Inhalt
Chaos beim Elternabend: Mehrere Kinder haben eine ganze Reihe wenig erfreulicher Zensuren im Zeugnis stehen, weshalb die besorgten Eltern um die Zukunft ihrer Sprösslinge fürchten. Also wird ein Treffen mit der Klassenlehrerin Frau Müller anberaumt. Man gibt sich zunächst diplomatisch, aber das Ziel der Übung ist klar: Frau Müller muss weg! Denn so unterschiedlich die sozialen Milieus der Eltern auch sind, von der knallharten Karrierefrau über einen Arbeitslosen bis zum Elternpaar eines Hochbegabten – Einigkeit herrscht bei der Meinung, dass allein die Pädagogin die Schuld an der Leistungsmisere trägt. Allerdings denkt Frau Müller gar nicht daran die Klasse abzugeben. Stattdessen konfrontiert sie die Helikoptereltern mit den bitteren Wahrheiten über ihre Sprösslinge.
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Jessica Höfel, eine knallharte Karrierefrau, die es gewohnt ist, anderen zu sagen, wie der Hase läuft, und sei es auch ihrer schwächeren Hälfte Hape, gibt die Marschrichtung vor. Und das ausgesprochen gerne: Lehrer-Bashing ist der toughen Schnepfe ein Fest. Erst gibt es Blümchen – und dann Saures. Und da sie ihre Pappenheimer kennt, sollen die anderen Eltern am besten nur ihr das Reden überlassen. Der Hausmeister lässt Jessica & Co hinein, da Frau Müller auf sich warten lässt. Sodass sich alle in Stellung bringen. Der arbeitslose Ossi Wolf Heider bangt vor allem um seine Tochter und wird rasch aggressiv, wenn es nicht so läuft, wie er sich das vorgestellt hat. Aber auch das aus dem Westen in die sächsische Metropole zugezogene Ehepaar Patrick und Marina Jeskow will sich vor allem darüber beschweren, dass ihr begabter Sohn Lukas von der Klasse gemobbt wird.
Pionierlager oder moderner Unterricht? Nur die alleinerziehende Katja Grabowski, deren Kind als Klassenbester fein 'raus ist, hält sich mit solchen Provokationen zurück, als Frau Müller auf der Bildfläche erscheint. Sie hat einen normalen Elternabend erwartet und fällt entsprechend aus allen Wolken, als ihr ein schlechtes Lernklima unterstellt wird, was automatisch zu schlechten Noten führe. Burn Out-Therapie? Der Rücken sei das Objekt medizinischer Behandlung, nicht ihr Kopf. Und überhaupt werde sie sich als Beamtin im öffentlichen Dienst mit 20-jähriger Berufserfahrung nicht von überehrgeizigen Eltern einschüchtern lassen: Frau Müller schlägt zurück, rechnet mit Eltern und Kindern gleichermaßen ab, sodass aus Anklägern Angeklagte werden und dem konsternierten Quintett Hören und Sehen vergeht. Welches Frau Müller mit Aplomb stehen lässt. Allerdings zusammen mit ihrer Aktentasche, sodass alle mit ihrer raschen Rückkehr rechnen. Doch die zieht sich hin und so brechen alte Grabenkämpfe unter den Müttern und Vätern wieder auf. Samt Ressentiments zwischen Ossis und Wessis. Wolf hält die Spannung nicht länger aus und durchsucht die Tasche der Lehrerin. Zur erst großen und dann auch noch freudigen Überraschung aller wird er fündig...
Lutz Hübner, nach Goethe und Shakespeare der meistgespielte Autor auf deutschen Bühnen, hat mit „Frau Müller muss weg“, eine 2010 in Elbflorenz uraufgeführte Auftragsarbeit des Dresdener Schauspiels, eine bittersüße Abrechnung mit dem Bildungssystem in Deutschland und ganz speziell mit dünkelhaften Helikopter-Eltern, die stets um ihre Kinder herumschwirren, geschrieben. Diese hat Sönke Wortmann in seiner dritten Bühnenarbeit nach „Bullets over Broadway“ und „Der Krüppel von Inishmaan“ am Düsseldorfer Schauspielhaus der Intendanz Anna Badoras Anfang 2012 am Berliner Grips-Theater inszeniert. Und nun, mit Hübner als Drehbuchautor, auch verfilmt.
Während das Theaterstück ausschließlich in einem Klassenzimmer spielt, hat der Bergmannssohn aus Marl den Ort des Leinwand-Geschehens behutsam erweitert. Vom Schulhof ins Innere der Grundschule und dann auch in die Schwimmhalle, was Rainer Galkes Hausmeister einen zweiten Auftritt beschert: Nach einem Kurzschluss, verursacht durch den reichlich strapazierten Kaffeeautomat, lässt Jessica ihr Smartphone ins Wasser fallen. Zuvor hatte Wortmann schon einen weiteren, bereits im Theater überflüssigen Nebenschauplatz, ins Rampenlicht des Bildgestalters Tom Fährmann gerückt – die Affäre zwischen dem desillusionierten verheirateten Wolf und der jungen, offenbar alleinerziehenden Katja Grabowski.
Wortmanns Typenkomödie fokussiert ganz auf die Eltern, Gabriela Maria Schmeide hat in der Titelrolle im Grunde genommen nur zwei allerdings sehr markante Auftritte zu Beginn und am überraschenden und hier natürlich nicht preisgegebenen Ende. Der Film wuchert mit dem Pfund einer großartigen Besetzung, allen voran Anke Engelke. Allerdings befreit sich die Adaption ästhetisch nicht von der Vorlage: „Frau Müller muss weg“ bleibt auch auf der großen Kinoleinwand ein Kammerspiel, Free-TV-Premiere war am 31. Oktober 2017 auf Sat 1.
Pitt Herrmann