Die Preise beim 20. Festival des deutschen Films Ludwigshafen am Rhein

Gestern ging das 20. Festival des deutschen Films Ludwigshafen mit einem Besucherrekord zu Ende: Vom 21. August bis 9. September sahen mehr als 125.000 Besucher die Vorführungen in den Kinozelten auf der Parkinsel am Rhein. Bereits am Freitag, 7. September, wurden die Filmkunstpreise des Festivals verliehen.

 

Im Wettbewerb des 20. Festival des deutschen Films Ludwigshafen am Rhein konkurrierten insgesamt 11 Produktionen, Kinofilme und Mischformen Kino-Fernsehen, aber auch reine Fernsehproduktionen.  Der Ludwigshafener Filmkunstpreis wurde durch die unabhängige Fachjury – die Schauspielerin Bernadette Heerwagen, Christiane von Wahlert, Vorstand der Murnau-Stiftung, und der Produzent/ZDF-Redakteur Pit Rampelt - in drei Kategorien vergeben: "Bester deutscher Film oder Fernsehfilm" des Wettbewerbs, "Beste Regie" des Wettbewerbs und "Bestes Drehbuch" des Wettbewerbs. Entscheidend ist allein die ästhetische Qualität der Filme. Der Preis ist nicht teilbar. Die dreiköpfige Fachjury konnte zudem "Ludwigshafener Auszeichnungen" – lobende Erwähnungen für weitere drei Filmwerke des Wettbewerbs aussprechen.
 
"Das 'Festival des deutschen Films' auf der Parkinsel von Ludwigshafen am Rhein wird getragen, und das in jeder Hinsicht, von seinem Publikum, also von den Menschen dieser Stadt und der gesamten Region, die dabei sein wollen, wenn auf der Parkinsel die Lichter angehen und die Kinos ihre Toren aufmachen, man sich bei Speis & Trank treffen kann und miteinander ins Gespräch kommen, weil wir also ein pfälzisches Weinfest der Kunst des Geschichtenerzählens sind, steht der 'Rheingold Publikumspreis 2024' gleichwertig neben den Filmkunstpreisen 2024, die die diesjährige Jury verleiht", so Festivalintendant Dr. Michael Kötz
 
Jury und Preisträger des 20. Festival des deutschen Films Ludwigshafen am Rhein.

Die Jury war begeistert von der generell hohen Qualität der für den Ludwigshafener Filmkunstpreis 2024 nominierten Filme. Besonders auffallend war die hohe Zahl herausragender, klassischer Autorenfilme in der diesjährigen Auswahl.
 
Filmkunstpreis 2024 – Bester Film
Angelina Maccarone für "Klandestin"

Begründung der Jury:
Wie kann man den großen, schwerwiegenden Themen Flüchtlingsdrama und islamistischer Terror mit beinahe täglich neuen Schreckensnachrichten fiktional gerecht werden? Dieser beeindruckende Film – im in Deutschland unterbelichteten Genre Polit-Thriller – zeigt aus vier Perspektiven klug und differenziert die Komplexität dieser existenziellen Probleme und schildert vielschichtig und verständnisvoll Menschen mit ihren Sehnsüchten nach Liebe und in ihren Zwiespälten. Ein schwuler, hedonistischer Maler verliebt sich in einen marokkanischen Jüngling, den er nach seiner Flucht in Frankfurt bei seiner Freundin versteckt, einer konservativen EU-Politikerin, die auch von ihrer neuen Assistentin mit marokkanischen Wurzeln nicht von ihrem harten Kurs gegen Geflüchtete abgebracht wird.

Keine dieser ambivalenten, lebensnahen Figuren ist frei von Widersprüchen. Mit einem internationalen, erstklassigen Cast gelingt es Autorin und Regisseurin Angelina Maccarone mit ihrem Kinofilm "Klandestin", die Verschränkung von privaten Beziehungen und politischem Zeitpanorama aufzuzeigen. Der Fragwürdigkeit mancher diplomatischen Verrenkungen setzt sie die Bedeutung von Freundschaft, die Wichtigkeit von Solidarität, Loyalität, von einer integren Haltung gegenüber. "Klandestin" ist ein wahrhaftiges Werk, das der komplizierten Größe seiner Themen mit Genauigkeit in vielen kleinen Szenen gerecht wird.  

Angelina Maccarone: 
"Es ist wirklich das schönste Festival – die Atmosphäre, die Gestaltung des Ortes und besonders die Menschen! Ich bin sehr dankbar um diese Erfahrung – insbesondere Daniela und Michael Kötz, die wirklich bei jeder Vorstellung dabei sind und immer die passenden Worte finden – tausend Dank!"
 
Filmkunstpreis 2024 – Beste Regie
Thomas Arslan für "Verbrannte Erde"
 
Begründung der Jury:
Der Film führt uns in eine dunkle Welt von Kriminellen. 
Wir beobachten sie bei der Planung und Durchführung eines Verbrechens – die Täter gehen mit kalter Professionalität, konzentrierter Präzision und gegenseitigem Misstrauen an die Umsetzung ihrer Tat.

Die vorzügliche Kameraarbeit setzt unwirtlichste urbane Orte von Berlin ins Bild – verlassene Plätze, leere Parkhäuser. Oft bei Nacht im Dunkeln, durch den ausgezeichneten Soundtrack ins Unheimliche gewendet. Es geht um einen Gemäldediebstahl und sehr viel Geld.  Der Coup misslingt, manche verdienen daran, nicht alle überleben. Die Hermetik des kriminellen Milieus sieht keine Aufklärung und keinen Ausstieg vor. Es gibt keine Strafe und keine Sühne. Regisseur Thomas Arslan entfaltet konsequent und unerbittlich eine Welt ohne Mitgefühl. Er lässt seinen Protagonisten ohne viel Worte Raum zur Entfaltung. "Verbrannte Erde" ist ein ästhetisch brillanter Film Noir ohne Hoffnung.

Thomas Arslan:
"Herzlichen Dank für die Einladung und die Betreuung – und herzlichen Dank an die Jury. Ich freue mich wirklich sehr! Der Preis bedeutet mir sehr viel und das ist ein toller Sommerabschluss für mich."
 
Filmkunstpreis 2024 – Bestes Drehbuch
Oliver Ziegenbalg für "One For The Road"
 
Begründung der Jury:
Eine Komödie über Alkoholismus. Endlich wird Alkoholmissbrauch einmal nicht als ein Unterschichtenphänomen gezeigt, sondern deutlich, dass Alkoholkonsum ein gesamtgesellschaftliches Problem ist. Hier trifft es einen Bauleiter und eine Lehrerin.

Auf gelungen amüsante, aber teils auch dramatische Weise, bringt dieser Film einem die durch den Rausch verklärte Welt der beiden Protagonisten näher. 
Darin versuchen sie einzeln und auch gemeinsam, sich vor dem Ertrinken zu retten, der Droge zu entfliehen, ihr zu widerstehen, stark zu sein und abstinent zu bleiben. 

Das Buch "One for the Road" von Oliver Ziegenbalg behandelt dieses komplexe und immer noch tabuisierte Thema auf leichte und zugängliche Weise. 
Neben dem hohen Unterhaltungswert bleibt der ernste Aspekt, sich mit dem eigenen Alkoholkonsum kritischer auseinanderzusetzen.

Oliver Ziegenbalg:
"Vielen Dank für den Preis! Leider bin ich gerade bei Dreharbeiten auf Malta und kann nicht nach Ludwigshafen auf die Parkinsel kommen. Ich bin jetzt schon das zweite Mal auf das Festival eingeladen worden, das ist fantastisch. Ihr habt ein ganz besonderes Publikum, die Stimmung ist super, die vier Vorstellungen waren ausverkauft – ihr tut wirklich etwas für den deutschen Film. Ich freue mich sehr von Herzen."
 
Ludwigshafener Auszeichnung an Senita Huskić für "Trapps Sommer!"

Begründung der Jury:
In diesem Fernsehfilm des Autors Hans Rath kann man die Hauptfigur des emeritierten misanthropischen Philosophie-Professors als Beispiel für das moderne Monaden-Dasein in einer Bubble sehen. Dass Günther Maria Halmer das vortrefflich spielen und Regisseur Rainer Kaufmann das liebevoll inszenieren kann, steht außer Frage. Die wunderbare Überraschung ist die junge, deutsch-bosnische Schauspielerin Senita Huskić, die als patente Haushaltshilfe mit ihrer positiven Ausstrahlung und emotionalen Ehrlichkeit den Professor auf den Topf setzt und ihn unverblümt zu seiner Verwandlung und Öffnung animiert. Senita Huskić gibt so dem sympathisch-menschelnden Film "Trapps Sommer!" die Würze. Lebensbejahende Kommunikation ist auch Generationen-, Milieu- und Nationen-übergreifend möglich! Davon können wir mehr gebrauchen. Danke und Chapeau Senita Huskić!
 
Ludwigshafener Auszeichnung an Aylin Tezel für "Falling into Place"

Begründung der Jury:
Nicht jede Schauspielerin ist eine gute Autorin, nicht jede Autorin eine gute Regisseurin und nicht jede Regisseurin eine gute Schauspielerin. Drehbuch, Regie und Hauptrolle!  Aylin Tezel hat die dreifache Herausforderung angenommen und geschafft! Mit ihrem Erstlingswerk "Falling into Place" ist ihr ein warmherziges, authentisches, vor allem intimes und mutiges Werk gelungen. Eine große Liebesgeschichte über Nähe und Distanz, über Selbstzweifel und Selbstliebe.

Als Autorin war sie für die Geschichte verantwortlich, als Schauspielerin gab sie sich hin, als Regisseurin musste sie die Kontrolle behalten. Sie vereint quasi Herz, Bauch und Kopf. "Falling into Place" ist 'wie das erste Licht des Tages, dieses Gelb, das versucht seinen Weg durch das nächtliche Blau zu finden'. Herzlichen Glückwunsch!
 
Ludwigshafener Auszeichnung an Meret Becker/Luise Landau für "Familie is nich"

Begründung der Jury:
Eine grantig einsame Großmutter rackert sich ab auf ihrem Hof in Brandenburg. Der flapsige Paketzusteller wird mit einem Schuss aus der Flinte vertrieben. Da tritt plötzlich die 8-jährige Enkelin Tilda in ihr Leben. Die Mutter musste ins Gefängnis und Tilda braucht ein Zuhause. Was schwierig beginnt, entwickelt sich überzeugend inszeniert und ganz wunderbar gespielt zu einer Liebesbeziehung. Wir dürfen mit Freude dabei zuschauen, wie sich Großmutter und Enkelin aneinander abrackern. Beide sehnen sich nach Nähe und Wärme, auch wenn die Großmutter zur Begrüßung "Familie is nich" gefaucht hat.

Die beiden Schauspielerinnen, die hoch erfahrene und vielseitige Meret Becker ¬ die übrigens mit 11 Jahren ihr Schauspieldebüt an der Seite ihrer Mutter gab – und die 10-jährige Nachwuchsschauspielerin Luise Landau – die hier zum zweiten Mal vor der Kamera stand – harmonieren sensibel und mit großer Spielfreude.

Eine Ludwigshafener Auszeichnung geht an Meret Becker und Luise Landau für ihr wunderbares Zusammenspiel als Großmutter und Enkelin.
 
Rheingold Publikumspreis 2024
Christian Klandt für "Sterben für Beginner"
 
Christian Klandt: 
"Der Publikumspreis ist der beste Preis des Festivals. Und Ludwigshafen ist ein ganz tolles Festival, wenn man sieht, wie viele Menschen hier ins Kino kommen. So viele Kinobesucher in nur vier Kinos, das schafft selbst die Berlinale nicht. Ich möchte mich mit bei allen bedanken mit dem Satz, den ich ins Gästebuch geschrieben habe: Wer im Leben nur Trauer fand, der war noch nie im Ludwigshafen-Festival-Land!"

Auch vergeben worden sind folgende Preise:
Preis für Schauspielkunst 2024
Liv Lisa Fries / Joachim Król / Christoph Maria Herbst
 
Am Sonntag, 8. September 2024 wurde um 14.00 Uhr von der Kinderjury der "Goldene Nils" in Kooperation mit der Rheinpfalz vergeben. Die letzte Vorstellung 2024 war "Familie is nich" um 21.00 Uhr.
 
Das 21. "Festival des deutschen Films Ludwigshafen am Rhein" wird vom 20. August bis 7. September 2025 stattfinden.

Quelle: www.festival-des-deutschen-films.de