Biografie
Hellmuth Costard wurde am 1. November 1940 in Holzhausen geboren, das mittlerweile Teil von Leipzig ist. Er studierte Psychologie in Hamburg und begann dort ab 1964 erste Filme zu drehen. Kurze Zeit später gründete er mit weiteren Filmschaffenden die Hamburger Filmmacher Cooperative, die sich am Vorbild des US-amerikanischen New Cinema orientierte.
1968 reichte Costard seinen Film "Besonders wertvoll" bei den Kurzfilmtagen Oberhausen ein. Obwohl der Film vom Auswahlausschuss angenommen worden war, kam es nicht zur Aufführung, da sich die Festivalleitung dagegen sperrte. Als provokante Aktion gerichtet gegen die "Sittenklausel" des just verabschiedeten Filmförderungsgesetzes ließ "Besonders wertvoll" unter anderem einen sprechenden Penis zu Wort kommen. Als Reaktion auf den Ausschluss des Films drohten bis auf Werner Herzog alle deutschen Filmemacher mit dem Boykott des Festivals, das dadurch kurz vor dem Abbruch stand, bis "Besonders wertvoll" schließlich am Studienkreis Film der Ruhr-Universität Bochum laufen konnte.
Nach "Die Unterdrückung der Frauen ist vor allem an dem Verhalten der Frauen selber zu erkennen" (1969), in dem ein männlicher Schauspieler als Hausfrau die Monotonie der Hausarbeit durchexerziert, ließ Costard in den 1970er Jahren viele weitere experimentelle Werke folgen, welche oft die Grenzen von Dokumentar-, Spiel- und künstlerischem Film verschoben und verwischten. In "Fußball wie noch nie" (1976), einer besonderen Form der 90-minütigen Sportübertragung, folgte er mit mehreren Kameras lediglich einem Spieler – George Best. "Der kleine Godard" (1978) zeigt Costard in einer selbstreflexiven Rolle als Antragsteller Costard, der über die richtige Form eines Förderungsantrags sinniert, bis der "große" Jean-Luc Godard zur Hilfe kommt.
In den 1980er Jahren folgten Filme wie "Echtzeit" (1983), ein essayistischer Spielfilm über den Menschen im beginnenden Computerzeitalter, den er zusammen mit Jürgen Ebert erarbeitete, und der Dokumentarfilm "Krieg um Zeit" (1985). Da es in den Achtzigern für Costard immer schwieriger geworden war, Fördermittel für seine Filmvorhaben einzuwerben, widmete sich der technikinteressierte Bastler auch anderen Projekten, etwa der "Sun-Machine", einem kostengünstigen und effizienten Gerät zur Nutzung von Sonnenenergie. Nach "Krieg um Zeit" erschien 1993 nach langer Produktionszeit schließlich nur noch ein wichtiger Spielfilm, das surrealistische Science-Fiction-Werk "Aufstand der Dinge".
Am 20. Juni 2000 starb Hellmuth Costard in Oberhausen an Krebs. Seinen letzten Film "Vladimir Günstig - Eine trojanische Affäre" konnte er nicht mehr fertigstellen. Der Regisseur hinterließ große Mengen unsortiertes und verstreutes Material, das nach seinem Tode vor allem von Bernd Upnmoor, Freund und Kameramann Costards, ausgewertet wurde.