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Alle Fotos (30)Biografie
Hans Walter Conrad Veidt, geboren am 22. Januar 1893 in Berlin, brach seine schulische Gymnasialausbildung aufgrund unzureichender Leistungen im Jahr 1912 ab. Schon im Jahr darauf begann er jedoch eine andere, für ihn wegweisende Ausbildung, als er sich an Max Reinhardts Theaterschule am Deutschen Theater einschrieb und noch im selben Jahr sein Bühnendebüt absolvierte. Es folgten Auftritte in kleinen und mittleren Rollen, aber noch bevor Veidt seine Schauspielausbildung beenden konnte, wurde er 1915 zum Militärdienst im Ersten Weltkrieg eingezogen und an die Ostfront geschickt; 1916 stellte man ihn nach einer Gelbsucht-Erkrankung frei. Veidt trat in den folgenden Monaten an verschiedenen Fronttheatern auf und kehrte im September 1916 nach Berlin zurück, wo er ein Engagement am Deutschen Theater erhielt. Von 1919 bis 1921 spielte er an den Barnowsky-Bühnen, in der Spielzeit 1922/23 am Renaissance-Theater.
Parallel zu seiner Theaterarbeit startete Veidt nach seiner Kriegsheimkehr eine Filmkarriere. Sein Debüt vor der Kamera gab er als Liebhaber einer Gräfin in dem Drama "Der Weg des Todes" (1916/17). Aufgrund seiner markanten äußeren Erscheinung – hochgewachsen, hagere Statur, schmale Wangen, ausdrucksvolle Stirn, markanter Mund und große Augen sowie ein stechender Blick – spielte er häufig geheimnisvolle und dämonisch blickende Figuren, so etwa einen indischen Priester in Robert Wienes "Furcht" (1917) oder Satan in "Der nicht vom Weibe Geborene" (1918; Regie: Franz Eckstein, Rosa Porten).
1917 begann Veidts langjährige Zusammenarbeit mit dem Regisseur Richard Oswald. Bis 1937 wirkte er als Hauptdarsteller in mehr als 20 Oswald-Filmen mit. In dessen Sitten- und Aufklärungsfilmen wie "Das Tagebuch einer Verlorenen" (1918), "Anders als die Andern" (1919), "Der Reigen" (1920) und "Lady Hamilton" (1921) avancierte er zu einem der populärsten und neben Emil Jannings höchstbezahlten Stars des deutschen Films. Häufig verkörperte er gesellschaftliche Außenseiter, elegante Negativfiguren oder gebrochene Helden, so etwa einen homosexuellen Geiger, der nach einer Erpressung Selbstmord begeht, in "Anders als die Andern".
Mit seiner bizarren Körpersprache etablierte sich Veidt als idealer und stilbildender expressionistischer Schauspieler, zugleich festigten seine Rollen unter Oswald sein Image als Spezialist für dämonische oder getriebene Charaktere. F.W. Murnau zum Beispiel besetzte ihn in seiner "Dr. Jekyll und Mr. Hyde"-Adaption "Der Januskopf" (1920). Robert Wiene gab ihm die Rolle des willenlos mordenden Mediums Cesare in seinem Meisterwerk "Das Cabinet des Dr. Caligari" (1920) – bis heute einer seiner prägendsten Filmauftritte. Vier Jahre später spielte er in Wienes "Orlacs Hände" die Titelrolle eines genialen Pianisten, dem nach einem Unfall die Hände eines hingerichteten Mörders transplantiert werden.
1919/20 führte Veidt in eigener Produktion und mit sich selbst als Hauptdarsteller bei den Filmen "Wahnsinn" und "Die Nacht auf Goldenhall" Regie.
Weitere wichtige Rollen dieser Jahre waren unter anderem der Maharadscha in "Das indische Grabmal" (1921; Regie: Joe May), Iwan der Schreckliche in "Das Wachsfigurenkabinett" (1924; Regie Paul Leni) und die Titelrolle in "Der Student von Prag" (1926; Regie Henrik Galeen). Nur vereinzelt sah man Veidt, den "'Dämon' des deutschen Stummfilms" (Hans-Michael Bock), in freundlicheren Rollen, etwa als liebevollen Vater in Paul Czinners "Der Geiger von Florenz" (1926).
Durch die Vermittlung des Schauspielers John Barrymore drehte Veidt zwischen 1927 und 1929 vier Filme in Hollywood - darunter der Klassiker "The Man Who Laughs" ("Der Mann, der lacht", 1928) -, konnte mit seinem expressiven Stil im amerikanischen Kino des aufkommenden Tonfilms jedoch nicht nachhaltig reüssieren. Im deutschen Tonfilm hingegen konnte er unter anderem mit Eric Charells Klassiker "Der Kongress tanzt" (1931), Gerhard Lamprechts Abenteuerfilm "Der schwarze Husar" (1932) und Karl Hartls Science-Fiction-Film "F.P. 1 antwortet nicht" (1933) mehrere Erfolge feiern. Seine letzte Rolle in Deutschland spielte er 1933 als Hermann Gessler in der Filmbiografie "Wilhelm Tell" (D/CH Regie: Heinz Paul).
Nach der Machtübernahme durch die Nazis 1933 ging Veidt mit seiner jüdischen Frau nach Großbritannien. Dort verkörperte er 1934 die Titelrolle in der Feuchtwanger-Verfilmung "Jew Süss" (Regie: Lothar Mendes), die – im Gegensatz zum Hetzfilm "Jud Süß" der Nazis im Jahr 1940 - kein rassistisch verzerrtes Bild des Joseph Süß Oppenheimer zeichnete. Im Gegenteil: Wegen "prosemitischer Tendenz" wurden der Film und vor allem Conrad Veidt in Deutschland verketzert. In England besetzte man Veidt, der 1938 britischer Staatsbürger wurde, häufig in Agentenfilmen wie "Dark Journey" ("Dunkle Geschäfte", UK 1937, Regie: Victor Saville), "The Spy in Black" ("Der Spion in Schwarz", UK 1939, Regie: Michael Powell), "Contraband" (UK 1940, Regie: Michael Powell), in denen sein deutscher Akzent keinen dramaturgischen Bruch darstellte . Daneben wirkte er aber auch in Abenteuerfilmen wie dem mehrfach preisgekrönten Kassenhit "The Thief of Baghdad" (Der Dieb von Bagdad, UK 1940) mit, der zugleich sein einziger Farbfilm war.
1940 ging Veidt erneut nach Hollywood, wo er sich sowohl privat als auch in seinen Rollen antifaschistisch engagierte. So spielte er in Jules Dassins "Nazi Agent" (1942) in einer Doppellrolle Zwillingsbrüder, die nach der Geburt getrennt wurden, und von denen einer zu einem patriotischen Amerikaner, der andere hingegen zu einem hochrangigen Nazi heranwuchs. Seine bekannteste Rolle in Amerika dürfte gleichwohl der Nazi-Major Heinrich Strasser in Michael Curtiz' Kultfilm "Casablanca" (1942) sein – wenngleich dieser Auftritt in den 1950er Jahren aus der deutschen Verleihfassung herausgeschnitten und erst in den 1970er Jahren wieder ergänzt wurde. Seine letzte Filmrolle spielte Veidt 1943 in dem amerikanischen Spionagefilm "Above Suspicion" ("Gefährliche Flitterwochen") an der Seite von Joan Crawford und Fred MacMurray.
Am 3. April 1943 starb Conrad Veidt auf einem Golfplatz in Hollywood an einem Herzinfarkt.