Inhalt
Der Film schildert die letzten zehn Jahre des Schriftstellers Hans Fallada. Er lebt in den 1930er Jahren mit seiner Familie in der Abgeschiedenheit Mecklenburgs und befindet sich in einer Schaffenskrise. Als er den Auftrag für ein Drehbuch erhält, ist er zu inhaltlichen Zugeständnissen, die die Nazis von ihm erwarten, nicht bereit. Seit eh und je labil, flüchtet er wieder in Alkohol und Drogen. Mit der Beziehung zum Dienstmädchen setzt er seine Ehe einer Zerreißprobe aus. Beim Einmarsch der Roten Armee wird er vorrübergehend Bürgermeister von Feldberg. Durch eine ebenfalls drogenabhängige Geliebte gerät er in einen immer tieferen Abgrund. Im Februar 1947 stirbt Fallada in der Berliner Charité.
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Mit der jungen, attraktiven Elsa-Marie Bukonje, die im Dorf bei August Tack wohnt, kommt neues Leben in Falladas Bude: Sie soll sein Manuskript abschreiben und ist durchaus nicht abgeneigt, ihrem Lieblingsdichter auch privat näher zu kommen. In Wirklichkeit hat sie der für das Filmdrehbuch zuständige Abteilungsleiter auf Fallada angesetzt, um dessen politische Zuverlässigkeit im Sinne der Nazis auszuspionieren. Doch Elsa-Marie hegt wirklich große Sympathie für den Schriftsteller und bittet ihn mehrfach eindringlich, das Land zu verlassen. Doch Fallada, inzwischen von der NS-„Bücherkunde“ als „Kulturbolschewist“ verunglimpft, ist zu schwach für eine so weitreichende Entscheidung. Immer häufiger gibt er sich Drogen und dem Alkohol hin, nehmen depressive Stimmungen überhand, wird er von Alpträumen geplagt, immer weniger wird Fallada Herr seiner selbst. Erst wird, unter kräftiger Mitwirkung Frau Bukonjes, sein Film-Manuskript abgelehnt, dann wird Anna ein weiteres Mal schwanger – und schließlich bricht auch noch der Zweite Weltkrieg aus. Nun ist auch der letzte Aus-Weg nach Schweden verbaut.
1943. Am 14. Hochzeitstag schreibt Hans Fallada seiner Gattin Anna einen Liebesbrief. Er sieht wieder einen Lichtstreif am Horizont, seit er sich mit den Nazis arrangiert hat. Im Rang eines Majors des Reichsarbeitsdienstes nimmt er an einer großen Reise ins von der Wehrmacht besetzte Frankreich teil. Und Elsa-Marie Bukonje wird beauftragt, ihn nach dessen Rückkehr dahingehend zu beeinflussen, dass er einen antisemitischen Roman schreibt. Jetzt erst erkennt Fallada, auf was – und mit wem - er sich eingelassen hat: Er weigert sich und beneidet fast den an der Ostfront gefallenen August Tack – der hat es hinter sich. Fallada ahnt nicht, was ihm noch bevorsteht, als er in der Bahnhofsgaststätte auf eine mondäne Frau trifft, die ihm sofort den Kopf verdreht: Die junge, schöne Fabrikantenwitwe Ursula Losch ist Morphinistin – und zieht den Alkohol- und Tablettensüchtigen endgültig in den Abgrund. Zumal nun seine Gattin Anna einen Schlussstrich zieht und sich scheiden lässt.
Doch Fallada hat immer wieder einen Glücksengel an seiner Seite, auch in Person des Gefängnisaufsehers Paselk. Der verhilft seinem prominenten Insassen nicht nur zu Zigaretten und Schreibpapier, sondern letztlich auch zur Freiheit, indem er immer wieder ein Auge auf den „Politischen“ hat. In der Weihnachtszeit zur Familie nach Carwitz zurückgekehrt, verfällt Fallada bald wieder seinen Süchten – und der schönen Witwe.
1945. Wo soeben noch Hakenkreuzflaggen wehten, hängen nun weiße Bettlaken aus den Fenstern von Carwitz. Fallada, der inzwischen Ursula Losch geheiratet hat, wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen, von der sowjetischen Besatzungsmacht zum Bürgermeister ernannt zu werden. Doch der Offizier findet keinen anderen politisch Unbelasteten – und der labile Fallada stürzt sich in eine Aufgabe, an der er nur scheitern kann. Zumal ihn Ursula ganz im Griff hat – mit Morphium und Veronal.
Kein Geringerer als Johannes R. Becher holt ihn aus Carwitz heraus: In Berlin soll Fallada wieder mit dem Schreiben beginnen, was ihm auch mit „Jeder stirbt für sich allein“ tatsächlich gelingt. Aber seine Sucht holt ihn rasch wieder ein – und so mutiert der Schriftsteller Hans Fallada zum medizinischen Studienobjekt im Hörsaal der Universität, bevor er im Februar 1947 im Krankenhaus stirbt.
Roland Gräf hat 1988 die letzten Zehn Jahre des Dichters Hans Fallada, den die Westdeutschen vor allem durch Peter Zadeks legendäre Bochumer Revue „Kleiner Mann, was nun“ kennen, als Biopic verfilmt, als dieser Genrebegriff noch längst nicht geboren worden war. „Fallada – Letztes Kapitel“ ist auch ein Zeitporträt, vor allem aber, und das ist für den DDR-Film nicht selbstverständlich, die Tragödie eines labilen, zerrissenen Mannes, der selbst viel zu seinem Schicksal beigetragen hat. Indem er seine Willens- und Entschlussschwäche auch bei größer werdender Familie und entsprechend gewachsener Verantwortung nicht ablegen konnte: Fallada hat versucht, davon zu kommen, ohne sich die Hände dabei schmutzig zu machen. Damit steht er in der Geschichte der Menschheit nicht allein, verhindert aber das in der DDR weit verbreitete Bild eines aufrechten sozialistischen Intellektuellen, der zuallererst an den Verhältnissen des Faschismus gescheitert ist.
Bemerkenswert ist daher die Reihe der Auszeichnungen beim 5. Nationalen Spielfilmfestival der DDR 1988 in Karl-Marx-Stadt: Preise für den Film, für den Kameramann Roland Dressel und für Jörg Gudzuhn als besten männlichen Hauptdarsteller. Letztere Auszeichnung wiederholte sich im Jahr darauf beim Int. Filmfestival Chicago und beim Kritikerpreis des Verbandes der Film- und Fernsehschaffenden der DDR. Bemerkenswert auch die Musikauswahl: Die Kompositionen von Robert Stolz sorgen für Zeitkolorit, während die Jean Sibelius’ das ständige Auf und Ab der Stimmungslage der Titelfigur nicht nur untermalen, sondern noch verstärken.
Pitt Herrmann