Inhalt
Die 18jährige Susanne ist Facharbeiterin in einem Textilbetrieb und äußerst fleißig und gewissenhaft. Anderen hilft sie, wo sie kann; für keine Arbeit ist sie sich zu schade. Das bringt ihr große Anerkennung ein, doch an ihr als Person – und als junge Frau – ist keiner interessiert. Die Männer übersehen sie einfach, so auch der ein wenig versponnene Lutz, den sie schon als Kind kannte, und in den sie sich verliebt hat. Er hat anscheinend nicht einmal bemerkt, dass Susanne inzwischen zur Frau geworden ist.
Erst als selbst ihre Freundin Daisy sie rücksichtslos behandelt, ist für Susanne der Punkt erreicht, an dem sie aus sich selbst herausgeht und für ihre eigenen Interessen eintritt. Sie schafft es, Lutz zu erobern, und verbringt mit ihm eine kurze Zeit des Glücks. Ihr neues Selbstbewusstsein hilft ihr sogar, die Trennung von ihm gelassen zu nehmen, als er eines Tages fortgeht.
Die Ausstattung dieser Filmseite wurde durch die DEFA-Stiftung gefördert.
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Nur um sich selbst scheint sie sich nicht zu kümmern, sodass es kein Wunder ist, wenn sie beim Tanz als letzte aufgefordert wird – wenn überhaupt. Susanne scheint das nichts auszumachen – mit einer Ausnahme: Lutz. Beide sind zusammen aufgewachsen in der Kleinstadt irgendwo in der mitteldeutschen Provinz, wo jeder jeden kennt, naturgemäß Susannes Vater auch Lutz’ Mutter (Halina Müller).
Während der etwas versponnen wirkende Lutz gar nicht mitbekommt, dass seine kleine Spielkameradin von einst allmählich erwachsen geworden und nur zu schüchtern ist, um ihm ihre Gefühle zu offenbaren, hat er zusehends Augen für ihre Freundin Daisy. Was Susanne im Innern zutiefst verletzt: Sie entwickelt, zunächst noch unbewusst, Gegenstrategien. Und erobert sich nach manchen Rückschlägen doch noch den flippigen Jeansträger mit dem breitkrempigen Hut. Das Glück ist freilich nur von kurzer Dauer, denn Lutz zieht es hinaus in die weite Welt. Er lässt freilich eine so traurige wie selbstbewusste junge Frau zurück...
Bernhard Stephans Debütfilm „Für die Liebe noch zu mager?“ entstand 1973/74 in einer schwierigen politischen Umbruchsituation der DDR, was diesen umso bedeutender macht – auch im Vergleich zu seinen späteren Streifen wie „Schatzsucher“ (1979), „Sonjas Rapport“ (1982) und „Fahrschule“ (1986). Mopedrennen, Miniröcke, Ost-Rock mit deutschen Texten, aber auch Fahnenschwingen, Rumtata-Umzug der Blauhemden: Bernhard Stephan ist ein guter Beobachter der durchaus vorhandenen Spannbreite im Alltag der DDR-Provinz. Und ein genauer Schilderer an der Seite „seines“ Kameramanns Hans-Jürgen Kruse.
Die West-Bluse ist „pfützig“, die Fremde-Länder-Sehnsucht nicht aus den Köpfen der jungen Leute herauszukriegen, die echten Levis-Jeans heilig gerade gegenüber den Zähnen eines Wachmann-Vierbeiners. Einerseits. Andererseits strahlt der FDJ-Sekretär, wenn Susanne die richtigen Reportage-Worte findet: „Meine Freizeit, die verbringe ich sinnvoll. Ich meine, man darf doch nicht stehenbleiben.“ Tut sie ja auch nicht zur Beruhigung der SED-Kulturfunktionäre, die diesem Film Ende 1973 die Freigabe erteilten.
Obwohl einer wie Lutz für den ja nicht unerheblichen Teil der sozialistischen Staatsjugend steht, der jeden kleinen Freiraum der ansonsten permanenten staatlichen Reglementierung zu nutzen versteht – individualistisch versteht sich. Klar, dass seine Weltensehnsucht als asozial dargestellt wird, sicherlich aber von keinem der Kinobesucher damals auch als solche empfunden worden ist.
Erst sieht es nach typisch parteikonformem Happy End aus, mit Moped, DDR-Rockmusik und Strohhütchen. Doch dann das: „Machs gut, Spinner!“ ruft Susanne ihrem Freund Lutz nach, der samt Seesack im Eisenbahnzug entschwindet - in eine weite, jedenfalls für Susanne unerreichbare Ferne. Die der Traum eines jeden DDR-Jugendlichen gewesen ist. Da kann die wundervolle Simone von Zglinicki bei ihrem fulminanten Leinwand-Debüt, dass die Leipziger Studentin sogleich ans Deutsche Theater Berlin, „der“ DDR-Renommierbühne, katapultierte, noch so zuversichtlich in die Defa-Kamera blicken und voller Tatendrang darangehen, den Grund für ihre Träne im Knopfloch zu vergessen bei all’ den staatstragenden gesellschaftlichen Arbeiten und Pflichten, die nun auf sie warten...
Pitt Herrmann