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In Rückblenden folgt die Erzählung den Fragen, die sich Chris immer drängender stellen. Warum ist sein aus dem Jemen stammender Freund und Mitbewohner Yunes am 7. September 2001, am Morgen nach einer feuchtfröhlichen Party, plötzlich spurlos verschwunden? Die beiden Studenten hatten sich zwei Jahre zuvor kennengelernt – Yunes suchte ein Zimmer, Chris hatte eines zu vermieten – und schnell Freundschaft geschlossen. Zusammen mit Julia und Nora verbrachten sie ihre Zeit, nicht selten besucht Chris auch Yunes′ Islam-AG an der Uni.
Aus einem Heimaturlaub kam Yunes stark verändert zurück, schien in seinem Glauben fundamentalistischer
geworden zu sein. Die Suche nach den Spuren von Yunes führt Chris nicht nur zu einer Auseinandersetzung mit ihrer gemeinsamen Vergangenheit: Die Anschläge vom 11. September werfen zudem unwillkürlich neue und von der allgemeinen Hysterie verstärkte Fragen nach Zusammenhängen auf – sie wecken Ängste, die seit diesem Tag nicht nur Chris betreffen.
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Chris, die Identifikationsfigur des Films, stößt in einem arabischen Kiez-Laden auf die Anzeige eines Wohnungssuchenden. Da in seiner „WG“ gerade eine Bude freigeworden ist, kann Yunes Al Rana (großartige Wandlungsfähigkeit: Navid Akhavan) sogleich einziehen. Er ist 22 Jahre alt und stammt aus dem Jemen, zeigt sich weltoffen und lebenslustig.
Und hat ein Auge auf die schöne Kommilitonin Nora geworfen, traut sich aber erst mit Hilfe von Chris, sie anzusprechen. So entsteht, ergänzt um Chris’ Freundin Julia, eine munter-unbeschwerte „Viererbande“, die allerhand gemeinsam unternimmt bis hin zu Ausflügen an die winterliche Ostsee. Dass dem lebens- und liebeslustigen Quartett mit Yunes ein Muslim angehört, zeigt sich nur an Kleinigkeiten, die im Zusammenleben nicht weiter ins Gewicht fallen (vor Betreten der Wohnung bitte die Schuhe ausziehen) oder dieses geradezu befruchten (neue Gerichte mit exotischen Gewürzen auf dem Speiseplan).
Erste Irritationen entstehen, zumindest in der Erinnerung von Chris und Julia, nachdem Yunes, der sich an der Uni einer „Islam-AG“ angeschlossen hat, stark verändert von einem „Praktikum“ aus Pakistan zurückkehrt. Plötzlich trägt er einen Vollbart, verrichtet auf einem Teppich in seinem Zimmer regelmäßig inbrünstige Gebete, heftet eine Liste mit verbotenen Speisen und Zutaten an die Kühlschranktür und schmeißt seine Freundin Nora achtkantig aus der Wohnung, nur weil sie einen Mitstudenten geküsst hat.
Aber das gibt sich bald, und auch die undurchsichtige Existenz Raids, eines drogenabhängigen jemenitischen Freundes von Yunes, gibt keinen Anlass zur Besorgnis. Doch dann ist Yunes, nach einer rauschenden Geburtstagsparty, plötzlich spurlos verschwunden - ein paar Tage vor den Ereignissen des 11. September 2001. Und Chris fragt sich zunehmend, wer sein „fremder Freund“ wirklich ist – oder war. Denn ein weiteres Mitglied der „Islam-AG“ hat sich in Israel als Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt...
Elmar Fischer erzählt die von Florian Emmerich auf Digitalvideo gebannte Geschichte, deren Ausgang offen bleibt, nicht chronologisch, sondern, mit dokumentarischen Einschüben, in Rückblenden von seinem Ende her. Und so beginnt „Fremder Freund“ mit Chris, der am Computer sitzt und eine e-Mail an Yunes schreibt: „Ich weiß nicht, was du tust. Ich habe einen schrecklichen Verdacht, für den ich mich schäme.“
Elmar Fischer hat mit dem Mini-Budget von 80.000 Euro eine Art deutschen „Dogma“-Film nach skandinavischem Vorbild gedreht und den Minimalismus zum kreativen Prinzip erklärt. Die Kraft, so Fischer im Stardust-Presseheft, liegt in der Reduktion: „Ohne Geld, ohne Effekte, ohne Action können wir uns auf die Geschichte konzentrieren, und mehr erzählen, auch mehr von uns erzählen.“
Pitt Herrmann