Erst 16 Prozent der Kollektionen des europäischen Filmerbes sind bisher digitalisiert

Zum Start des Festivals Cinema Ritrovato – einer der größten Veranstaltungen für Filmliebhaber in der ganzen Welt, die jedes Jahr im italienischen Bologna stattfindet – hat die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle eine neue Studie über den Zugang zu Filmwerken (im Rahmen von Bildung und Forschung) veröffentlicht, die in Filmarchiven und in Kollektionen enthalten sind.

Die Studie kann hier kostenlos heruntergeladen werden: www.obs.coe.int

Wichtigste Ergebnisse dieses Berichts:

-    Digitalisierung ist das A und O: Wenn Filme digital verfügbar sind, eröffnet dies völlig neue Möglichkeiten für den Zugang zu Werken des Filmerbes. Allerdings ist das Tempo der Digitalisierung nach wie vor viel zu langsam: Bisher wurden erst 15 Prozent aller Filmwerke der Kollektionen von Filmarchiven digitalisiert (16 Prozent bei Kinofilmen).

-    Der größte Teil (76 Prozent) der Filme in den Kollektionen der Filmarchive ist urheberrechtlich geschützt. Allerdings kann es ein Problem sein, den Status des Urheberrechtsschutzes eines Films zu bewerten und die Rechteinhaber festzustellen, da es keine zentralisierten Informationsquellen über die Rechte gibt.

-    Bei 60 Prozent der Kinofilme, die unter Urheberrechtsschutz stehen, handelt es sich entweder um verwaiste oder um vergriffene Werke.

-    Der Online-Zugang scheint eine effiziente Art des Zugangs zu Filmkollektionen zu sein und erweitert den Kreis der Interessenten. Aber Filmarchive stoßen in diesem Fall an rechtliche Grenzen oder sind unsicher, wie sie diese Filme freigeben sollen.

Der Bericht stützt sich auf die Ergebnisse einer Umfrage unter den Mitgliedern der ACE (Association des Cinemathèques Européennes) und versucht, zu bewerten, wie umfangreich die Filmwerke in den Kollektionen der Europäischen Filmarchive sind, die für Forschungs- und Bildungszwecke zur Verfügung stehen. Dabei werden sowohl Konsultationen einzelner Wissenschaftler als auch Screenings berücksichtigt, die im Rahmen der Aktivitäten von Schulen oder Universitäten durchgeführt werden. Die Studie will sowohl die Nachfrage nach Filmen bewerten als auch auf die Frage eingehen, inwieweit die Filmarchive in der Lage sind, dieser Nachfrage nachzukommen. Gleichzeitig berichtet sie über vorhandene Praktiken und Regelungen für den Zugang zu Filmen.

Die Veröffentlichung befasst sich auch mit wichtigen Aspekten und Problemen des Filmerbes. So untersucht sie zum Beispiel, wie die Rechte von Filmwerken geklärt werden, die für Bildungszwecke zur Verfügung gestellt werden, und hebt die Rolle der Digitalisierung bei der Verbesserung des Zugangs zu Filmen hervor. Nicht zuletzt geht die Studie auf Themen wie den Status des Urheberrechtsschutzes von Filmen in den Kollektionen unter besonderer Berücksichtigung verwaister und vergriffener Werke ein.

Diese Studie ist der zweite Teil eines umfangreichen Forschungsprojekts über das Filmerbe, das von der Europäischen Kommission finanziert wird. Die erste Phase des Projekts – The Exploitation of Film Heritage Works in the Digital Era – soll den kommerziellen Wert von Werken des Filmerbes untersuchen und ihre Verbreitung über die verschiedenen Vertriebskanäle bewerten (Kino, Fernsehen, DVD, VoD). Diese erste Studie will vor allem die Präsenz von Werken des europäischen Filmerbes in VoD-Katalogen bewerten und die Sichtbarkeit dieser Filme im Internet feststellen. Die größten Hürden, die Werke des europäischen Filmerbes in der Regel zu bewältigen haben, unterscheiden sich dieser Studie zufolge kaum von den Problemen, denen Arthouse-Filme gegenüberstehen:

-    Das Filmerbe wird immer mehr zu einem Nischenmarkt.

-    Filme des europäischen Filmerbes haben in der Regel keine so weite Verbreitung wie Kinofilme im Allgemeinen und eine geringere Verbreitung als Filme des US-amerikanischen Filmerbes. Der Grund ist die kulturelle und sprachliche Zersplitterung Europas.

-    Filme des europäischen Filmerbes brauchen eine starke Förderung, um erfolgreich gegenüber aktuelleren Filmen bestehen zu können. Wiederholungen im Kino können eine wichtige Rolle spielen, um die Sichtbarkeit dieser Filme zu verbessern.

-    VoD ist noch keine Alternative für den Vertrieb von Filmen des Kinoerbes. Diese Art der Verbreitung sollte Teil einer umfassenderen Multi-Channel-Vertriebsstrategie sein, um das Ergebnis von Fördermaßnahmen zu maximieren.

Quelle: Europäische Audiovisuelle Informationsstelle