Marburger Kamerapreis 2025 geht an Caroline Champetier

Die in Frankreich geborene Bildgestalterin Caroline Champetier erhält den mit 5.000 Euro dotierten Marburger Kamerapreis 2025.

 

Die Philipps-Universität Marburg und die Universitätsstadt Marburg vergeben den von Prof. Dr. Malte Hagener, Christian Alexius und dem Fachdienst Kultur geleiteten und organisierten Marburger Kamerapreis zum 24. Mal. Caroline Champetier nimmt den Preis am Mittwoch, den 30. April 2025 entgegen.

Vom 30. April bis 02. Mai 2025 finden die 26. Bild-Kunst Kameragespräche rund um die Preisvergabe in den Filmkunsttheatern im Capitol Marburg statt.

Ihre Wahl begründet der Beirat wie folgt:
"Ihr Schaffen zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich die gesamte Bandbreite an bildgestalterischen Möglichkeiten in ihren Filmen virtuos zu Nutzen macht. Daher ist der beobachtende Blick ihrer Kamera auch nie End-, sondern stets Ausgangspunkt für filmische Erkundungen, die Licht, Farbe, Kamerabewegungen und -effekte nutzen, um Realität zu transformieren und filmisch erfahrbar zu machen."

"Dabei schlägt sie eine Brücke zwischen Filmschaffenden der französischen Nouvelle Vague wie Jean-Luc Godard, Jacques Rivette und François Truffaut, an deren Arbeiten sie in den 1980er und 1990er Jahren als Kameraassistentin und DOP mitwirkte, und einer neuen Generation von Filmschaffenden und insbesondere weiblichen Regisseurinnen wie Christine Angot, Anne Fontaine und Ounie Lecomte."

"Champetier [lässt] die filmische Form immer wieder punktuell in den Vordergrund treten, um einem bestimmten Gefühl oder einem Bewusstseinszustand ihrer Figuren Ausdruck zu verleihen. Dazu gehören die Überblendungen in 'Alice et Martin' ('Alice und Martin', 1998, R: André Téchiné) vom Protagonisten auf sein jüngeres Ich und seinen verstorbenen Vater ebenso wie die Hände der Pianistin vor ihrem vermeintlich letzten Konzert in 'Villa Amalia' (2009, R: Benoît Jacquot), die in Zeitlupe zu erstarren drohen."

Die Entscheidung für Caroline Champetier fiel einstimmig aus.

Caroline Champetier wurde am 16. Juli 1954 in Paris geboren. Da ihre Eltern strenge Vorstellungen hatten, waren Kinobesuche in ihrer Jugend eine Seltenheit – und deshalb umso prägender. Sie absolvierte ein dreijähriges Filmstudium am Institut des hautes études cinématographiques (IDHEC) in Paris, das heute als La Fémis zu den renommiertesten Filmschulen Frankreichs zählt. Dort entdeckte sie ihre Leidenschaft für die Kameraarbeit und die Kunst der Bildgestaltung. Von 1976 bis 1985 sammelte Champetier erste Erfahrungen als Kameraassistentin bei William Lubtchansky und Nouvelle-Vague-Regisseur Jacques Rivette. Später übernahm sie selbst die Rolle als Bildgestalterin, unter anderem bei Rivettes Filmen "Le Pont du Nord" ("An der Nordbrücke", 1981) und "La bande des quatres" ("Die Viererbande", 1988). Mit ihrem Debüt als Kamerafrau bei Jacques Rivettes Film "Le Pont du Nord" wurde sie national bekannt, und es folgten Kooperationen mit renommierten Regisseur*innen wie Jean-Luc Godard, Jacques Doillon, Benoît Jacquot und Chantal Akerman.

Zu ihren bekanntesten Arbeiten zählt der vielfach ausgezeichnete "Des hommes et des dieus" ("Von Menschen und Göttern, 2010, R: Xavier Beauvois), der eindrucksvoll das Leben von Trappistenmönchen in Algerien schildert, die durch eine islamistische Terrorgruppe bedroht werden. Der Film gewann nicht nur den Großen Preis der Jury bei den Filmfestspielen in Cannes, sondern brachte Champetier auch den César für die beste Kamera ein (2011). Besondere Anerkennung fanden zudem ihre Arbeiten mit Regisseur Leos Carax, darunter "Tokyo!" (2008), "Holy Motors" (2012), "Annette" (2021) und "C'est pas moi" (2024). Für ihre herausragende Kameraarbeit bei diesen Filmen wurde sie mehrfach nominiert und ausgezeichnet. Für "Annette" erhielt Champetier den Prix Lumières und die Bildgestaltung von "Holy Motors" wurde auf der Camerimage mit dem Silbernen Frosch sowie dem Preis für die beste Bildgestaltung beim Chicago International Film Festival gewürdigt. Heraus sticht zudem ihre Zusammenarbeit mit Margarethe von Trotta bei dem biografischen Drama "Hannah Arendt" (2012) und zuletzt der gemeinsam mit Thomas Napper realisierte "Widow Cliquot" ("Die Witwe Cliquot", 2023).

Im Laufe ihrer Karriere hat Champetier die Bildgestaltung für über 140 Spiel- und Dokumentarfilme sowie Serien übernommen. Ihre Fähigkeit, sich visuell stets neu auszudrücken, macht sie zu einer der vielseitigsten Kamerafrauen Europas. Diese herausragende Vielseitigkeit wurde 2023 mit der Verleihung der Berlinale Kamera bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin gewürdigt.

Von 2009 bis 2012 war sie Präsidentin der AFC (Association Française des directrices et directeurs de la photographie Cinématographique), in der sie auch heute noch aktives Mitglied ist. Seit 2012 beaufsichtigt sie die Restaurierungen des Why Not Katalogs.

Quelle und weitere Informationen: www.marburger-kamerapreis.de