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Alle Fotos (2)Biografie
Günther Rittau, geboren am 7. August 1893 in Königshütte, Oberschlesien (heute Chorzów in Polen), spezialisierte sich bei seinem Studium an der Technischen Hochschule Berlin auf Photo-Chemie und fand nach seinem Einsatz im Ersten Weltkrieg Arbeit in der optischen Industrie. Ab 1919 entwickelte er bei Erich Pommers Decla-Bioscop AG in Berlin Techniken für Spezialaufnahmen in der Abteilung für wissenschaftliche Kultur- und Trickfilme. Parallel ließ er sich an der Filmkamera ausbilden. Ebenso gelang ihm in einer Erich-Pommer-Produktion der Sprung ins Spielfilmgenre: als zweiter Kameramann neben Carl Hoffmann in Fritz Langs Zweiteiler "Die Nibelungen" (1924). Kurz nach dem Erfolg dieses Films stand Günther Rittau ein zweites Mal für Fritz Lang hinter der Kamera, diesmal als zweiter Kameramann zusammen mit Karl Freund für das Science-Fiction-Epos "Metropolis" (1926). Dort zeichnete er neben Freund und Eugen Schüfftan sowie in enger Abstimmung mit den Architekten Otto Hunte, Erich Kettelhut und Karl Vollbrecht verantwortlich für die innovativen Trickaufnahmen mithilfe des Schüfftan-Verfahrens, Stop-Motion-Technik und Mehrfachbelichtung sowie Rückprojektion. Aufgrund seines Engagements für die Entwicklung von neuen Trickfilmverfahren wurde er im Laufe seiner Karriere zum "Wegbereiter der Spielfilmfotografie". (Der Deutsche Kameramann, 20.07.1968)
Für Joe May filmte er mit den beiden Stummfilmen "Heimkehr" (1928) und "Asphalt" (1929) zwei weitere Glanzstücke des Weimarer Kinos. Heute wie damals wird Rittaus Kameraarbeit in "Asphalt" besonders hervorgehoben, wie bereits zeitgenössische Kritiken belegen. Der Film zählt neben "Der letzte Mann" (1924) und "Varieté" (1925) zu den bekanntesten Beispielen für den Einsatz der sogenannten "entfesselten Kamera".
Kurz darauf drehte er zusammen mit Hans Schneeberger den ersten abendfüllenden Ufa-Tonfilm "Die Melodie des Herzens" (1929), dessen Bildgestaltung trotz teils durchwachsener Kritiken große Beachtung erfuhr: "Es ist das ganze Bild, das begeistert. Herrlich photographiert. Eine Sinfonie schöner Bilder aus Budapest und der Puszta" (Der Kinematograph, 17.12.1929) biete die "von Günther Rittau meisterhaft geführte Kamera" (Der Film, 21.12.1929).
Einen neuen Höhepunkt erreichte Rittaus Karriere im Spielfilmbereich nach weiteren Aufträgen für die Decla-Bioscop, Ufa und andere Produktionsfirmen mit der Kameraarbeit beim Tonfilm "Der Blaue Engel" (1930), wieder produziert von Erich Pommer, unter der Regie von Josef von Sternberg. Wegen seines wachsenden Renommees war seine Arbeit zu dieser Zeit besonders für Filme mit tricktechnischem Aufwand gefragt, so beispielsweise bei "F.P. 1 antwortet nicht" (1932) und "Gold" (1934).
Im Dritten Reich wechselte Rittau dann nach einigen weiteren Kameraarbeiten wie beispielsweise "Gold" (1934), "Ritt in die Freiheit" (1936) und "Verklungene Melodie" (1938) vom Kamera- in das Regiefach und drehte u.a. die Kriegs- und Propagandafilme "Brand im Ozean" (1939) für Terrafilm, sein Regiedebüt, in welchem er wieder sein Geschick im Umgang mit Spezialaufnahmen wie Explosionen und Unterwasserszenen bewies, sowie "U-Boote westwärts" (1941), der neben handwerklicher Meisterschaft starke propagandistische und kriegsverherrlichende Tendenzen aufweist und daher bis heute als "Vorbehaltsfilm" eingestuft ist. Bis Kriegsende führte Rittau weiterhin ausschließlich Regie, unter anderem bei "Der Strom" (1942) und "Die Jahre vergehen" (1944).
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs drehte Günther Rittau überwiegend Heimat- und Werbefilme und gründete seine eigene Produktionsfirma Stella-Film GmbH, von welcher heute nur noch "Vor uns liegt das Leben" (1948) bekannt ist. Der unternehmerische Erfolg blieb aus, daher stellte die Firma die Arbeit bald wieder ein.
Nach seiner letzten Spielfilmregie bei "L'Amour" (1954) widmete er sich mit "Das Kreuz am Jägersteig" (1954) wieder der Kameraarbeit, die er bis zum Ende seiner Karriere verfolgte. Sein Arbeitsmittelpunkt lag nun in München, wo er für Produktionen der König-Film KG und Erich Pommers Intercontinental Filmgesellschaft mbH die Kamera führte. Für letztere drehte er seine bekannteste Kameraarbeit der 1950er, "Kinder, Mütter und ein General" (1955) in der Regie von Laslo Benedek.
Mit Werbefilmen für die Ceres-Filmproduktion in Frankfurt am Main und der Fernsehserie "Vati macht alles" (1961) gelang ihm in den 1960er Jahren auch der Wechsel ins Fernsehgewerbe.
Günther Rittau stand den Entwicklungen, die der Junge Deutsche Film in den 1960er Jahren nahm, kritisch gegenüber – vor allem was die Bildgestaltung betraf. Über Herbert Veselys "Das Brot der frühen Jahre" (1962) sagte er: "Das ist Neue Welle mit Gewalt, mehr nicht. Unscharf fotografieren ist noch keine Kunst." (Abendpost, Frankfurt am Main, 01.07.1962)
Nochmals große Aufmerksamkeit erhielt der Kameramann und Regisseur 1967, als er beim Deutschen Filmpreis mit dem Filmband in Gold für langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film ausgezeichnet wurde.
Während seiner Karriere übte Günther Rittau großen Einfluss auf weitere Kameramänner aus, die ebenfalls ihren Platz in der deutschen Filmgeschichte fanden, etwa Konstantin Tschet, Otto Baecker oder Ernst W. Kalinke. Sein Ruf als einer der bedeutendsten Kameramänner des Stumm- und frühen Tonfilms, der sich früh gegen den bloßen Naturalismus im Filmbild und -ton aussprach und die symbolische und auch irreale, emotionale Kraft des Filmbildes zu nutzen verstand, hatte stets Bestand. So betonte die Zeitschrift Film-Echo, er habe "entscheidend das Bild des deutschen Films vor 1945 mitgeprägt". (Film-Echo, 26.07.1968)
Am 6. August 1971 starb der inzwischen erblindete Günther Rittau einen Tag vor seinem 78. Geburtstag in München.
Autorin: Kristina Rose
Dieser Text wurde im Rahmen des Masterstudiengangs "Filmkultur - Archivierung, Programmierung, Präsentation" erstellt, der von der Goethe-Universität Frankfurt am Main und dem Deutschen Filminstitut gemeinsam angeboten wird.