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Alle Fotos (4)Biografie
Anny Ondra (bürgerlich: Anna Sophie Ondráková) wurde am 15. Mai 1902 in Tarnów, Polen (damals: Österreich-Ungarn) als Tochter eines tschechischen k.u.k.-Offiziers geboren. Sie wuchs in Prag auf, wo sie bereits in jungen Jahren als Statistin am Theater Svandovo Divadlo auf der Bühne stand. Als sie im Alter von 15 Jahren in einer Inszenierung von Wedekinds "Lulu" mitwirkte, wurde der Filmregisseur und Produzent Gustav Machatý auf sie aufmerksam. Unter seiner Regie gab sie 1919 ihr Filmdebüt, in der Titelrolle der Komödie "Die Dame mit dem kleinen Fuß" ("Dáma s malou nožkou").
Der Durchbruch gelang Ondra 1920 unter der Regie und an der Seite von Carl Lamač in der Komödie "Gilly poprvé v Praze" ("Gilly zum ersten Mal in Prag"). In den nächsten Jahren arbeitete sie überwiegend mit Lamač zusammen und avancierte zu einer der populärsten Komödiantinnen des tschechischen Films, meist in leicht überdrehten Rollen.
Vereinzelt wirkten Lamač und Ondra in den ersten Jahren auch in Filmen anderer Regisseure mit, so zum Beispiel 1922 in den Wiener Produktionen "Hütet eure Töchter" und "Führe uns nicht in Versuchung" (Regie jeweils: Sidney M. Goldin), in denen Ondra als unschuldiges Mädel ins Halbwelt-Milieu hineingezogen wird.
Doch erst ab 1926 stand Anny Ondra regelmäßig für deutsche Produktionen vor der Kamera, auch hier meist unter Lamačs Regie. Große Erfolge erzielte sie mit "Evas Töchter" (1928) und "Sündig und süß" (1929), in denen sie Paraderollen als kecke und übermütige junge Frau spielte. Zum Klassiker avancierte die Rollentausch-Komödie "Saxophon-Susi" (1928), in der sie die Titelfigur verkörperte.
Unter der Regie von Alfred Hitchcock sah man sie in dem Liebesdrama "The Manxman" ("Der Mann von der Insel Man", GB 1929) und vor allem in der Hauptrolle des Thrillers "Blackmail" ("Erpressung", GB 1929), was sie zu einer der ersten typischen "Hitchcock-Blondinen" macht. "Erpressung" wurde als Stummfilm begonnen, und erst im Laufe der Produktion entschied man, aus ihm den ersten englischen Tonfilm zu machen. Da Ondras Englischkenntnisse begrenzt waren, ließ Hitchcock sie von der britischen Schauspielerin Joan Barry synchronisieren – damals ein absolutes Novum. Die Synchronisation erfolgte denn auch auf improvisierte Weise: Ondra bewegte vor der Kamera die Lippen, Barry sprach dazu den Text aus dem Off. Damit war Barry die erste Synchronsprecherin (im wahrsten Wortsinn) und Ondra die erste fremdsprachig synchronisierte Schauspielerin der Filmgeschichte.
1930 gründeten Ondra und Lamač in Berlin die Ondra-Lamač-Film GmbH, die sich auf die Produktion – oft musikalischer – Lustspiele konzentrierte, häufig in mehreren Sprachfassungen. Der ersten Produktion – die Militärkomödie "Der falsche Feldmarschall" (CZ/DE 1930) – folgten Publikumshits wie die Tonfilmgroteske "Die vom Rummelplatz" (1930, Ondras erster "selbst gesprochener" Tonfilm) und die possenhaft angelegte Operettenverfilmung "Die Fledermaus" (1931), aber auch die Edgar-Wallace-Adaption "Der Hexer" (1932) und die Dickens-Adaption "Klein Dorrit" (1934), in der Ondra die tragikomische Titelrolle spielte.
Nach der Machtübernahme der Nazis Anfang 1933 konnte Ondra ihre Karriere nahtlos fortsetzen. Im Juli 1933 heiratete sie den weltberühmten Boxer Max Schmeling, mit dem sie auch einen Film drehte: die Sport- und Liebeskomödie "Knock-out" (1935), einmal mehr unter Lamačs Regie. Der Schriftsteller Hans Leip widmete dem Paar das Buch "Max und Anny. Romantischer Bericht vom Aufstieg zweier Sterne" (1935).
Im Herbst 1937 startete der letzte gemeinsame Film von Lamač und Ondra in den Kinos: "Der Scheidungsgrund" (CZ/DE). Wenig später verließ Lamač Deutschland, da die Produktionsbedingungen sich für ihn zusehends schwieriger gestalteten.
In den nächsten Jahren wurden Ondras Filmrollen deutlich weniger. Mit Regisseur Géza von Bolváry drehte sie die Liebeskomödie "Der Unwiderstehliche" (1937), mit Hans Deppe die Liebeskomödie "Narren im Schnee" (1938). 1941 sah man sie als Partnerin Heinz Rühmanns in der Spoerl-Verfilmung "Der Gasmann". Die Familienkomödie "Himmel, wir erben ein Schloß" (1942) war ihr vorerst letzter Film.
Im deutschen Nachkriegsfilm sah man sie lediglich 1951 als Revuestar in "Schön muss man sein" und 1957 in einer Gastrolle von Helmut Käutners "Die Zürcher Verlobung".
1970 erhielt sie beim Deutschen Filmpreis einen Ehrenpreis “für langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film”.
Anny Ondra starb am 28. Februar 1987 in in Dierstorf-Heide, Samtgemeinde Hollenstedt. Sie wurde in Hollenstedt beigesetzt, wo 2005 auch ihr Ehemann Max Schmeling seine letzte Ruhestätte fand.