Die Restaurierung von "Das Cabinet des Dr. Caligari" wurde bei den FOCAL International Awards ausgezeichnet. Die 2014 auf der Berlinale gefeierte digitale Fassung gewann in der Kategorie "Best Archive Restoration".
Dort waren auch Fritz Langs "M" von TLEFilms Film Restoration & Preservation Services (Germany) und "The Color of Pomegranates" (Sayat Nova, 1946) von The Film Foundation / L'Immagine Ritrovata (USA/Italy) nominiert.
"Über die begehrte Auszeichnung bei den FOCAL International Awards durch Fachkreise freuen wir uns besonders. Das ist eine Anerkennung für alle, die bei der digitalen Restaurierung mitgewirkt und es möglich gemacht haben, dass dieser Klassiker in bestmöglicher Qualität wieder verfügbar ist. Dafür meinen Dank an unser Team und alle Partner", so Ernst Szebedits, Vorstand der Murnau-Stiftung.
Bei der Restaurierung arbeitete die Murnau-Stiftung mit dem Bundesarchiv-Filmarchiv in Berlin und weiteren Archiven zusammen. Mit der technischen Umsetzung wurde L’Immagine Ritrovata – Film Restoration & Conservation in Bologna beauftragt. Dort erfolgten Scan, digitale Bildrestaurierung und das Mastering in 4K-Auflösung. Neben Bertelsmann als Hauptsponsor förderten auch die VGF Verwertungsgesellschaft für Nutzungsrechte an Filmwerken mbH und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien das Projekt.
Bei den FOCAL International Awards wurden in 17 Kategorien die Verwendung, Restaurierung und Zugänglichmachung von archivierten Filmen und Materialien prämiert. Für die 12. FOCAL International Awards gab es 265 Einreichungen aus 24 Ländern. Die Verleihung fand am 21. Mai in London statt.
Im Handel erhältlich sind die neuen DVD- bzw. Blu-ray-Editionen von "Das Cabinet des Dr. Caligari" von Universum Home Entertainment.
Zur Restaurierung von "Das Cabinet des Dr. Caligari"
Die von Anke Wilkening geleitete Restaurierung erstreckte sich von April 2012 bis Januar 2014. Die Murnau-Stiftung führte dazu erstmals alle verfügbaren filmischen Quellen zusammen, konkret die Materialien von nationalen Archiven (Bundesarchiv-Filmarchiv in Berlin, Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen in Berlin und Filmmuseum Düsseldorf) sowie von internationalen Archiven (Archivo Nacional de la Imagen-SODRE, Montevideo; Cineteca di Bologna; British Film Institute, London; Cinémathèque française, Paris; Museum of Modern Art, New York; Cinémathèque Royale de Belge, Brüssel; Fondazione Cineteca di Milano). Die Materialien wurden in Wiesbaden analysiert und verglichen. Mit der technischen Umsetzung wurde L’Immagine Ritrovata – Film Restoration & Conservation in Bologna beauftragt. Dort erfolgten Scan, digitale Bildrestaurierung und das Mastering in 4K-Auflösung.
Die restaurierte Fassung feierte ihre Weltpremiere bei der Berlinale am 12. Februar 2014. Dabei kooperierte die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung mit den Internationalen Filmfestspielen Berlin, der Stiftung Deutsche Kinemathek,der Stiftung Berliner Philharmoniker sowie dem ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE und 2eleven || zeitgenössische musikprojekte.
Über den Film
Gedreht wurde "Das Cabinet des Dr. Caligari" von der Decla-Film-Gesellschaft Holz & Co., die 1922 von der damaligen Universum Film (Ufa) übernommen wurde. Die Dreharbeiten, deren genauen Daten nicht überliefert sind, fanden vermutlich ab September 1919 im Lixie-Atelier Berlin-Weissensee statt.
In dem Film wird die Geschichte des unheimlichen Dr. Caligari (Werner Krauß) erzählt, der einen weissagenden Schlafwandler namens Cesare (Conrad Veidt) auf dem Jahrmarkt von Holstenwall zur Schau stellt. Dieser sagt einem wissbegierigen Besucher den Tod voraus und tatsächlich wird Alan (Hans-H. v. Twardowski) nachts ermordet. Francis (Friedrich Fehér), dessen bester Freund und Konkurrent um die schöne Jane (Lil Dagover), verdächtigt Caligari und Cesare und nimmt auf eigene Faust Ermittlungen auf.
Weitere ungeklärte Mordfälle ereignen sich, schließlich soll Jane auf Geheiß Caligaris von Cesare getötet werden. Es kommt zu einer Verfolgungsjagd, bei der Cesare zusammenbricht, Jane gerettet wird und Dr. Caligari in ein Irrenhaus flüchtet. Dort muss sein Verfolger Francis feststellen, dass Dr. Caligari der Direktor der Anstalt ist. Offenbar wurde dieser, beseelt von einem mystischen Fall aus dem 18. Jahrhundert, selbst verrückt bei dem Bestreben, einem Schlafwandler seinen Willen aufzuzwingen. Schließlich wird Caligari in eine Zwangsjacke gesteckt.
Doch mit dieser erzählten Binnenhandlung ist der Film nicht zu Ende. Denn in der Rahmenhandlung kehrt Francis, der Erzähler, in die Irrenanstalt zurück, wo er alle Beteiligten als Insassen antrifft – ebenso wie Caligari, der als gütiger Anstaltsleiter nun angibt, den Schlüssel zur Heilung von Francis zu kennen. Was stimmt und wer nun wahnsinnig ist – Caligari oder Francis – lässt der Film letztlich offen.
Zur Rezeption
Schon vor der Uraufführung am 26. Februar 1920 im Berliner Marmorhaus-Kino sorgte der Film für Aufsehen. Mit dem Satz "Du musst Caligari werden" wurde großflächig in Berlin geworben – zunächst ohne Hinweis darauf, dass es um einen Film geht. Die Ankündigung, dass es sich um den ersten "expressionistischen Film" handeln werde, weckte hohe Erwartungen an die künstlerische Qualität. Bis auf wenige Ausnahmen stieß der Film auf eine begeistere Presseresonanz. Auch beim Publikum fand er großen Zuspruch und lief im Premierenkino vier Woche am Stück.
Im Ausland erzeugte "Das Cabinet des Dr. Caligari" ebenfalls eine hohe Aufmerksamkeit. In Paris, London und New York lief der Film mit großem Publikumszuspruch. Gerade bei den früheren Gegnern des 1918 zu Ende gegangenen Ersten Weltkrieges polarisierte der erste Erfolgsfilm des Weimarer Kinos, für dessen Neuartigkeit der Begriff "Caligarismus" geprägt wurde.
"Das Cabinet des Dr. Caligari" zählt zum Kanon der Filmklassiker. Siegfried Kracauers sozialpsychologische Schrift "Von Caligari zu Hitler" (1947), die in Filmen des Weimarer Kinos eine kollektive Sehnsucht der Deutschen nach einem Tyrannen zu erkennen glaubte, prägt die Wahrnehmung des Films bis heute.
Von den Mitwirkenden des Films, insbesondere den Drehbuchautoren und den Architekten, verbreitete Erinnerungen und Anekdoten trugen maßgeblich zur Legendenbildung um "Das Cabinet des Dr. Caligari" bei. Später aufgetauchte Dokumente wie das Originaldrehbuch ermöglichten die Dekonstruktion vieler Mythen.
Quelle: www.murnau-stiftung.de