Im Winter ein Jahr

Deutschland 2007/2008 Spielfilm

Inhalt

Das Leben in der scheinbar intakten Familie von Eliane und Thomas Richter bricht plötzlich zusammen, als der 19-jährige Sohn Alexander auf tragische Weise ums Leben kommt. Um über den Verlust hinwegzukommen, beauftragt die tiefverstörte Mutter den berühmten Maler Max Hollander, ein Porträt nach Fotos von Alexander zusammen mit seiner Schwester Lilli zu malen. Lilli hat selbst große Probleme. Die talentierte 22-jährige Tanz- und Gesangsstudentin verliert die Chance, eine Hauptrolle zu tanzen, als sie Krach mit ihrer Lehrerin bekommt. Es läuft auch nicht gut mit ihrem Freund, einem Künstler, an den sie sich zu sehr klammert. Und schließlich findet sie den Plan ihrer Mutter, ihren toten Bruder "als Dekoration" an die Wand zu hängen, idiotisch.

Durch die Begegnung mit dem wesentlich älteren Maler beginnt Lilli wieder Selbstvertrauen zu gewinnen. Max wird immer stärker in das komplexe, emotional aufgeladene Familiengeflecht hineingezogen. Auch im Leben des Malers haben persönliche Verluste tiefe Spuren hinterlassen. Zusammen gelingt es ihnen, sich mit ihrer schmerzhaften Vergangenheit auseinanderzusetzen.

So entsteht in Caroline Links neuem Film eine bewegende Innensicht der Figuren, ein komplexes Familienporträt sowie ein höchst spannungsreiches Psychogramm einer intensiven, ungewöhnlichen Begegnung.

Quelle: 59. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)

 

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Falk Schwarz
Alles in der Schwebe
Der junge Mann tanzt im Garten mit den Schneeflocken. Er dreht sich um sich selber, ist ganz versunken in sich, seine Mutter (Corinna Harfouch) filmt ihn, während die Schwester von ihrem Zimmer aus zuschaut. Später erfahren wir, dass dieser Junge sich das Leben genommen hat. Die Mutter kann mit ihrem Schmerz nicht umgehen und wie eine Loslösung aus der Krise, beauftragt sie einen Maler (Josef Bierbichler), ein Bild des toten Jungen mit seiner Schwester zu malen. Der Maler muss sich hineinfinden in die Familie. Die Tochter Lilli (Karoline Herfurth) soll ihm Modell stehen und Fragen beantworten. Doch sie findet diese Idee ihrer Mutter „idiotisch“. Und wie die Anfangssequenz so kreist der ganze Film mit Bildern immer wieder um diese Leerstelle, die der Sohn hinterlassen hat. Lilli nähert sich dem Maler an, aber er bleibt hölzern, abwartend und doch wächst langsam so etwas wie eine Zuneigung zwischen ihnen. Die Ehe der Eltern zerbricht und nach vielen wenig zielführenden Episoden stellt sich die Frage, wohin denn der Film eigentlich will. Zwar lässt sich die Leichtigkeit spüren, mit der die Regisseurin das Thema umkreist und Josef Bierbichler zuzuschauen ist immer wieder beeindruckend, aber Lillis innerer Prozess lässt auf sich warten. Der Film wird lang, sehr lang, weil alles in Andeutungen steckenbleibt. Es erinnert an ein Aquarell, wo die Farben vor lauter Hingetupftem ineinanderlaufen. Die Eltern gehen getrennte Wege, Lilli verliert ihren Job, Maler Max denkt darüber nach, ob er vielleicht schwul ist, Lilli wird von ihrem Freund brutal herausgeschmissen. So kreist die Kamera um das Schicksal dieser Vier, ohne eine neue Perspektive zu finden. Als das Porträt fertig ist, sagt die Mutter: „Ich mag es nicht“. Der Max schaut es an und sagt: „Irgendetwas stimmt nicht“. Als die ersten Schneeflocken fallen, schaut Lilli zum Himmel, sieht noch einmal das Traumbild ihres Bruders und geht lachend davon. Trauerarbeit abgeschlossen. Irgendetwas stimmt nicht mit diesem Film...
Heinz17herne
Heinz17herne
Caroline Link hätte sich in ihrem schwebend-leichten, letzte Fragen bewusst offen haltenden Film „Im Winter ein Jahr“, dem ersten nach „Nirgendwo in Afrika“, für den sie 2002 den „Oscar“ gewann, auf die Maler-und-Modell-Szenen konzentrieren sollen, schon allein der herausragenden Protagonisten Karoline Herfurth und Josef Bierbichler wegen. Die ganz selbstverständlich gleichgewichtig nebeneinander agieren, weil sich der „Sepp“ als bajuwarischer Grantler der Film-Nation stark zurückgehalten hat und die 1984 geborene Ost-Berlinerin und Ernst Busch-Absolventin Karoline Herfurth gegenüber diesem ansonsten die ganze Leinwand für sich beanspruchenden Trumm von einem Mann mehr als nur behaupten kann.

Caroline Links ausufernde Familienepisoden mit Inka Friedrich und Hansa Czypionka, aber auch die der hierzulande völlig unbekannten US-Vorlage geschuldete und daher überflüssige Schwulen-Problematik lassen den in seinem Kern hochkonzentrierten Film über Trauer und Verlust, Verdrängung und Kompensation an seinen Rändern ausfransen. Der ansonsten neben der großartigen Besetzung auch mit Bella Halbens Kamera punkten kann: Neben grandiosen Cinemascope-Bildern bayerischer Landschaften stehen geradezu bildkünstlerisch komponierte und spannungsreich inszenierte Kammerspiel-Szenen im Atelier Hollanders. Dessen nicht minder beeindruckende Gemälde vom renommierten Münchner Maler Florian Süssmayr stammen.

Caroline Link im Constantin-Presseheft: „Nach dem Tod meines Vaters war ich tatsächlich zutiefst erschüttert. Jeder, der selbst einen geliebten Menschen verloren hat, kann vielleicht verstehen, was ich meine. Man kann es nicht erklären. Ich habe erst da begriffen, was Tod bedeutet. Jemand den man liebt, kommt absolut nie, nie wieder, nie mehr durch diese Tür, niemals mehr in meinen Arm. Das Endgültige tat furchtbar weh. Womöglich auch noch Schuld zu tragen am Tod dieses Menschen, im Film des eigenen Kindes, ist unvorstellbar. Als ich Scott Campbells Roman gelesen habe, hat mich sicher dieser Schockzustand, in dem sich die Familie befindet, stark betroffen, aber auch die Elemente Kunst, Malerei, Musik. Ich habe mich hingezogen gefühlt zu dem verwirrten und bedürftigen Mädchen Lilli, und mir ihre Beziehung zu dem Maler im Kopf zurechtgebastelt, so wie ich sie sehen wollte. Warum mich diese Beziehung zwischen einem Mädchen und einem wesentlich älteren Mann interessiert, weiß ich nicht. Das ist eben so, und ich nehme es so hin. Mein Unterbewusstsein lässt sich mir nicht so leicht erklären. Lilli und Max, das ist für mich eine sehr attraktive Verbindung.“ Die Free-TV-Premiere erfolgte am 28. Dezember 2011 in der ARD.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Regie-Assistenz

Drehbuch

Kamera

Kamera-Assistenz

Steadicam

Außenrequisite

Innenrequisite

Kostüme

Schnitt

Ton-Assistenz

Geräusche

Mischung

Darsteller

Executive Producer

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Dreharbeiten

    • 10.07.2007 - 11.09.2007: München, Krams (Brandenburg)
Länge:
3510 m, 128 min
Format:
35mm, 1:2,35
Bild/Ton:
Farbe, Dolby SRD
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (De): 01.08.2008, 114828, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (CA): 09.09.2008, Toronto, IFF;
Erstaufführung (DE): 21.10.2008, Hof, Internationale Filmtage;
Kinostart (DE): 13.11.2008

Titel

  • Originaltitel (DE) Im Winter ein Jahr

Fassungen

Original

Länge:
3510 m, 128 min
Format:
35mm, 1:2,35
Bild/Ton:
Farbe, Dolby SRD
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (De): 01.08.2008, 114828, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (CA): 09.09.2008, Toronto, IFF;
Erstaufführung (DE): 21.10.2008, Hof, Internationale Filmtage;
Kinostart (DE): 13.11.2008

Digitalisierte Fassung

Format:
DCP
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

Aufführung (DE): 14.11.2024 [Wiederaufführung]

Auszeichnungen

Giffoni Film Festival 2009
  • Crystal Gryphon Campania Bank Award , Sektion 16+
Deutscher Filmpreis 2009
  • Lola in Silber, Bester Spielfilm
  • Lola, Beste Filmmusik
Bayerischer Filmpreis 2009
  • Beste Regie
  • Beste Nachwuchsdarstellerin