Große Freiheit Nr. 7

Deutschland 1943/1944 Spielfilm

Filme der NS-Zeit sind im Kontext der staatlich beeinflussten Produktion und Rezeption zu sehen. Mehr erfahren »

Inhalt

Der ehemalige Seemann Hannes ist Alleinunterhalter im "Hippodrom" in Hamburg auf der "Großen Freiheit", das seiner Geliebten Anita gehört. Kurz nach der Wiedersehensfeier mit drei alten Bekannten, muss Hannes ins Krankenhaus. Dort bittet ihn sein Bruder auf dem Sterbebett, sich um ein Mädchen zu kümmern, das er verführt hat. Hannes fährt nach Süddeutschland, sucht Gisa und fährt mit ihr zurück. Dort zieht sie zunächst bei Hannes ein. Er mag sie gern und möchte für sie beide eine Existenz aufbauen. Doch in der Nacht, in der Hannes sich mit ihr verloben will, kommt sie nicht nach Hause: Sie hat sich für den jungen Werftarbeiter Willem entschieden. Als Hannes das erfährt, trennt er sich auch von Anita und fährt mit seinen Freunden wieder zur See.

 

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Demontage eines Helden
Formal haben Helmuth Käutner und sein Kameramann Werner Krien unter schwierigsten Kriegs-Bedingungen ein farbdramaturgisches Wunder vollbracht. Die Elbe glitzert, die Hafenrundfahrt bei Sonne ist Fernweh pur, die Licht/Schatten Spiele auf dem Gesicht von Ilse Werner in der Landsequenz besitzen einen eigenartigen Reiz. Farbe als Erweiterung filmischer Möglichkeiten. Dennoch ist es ein Film der Resignation und Melancholie. Ein alternder ex-Seemann will eine 20jährige für sich gewinnen. Hans Albers singt sich zwar rauhbeinig, polternd und pathetisch mit La Paloma in die Herzen der Zuschauer im Hippodrom auf St. Pauli, aber das Herz, das er erobern will, erreicht er nicht. So bleibt er alleine vor dem liebevoll aufgebauten Tisch mit den Verlobungsgeschenken sitzen. Aus dem rauhen Seemann und "Amüsierfritzen" wird ein Leidender. Demontage der Helden - und das 1943! Ja, hättest Du doch mit der Gisa geredet, Hannes! Trotz aller Dichte der Darstellung ist die Art von Albers, sich polternd über alle Regungen des Herzens hinwegzusetzen, um den Helden zu spielen, dem alles gelingt, heute doch starker Tobak. Wenn dann Sätze fallen wie: "Man glaubt ja gar nicht, was ein Mann alles vergessen kann, wenn er ein Mann ist", wird der Zeithintergrund allzu deutlich. Pathos statt Einsicht: die Seemannsbraut ist ja angeblich die See. Na, denn man - Goede Fahrt!
Heinz17herne
Heinz17herne
Singend und spielend sorgt Hannes für Stimmung im „Hippodrom“ auf St. Pauli, das seiner Geliebten Anita gehört. Immer wieder schwärmt er seinen Freunden Smutje Fiete und Jens von der Fahrt auf Großer See vor. Dabei befindet sich Hannes, der Seemann durch und durch, diesbezüglich im selbstverordneten Ruhestand. Das liegt vor allem an der jungen Gisa, der „Deern“ seines Halbbruders. Dem hatte er auf dem Sterbebett versprochen, sich um sie zu kümmern und Gisa deshalb aus Süddeutschland in den hohen Norden geholt. Aus den väterlichen Gefühlen wird bald mehr, Hannes denkt sogar an eine Verlobung. Doch dann taucht mit Georg Wilhelm Scholz ein junger und sehr flotter Werftarbeiter auf, der Gisa sonntags zum Tanzen ausführt…

„Große Freiheit Nr. 7“ thematisiert Seemannsleid und -sehnsucht reichlich klischeehaft und ist sicherlich weder Helmut Käutners interessantester noch gar bester Film. Aber einer, der gleich mehrfach Geschichte geschrieben hat: Zum einen als ein ganz und gar sentimentaler Streifen, der unter schier unmöglichen Bedingungen während des von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels ausgerufenen „Totalen Kriegs“ gedreht werden musste – in den Babelsberger Ufa-Studios vor den Toren Berlins, in Hamburg und schließlich in Prag. Und überall holten die Bombenangriffe der Alliierten das Käutner-Team ein.

Zum anderen, weil es sich um einen der ersten Farbfilme überhaupt handelt. Beim damaligen Stand der Technik musste stets bei vollem Sonnenlicht gedreht werden, was eine stunden-, bisweilen gar tagelange Warterei des Teams zur Folge hatte. Und das bei all’ den anderen kriegsbedingten Problemen: So war das Drehen im Hamburger Hafen, wo alle Werften, Kontorhäuser und Schiffe mit Tarnnetzen verhängt waren, nur unter größten Schwierigkeiten möglich.

Ein Angriff mit verheerenden Phosphorbomben am 25. Juli 1943 beendete schließlich alle Aktivitäten für diesen ausgewiesenen Hamburg-Film in der Hansestadt, das Team wechselte nach Prag, wurde aber auch dort vom Krieg eingeholt. So konnte „Große Freiheit Nr. 7“ erst ein Jahr nach Drehbeginn fertiggestellt werden – und wurde prompt vom Propagandaministerium verboten. Offizielle Begründung: Er ist „undeutsch“. Weil es keine trinkenden und fluchenden deutschen Seeleute gibt, und schon gar keine Huren, die „Beim ersten Mal, da tuts noch weh“ singen.

Natürlich blanker Unsinn. Das Filmteam um die ortskundigen Hans Albers und Hans Söhnker hat selbst die „Reeperbahn“ auf St. Pauli besucht. Und die Prostituierten hatten es zunächst, wie sich die damals 21-jährige Schauspielerin später erinnerte, gar nicht gern gesehen, dass mit Ilse Werner eine attraktive Geschlechtsgenossin mit dabei war. Erst als sie Hans Albers erkannten, wurden sie friedlich.

Und noch ein Datum fürs Kino-Geschichtsbuch: Ilse Werner spielte mit der Gisa ein „gefallenes Mädchen“, dessen Gefühle schwankten zwischen der Dankbarkeit für Hannes, der sie ungeachtet ihrer Vergangenheit ohne jede Vorbedingung aufgenommen und versorgt hatte, und ihrer Liebe zu Georg Wilhelm, an dessen Seite sie Geborgenheit fühlte. Den sie für seinen Mut und seine Originalität bewunderte. Und mit dem sie – im unsichtbaren Hemdhöschen - im Bett lag: Noch weit vor Hildegard Knef, übrigens als „Mädchen in Havelberg“ in Käutners Spielfilm „Unter den Brücken“ von 1944 zu sehen, eine der ersten Bettszenen im deutschen Kino überhaupt.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Dreharbeiten

    • 05.05.1943 - November 1943: Hamburg und Umgebung, Prag und Umgebung; Ufastadt Babelsberg, Barrandow-Atelier Prag
Länge:
3060 m, 112 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Agfacolor, Ton
Prüfung/Zensur:

Zensur (DE): August 1945, Jugendverbot [Alliierte Militärzensur];
Zensur (DE): 12.12.1944, Für Deutschland verboten;
Zensur (DD): März 1946, Jugendverbot [Alliierte Militärzensur];
FSK-Prüfung: 23.07.1953, B 184, Jugendverbot

Aufführung:

Uraufführung: 15.12.1944, Prag;
Erstaufführung (DE): 06.09.1945, Berlin, Filmbühne Wien;
TV-Erstsendung: 18.09.1967, ZDF

Titel

  • Arbeitstitel Große Freiheit
  • Arbeitstitel Auf der Großen Freiheit
  • Originaltitel (DE) Große Freiheit Nr. 7
  • Verleihtitel (AT) La Paloma

Fassungen

Original

Länge:
3060 m, 112 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Agfacolor, Ton
Prüfung/Zensur:

Zensur (DE): August 1945, Jugendverbot [Alliierte Militärzensur];
Zensur (DE): 12.12.1944, Für Deutschland verboten;
Zensur (DD): März 1946, Jugendverbot [Alliierte Militärzensur];
FSK-Prüfung: 23.07.1953, B 184, Jugendverbot

Aufführung:

Uraufführung: 15.12.1944, Prag;
Erstaufführung (DE): 06.09.1945, Berlin, Filmbühne Wien;
TV-Erstsendung: 18.09.1967, ZDF

Restaurierte und digitalisierte Fassung

Länge:
112 min
Format:
DCP, 1:1,37
Bild/Ton:
Farbe, 1.0

Prüffassung

Länge:
3016 m, 109 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 06.02.1995, 72692, ab 6 Jahre / feiertagsfrei

Auszeichnungen

Schwedischer Krtitikerpreis 1945