Oder Martins Vater, den zornigen Palm, der immer betrunken ist und seinen Sohn schlägt? Die abergläubische Elsbeth, welche buddhistische Mönche in ihrem Haus beherbergt? Gar Luises Mutter, die Blumenladenbesitzerin Astrid, deren Gatte, der Dorfarzt, sich früh aus dem Staub gemacht hat („Ich will hier einfach nicht vergammeln“) und Trost gefunden hat beim Eiscafé-Besitzer Alberto, der eigentlich gar kein Italiener ist, sondern ein Grieche? Vielleicht die immer so traurig ausschauende, in Wirklichkeit aber nur schlecht gelaunte Marlies, die an Lidwandentzündung leidet und nur Luise und Martin in ihr abbruchreifes Haus einlässt? „Mich triffts bestimmt nicht“, ist Marlies überzeugt, „das muss ich schon selbst erledigen.“
„Mir tut alles so weh. Alt sein ist scheiße“ nimmt Selma kein Blatt vor den Mund, als Luise vorbeischaut und ihre Befürchtung offenbart, von ihr das zweite Gesicht geerbt zu haben. Denn nun hat auch sie im Traum ein Okapi gesehen, was die schwatzhafte Elsbeth sogleich unter die Leute bringt. Im ganzen Dorf geht die Todesangst um und der einzige Briefkasten quillt förmlich über vor letzten Geständnissen. Und dann ist auch noch Selmas Hund Alaska verschwunden, drei Mönche helfen bei der Suche, darunter auch der 25-jährige Frederik, in den sich Luise sogleich verliebt. Doch der heimliche Schokoladenliebhaber wird bald in sein Kloster nach Japan zurückkehren…
Mit „Was man von hier aus sehen kann“ gelang der in Berlin und Zürich lebenden Autorin Mariana Leky 2017 ein wahrer Überraschungshit. Der 320-Seiten-Roman wurde seither mehr als 800.000-mal verkauft und in 22 Sprachen übersetzt, Sandra Hüller hat das Hörbuch noch im gleichen Jahr für tacheles!/Roof Music eingesprochen. Aron Lehmann hat daraus ein phantasievolles, gut einhundertminütiges Drama über die Liebe unter schwierigen Vorzeichen und die Suche nach dem Sinn im Leben gemacht.
Dabei ist der Tod ein ständiger Begleiter des Lebens und der Liebe. Selma trauert ihrem Gatten immer noch nach, obwohl sie in seinem Tagebuch lesen musste: „Der Sex mit Renate raubt mir den Verstand.“ Und Luise kommt einfach nicht über den Unfalltod Martins hinweg, der beim täglichen Gedächtnis-Spiel im Schienenbus zur Schule aus dem Zug gefallen ist. Sein Vater Palm ist darüber zum Abstinenzler und gläubigen Christen geworden.
„Was man von hier aus sehen kann“ ist ein großartiger, hochkarätig besetzter Film über das Leben, verpasste Chancen, Glück und Trauer, dessen Protagonisten sich gleich zu Beginn vor der Kamera positionierend vorstellen. Seine verwickelte Handlung wird auch durch die ständige Vermischung der Zeitachse nicht konkret fassbar: eine heutige, von der Landschaft und ihren skurrilen Bewohnern lebende Dorfgeschichte mit Zug ins Legenden- und Märchenhafte.
Pitt Herrmann