Morgen eröffnet in der Bundeskunsthalle in Bonn die Ausstellung "Methode Rainer Werner Fassbinder. Eine Retrospektive", die sich vom 10. September 2021 bis zum 6. März 2022 dem Schaffen des Regisseurs, Autors, Schauspielers und Produzenten widmet. Die Ausstellung ist eine Kooperation der Bundeskunsthalle, Bonn, mit dem DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, Frankfurt am Main, und der Rainer Werner Fassbinder Foundation, Berlin.
Rainer Werner Fassbinder (1945–1982) gilt als einer der wichtigsten Vertreter des Neuen Deutschen Films. Wie kaum ein anderer Künstler hat er durch sein Werk das intellektuelle Bild Nachkriegsdeutschlands geprägt und inspiriert. Die Ausstellung präsentiert ein umfassendes Porträt des großen deutschen Filmemachers im Spiegel seiner Zeit. Seine Arbeiten und seine Biografie werden in der Ausstellung anschaulich mit der damaligen deutschen Lebensrealität verknüpft.
Fassbinders Exponiertheit, seine kreative Unangepasstheit und künstlerische Radikalität führten zu inzwischen legendären Filmen, Fernseh- und Theaterstücken, wie "Angst essen Seele auf", "Die Ehe der Maria Braun", "Acht Stunden sind kein Tag", "Berlin Alexanderplatz" oder "Querelle", die sich in das kollektive Bildgedächtnis eingeschrieben haben. Er war in seinem kurzen Leben äußerst produktiv: Er hat 26 Filme selbst oder koproduziert, ist in 21 Filmen anderer Regisseure sowie in 19 eigenen als Darsteller bzw. Gast aufgetreten. Er hat zudem 14 Theaterstücke geschrieben, sechs neu bearbeitet und 25 inszeniert. Vier Hörspiele und 37 Drehbücher sind entstanden; an 13 Drehbüchern arbeitete Fassbinder mit anderen Autoren zusammen. In der retrospektiven, chronologisch orientierten Ausstellung wird Fassbinders Œuvre als Gesellschaftsdokument in Kombination mit Archivmaterial präsentiert.
Fassbinder war ein Künstler, dem in seinen Werken die Synthese aus radikaler Subjektivität und gesellschaftlicher Analyse gelang. Seine Bildsprache changierte dabei von Beginn an virtuos zwischen Theater, Film/Fernsehen und Zeitdokument.
Er lebte und forderte Intensität. Seine manchmal sperrige, kritische Haltung bei gleichzeitig liebevoller Darstellung und Zeichnung der Menschen war ohne Rücksicht auf ihre jeweiligen Milieus von beispielloser, aber auch zutiefst respektvoller Konsequenz. Das schon zu seinen Lebzeiten oft kontrovers diskutierte Werk Fassbinders hat bis heute nichts von seiner Relevanz, Intensität und Strahlkraft verloren.
Auch das erweiterte, familiäre System seines "Kollektivs" spielt eine Rolle in der Ausstellung. Die "Familienbildung" hatte Methode, und Künstlerinnen und Künstler wie Harry Baer, Ingrid Caven, Irm Hermann, Peer Raben, Hanna Schygulla oder Kurt Raab begleiteten ihn fast seine gesamte Schaffenszeit – dies wird eine weitere Linie in der Ausstellung bilden.
Beleuchtet werden ebenfalls filmische, literarische und musikalische Vorbilder und Quellen, die Fassbinder stark prägten und deren Einflüsse sein Werk durchziehen. Das Ziel der Ausstellung ist es, auf eine Spurensuche zu gehen und Fassbinder auch einem breiteren Publikum in all seinen Facetten vorzustellen – untrennbar verbunden mit der deutschen Kultur, Gesellschaft und Politik. In allen Werken wird dem Betrachter subtil oder ganz offensichtlich der Spiegel vor Augen gehalten. "Alles Vernünftige interessiert mich nicht", sagt er 1980, und so sind viele seiner Bilder und Themen, wie Antisemitismus, Migration oder Rollenklischees und Queerness radikal, innovativ, ungewöhnlich und bahnbrechend. Sie wurden zu ihrer Zeit teilweise von großer Kritik begleitet, finden aber bis heute ungebrochen ihren Widerhall. Auch zutiefst ehrliche, zwischenmenschliche Handlungen und soziale Gefüge wurden von ihm in großer Intensität als Abbilder der Gesellschaft visualisiert, so war es für ihn "... immer wichtig, Filme zu drehen über Menschen und deren Verhältnis zueinander, deren Abhängigkeit voneinander und von der Gesellschaft."
Die multimediale Ausstellung wird von einem umfangreichen Filmprogramm begleitet. Eine filmische Retrospektive findet am Eröffnungswochenende 10. und 11. September statt.
Quelle und weitere Informationen: www.bundeskunsthalle.de
filmportal.de hat das Ausstellungsprojekt zum Anlass genommen, die Einträge von über 150 Personen, die mit Rainer Werner Fassbinder vor und hinter der Kamera zusammenarbeiteten, zu bündeln, zahlreiche Filmografien und Biografien zu aktualisieren oder neu zu erstellen und mit Bildmaterial auszustatten.
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