Berlinale 2020: Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek geben erste Neuerungen bekannt

Carlo Chatrian als künstlerischer Direktor und Mariette Rissenbeek als Geschäftsführerin werden am 1. Juni 2019 offiziell die Leitung der Berlinale übernehmen. Das künftige Leitungsduo führt schon seit einiger Zeit Gespräche mit den Sektionen, Initiativen und Abteilungen, um sich über Arbeitsabläufe und Strukturen zu informieren, und hatte im Februar beim Festival vor Ort Gelegenheit, weitere Einblicke zu bekommen. Im März haben sie ihre Büros am Potsdamer Platz bezogen und geben nun einen ersten Ausblick auf die Berlinale 2020.

 

"Wir haben unterschiedliche Aufgaben, aber ein gemeinsames Ziel: die Berlinale erfolgreich in die Zukunft zu führen! Wir übernehmen ein Festival, das nicht nur als eines der größten der Welt gilt, sondern auch eine bedeutende Rolle in der internationalen Filmbranche spielt. Wir sind uns der großen Aufgabe bewusst, die vor uns liegt und danken dem langjährigen Festivaldirektor Dieter Kosslick für die Arbeit, die er geleistet hat. Wir möchten die Berlinale als Publikumsfestival und als Festival für Berlin erhalten und freuen uns auf die neuen Herausforderungen und Möglichkeiten, die das Kino des 21. Jahrhunderts bietet", sagt das Leitungsduo.
"Mein Fokus liegt zum einen auf der Finanzierung und den Organisations- und Kommunikationsstrukturen und zum anderen auf der Entwicklung neuer Strategien und entsprechender Konzepte. Damit einher geht auch die Unterstützung der Branchenaktivitäten European Film Market, Berlinale Co-Production Market, Berlinale Talents und World Cinema Fund sowie die Kooperation mit unseren Partnern in Bereichen jenseits der Programmierung", ergänzt Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek. "Ich verantworte das künstlerische Profil und möchte mit der programmatischen Arbeit, unterstützt vom Auswahlkomitee, die künstlerische Linie des gesamten Festivalprogramms herausarbeiten", so der künstlerische Leiter Carlo Chatrian.

Neues Auswahlkomitee
Carlo Chatrian hat sieben Mitglieder in sein Auswahlkomitee berufen. Mark Peranson übernimmt neben seiner Aufgabe als Programmleiter den Vorsitz des Komitees.

Mark Peranson / Leitung Programm
Der Programmer, Autor und Filmemacher Mark Peranson ist ursprünglich aus Toronto, Kanada. Er war von 2013 bis 2018 Programmleiter des Locarno Festivals und von 2010 bis 2012 Mitglied der Auswahlkommission. Von 2001 bis 2018 war er im Programmerteam des Vancouver International Film Festival. Peranson ist außerdem Gründer, Herausgeber und Redakteur der Zeitschrift "Cinema Scope". Zu seinen Regiearbeiten gehören "Waiting for Sancho" (2008) und "La última película" (2013). Als Schauspieler wirkte er in einer Reihe von Filmen mit, darunter Albert Serras "Birdsong" (2008) und Hong Sang-soos "On the Beach at Night Alone" (2017).

Lorenzo Esposito
Lorenzo Esposito ist Programmer und Kurator. Von 2013 bis 2018 war er Mitglied der Auswahlkommission des Locarno Festivals. Zuvor arbeitete er an Programmen für die Filmfestivals in Venedig (2001), Turin (von 2002 bis 2006) und das Rome Film Fest 2007. Derzeit ist er als internationaler Berater des Cinema du réel für den mediterranen Raum und des Karlovy Vary International Film Festival für Italien tätig. Esposito ist Herausgeber des Online-Kino-Magazins "Film Parlato". Seit 2003 arbeitet er für "Fuori Orario", ein Programm des italienischen Fernsehens Rai 3, und kuratiert Sendungen über Filme und Regisseur*innen.

Sergio Fant
Sergio Fant ist ein in Deutschland lebender italienischer Programmer. Nach dem Studium der Filmwissenschaft und einer Ausbildung an der Cineteca di Bologna konzipierte und kuratierte er Programme unter anderem für das Cinema Ritrovato in Bologna, das Rome Film Fest und die Internationalen Filmfestspiele in Venedig, wo er 2010 und 2011 die Auswahl der Kurzfilme verantwortete. Seit 2012 ist er Programmleiter des Trento Film Festivals. Von 2013 bis 2018 war er als Programmer beim Locarno Festival tätig, 2019 hat er das DocPoint – Helsinki Documentary Film Festival mitkuratiert. Bei der italienischen Wochenzeitung "Internazionale" hat Fant eine Kolumne.

Aurélie Godet
Aurélie Godet war von 2006 bis 2010 als stellvertretende Direktorin des New Yorker Büros von UniFrance tätig. Nach ihrer Rückkehr nach Europa arbeitete sie als Beraterin für Produktionsfirmen und schrieb für mehrere Publikationen, u.a. für "Cahiers du Cinéma". Im Jahr 2013 wurde sie Mitglied der Auswahlkommission des Locarno Festivals, wo sie sechs Jahre lang Programmerin blieb. Sie war auch an den Filmfestivals 3 Continents und La Roche-sur-Yon beteiligt. Im Jahr 2019 war sie Mitbegründerin von "Parenting at Film Fests", einem Kollektiv von Filmprofis, das sich für eine bessere Work-Life-Balance einsetzt. Sie ist Mitglied des Beirats von Arte France Cinéma.

Paz Lázaro
Paz Lázaro war 2018 und 2019 Leiterin sowie Kuratorin der Berlinale-Sektion Panorama, seit 2006 war sie bereits als Programmmanagerin der Sektion tätig. 2007 wurde sie in das Auswahlkomitee für den Wettbewerb berufen und zeichnete für die Auswahl der Berlinale Series mitverantwortlich. Von 2004 bis 2007 war sie Mitglied der Kurator*innenteams des Kurzfilmfestivals Interfilm Berlin. Vor ihrer Laufbahn als Kuratorin war sie in der Film- und Theaterproduktion tätig. Als Drehbuch- und Schnittberaterin arbeitete sie u.a. für ICAA in Spanien, ICAU in Uruguay, FOPROCINE in Mexiko (IMCINE), The Match Factory sowie Ibermedia.

Verena von Stackelberg
Nach einem Medienkunststudium in Barcelona und Film- und Fotografiestudium in London hat Verena von Stackelberg seit 2003 als Filmkuratorin, Programmgestalterin und im Bereich Filmverleih in London, Cambridge und Berlin gearbeitet. Sie war u.a. für die Kinokette Curzon Cinemas, den Filmverleih Filmgalerie 451, die Internationalen Filmfestspiele Berlin sowie das Cambridge Film Festival tätig und ist für das Kinoprogramm des Soho House Berlin verantwortlich. Sie ist Gründerin und Geschäftsführerin des 2017 eröffneten Wolf Kino in Berlin, das neben seinen klassischen Kinosälen eine Café-Bar, einen Ausstellungsraum und das Postproduktionsstudio Planemo beinhaltet.

Barbara Wurm
Barbara Wurm ist Autorin und Kuratorin und hat in Wien, Moskau, München und Leipzig u.a. Slawistik studiert. Sie arbeitete in den Auswahlkommissionen von DOK Leipzig und den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen, ist aktuell für das goEast Filmfestival tätig und programmiert für verschiedene Filmfestivals und Kinematheken. Als Osteuropa-Filmexpertin hat sie über den sowjetischen Kulturfilm promoviert und Bücher zu u.a. Dziga Vertov herausgegeben. Ihre Schwerpunkte in Forschung und Lehre an der Humboldt-Universität zu Berlin sind osteuropäische Kulturwissenschaften sowie Theorie und Geschichte des Films. Für Zeitungen und Fachpublikationen schreibt sie Filmkritiken.

Neue Leitung bei Panorama und Berlinale Shorts

Die Leitung des Panorama übernimmt Michael Stütz, der bislang als Programmmanager und Kurator das Programm gemeinsam mit der scheidenden Sektionsleiterin Paz Lázaro, die nun ins Auswahlkomitee wechselt, verantwortete.

Michael Stütz
Michael Stütz war von 2018 bis 2019 Kurator und Programmmanager der Berlinale-Sektion Panorama, in der er bereits seit 2006 tätig ist. Darüber hinaus ist er Koordinator des TEDDY AWARD, dem queeren Filmpreis bei der Berlinale. Neben seiner Tätigkeit beim Panorama war er bei zahlreichen anderen Festivals als Gastredner, Kurator oder Jurymitglied aktiv, darunter dem Guadalajara International Film Festival, Crossing Europe, Mix Brazil oder dem Tel Aviv International LGBT Film Festival. Von 2011 bis 2017 war Michael Stütz Co-Leiter des XPOSED International Queer Film Festival in Berlin.

Nach der Berufung von Maike Mia Höhne, der langjährigen Sektionsleiterin von Berlinale Shorts zur künstlerischen Leiterin des Internationalen KurzFilmFestivals Hamburg, wird Anna Henckel-Donnersmarck ab dem 1. Juni die Leitung von Berlinale Shorts übernehmen.

Anna Henckel-Donnersmarck
Anna Henckel-Donnersmarck arbeitet seit 20 Jahren als Programmerin, Moderatorin oder Jurorin für internationale Filmfestivals, u.a. Berlinale Shorts, Pictoplasma, Stuttgarter Filmwinter und das Kasseler Dokfest. Ihr Fokus liegt auf dem Kurzfilm. Außerdem konzipiert und realisiert sie Videoinstallationen für Ausstellungen, Bühne und Konzerte, u.a. für GRIMMWELT Kassel, Humboldt Lab, Bauhaus-Archiv, Schauspiel Köln, The Wooster Group NYC, Berliner Philharmoniker und Opernhäuser in Berlin, Frankfurt und Zürich. Sie studierte an der Filmakademie Baden-Württemberg und unterrichtet an diversen Hochschulen Filmtheorie und Videopraxis.

Die bisherige Struktur der Sektionen bleibt vorerst erhalten, das Konzept des Berlinale Special wird aktuell noch überarbeitet. Über weitere programmliche Neuerungen wird in den nächsten Wochen entschieden.
Für die Leitung der weiteren Sektionen gibt es für 2020 keine Änderungen: Generation (Maryanne Redpath), Perspektive Deutsches Kino (Linda Söffker), Retrospektive (Rainer Rother). Informationen zur Neubesetzung der Leitung des Forums werden baldmöglichst vom Arsenal - Institut für Film und Videokunst bekanntgegeben, Forum Expanded wird weiterhin von Stefanie Schulte Strathaus geleitet.

Die 70. Berlinale
Das 70. Jubiläum soll die Berlinale noch stärker mit der Stadt verknüpfen. "Wir möchten die großartige Festivalgeschichte feiern, indem wir das Kino und das Festival aus seinen traditionellen Orten herausführen. Diese Idee greift auch auf, dass bewegte Bilder heute allgegenwärtig sind und zu einem Ausdrucksmittel für viele Kunstformen der heutigen Welt geworden sind. Wir wollen eine kleine aber aussagekräftige Auswahl an Orten in der Stadt zusammenstellen. Mit dieser alternativen Stadtkarte möchten wir auch Berliner*innen und Berlin-Besucher*innen, die das Festival noch nicht kennen, mit der Berlinale in Berührung bringen“, sagt das Leitungsduo.

Quelle: www.berlinale.de