Mit einer Reihe von Kino- und Fernsehfilmen gratuliert das Filmmuseum Potsdam gemeinsam mit der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF und der DEFA-Stiftung der Potsdamer Ausnahmeschauspielerin Jutta Hoffmann zu ihrem 80. Geburtstag.
Die von der Filmhistorikerin Evelyn Hampicke gemeinsam mit dem Filmmuseum Potsdam kuratierte Filmreihe ist von März bis Mai im kino2online, dem virtuellen Kinosaal des Filmmuseums, zu sehen. Für die Zeit nach der Wiedereröffnung des Marstalls sind weitere Filme im Kino sowie eine Abendveranstaltung mit Jutta Hoffmann als Gast in Planung.
Mit freundlicher Unterstützung der DEFA-Stiftung und der Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv
Filme vom 1.3. bis 31.3.2021
"Karla"
R: Herrmann Zschoche, D: Jutta Hoffmann, Jürgen Hentsch, Hans Hardt-Hardtloff, DDR 1965/1990, 134'
Karla tritt nach Abschluss der Universität eine Lehrerstelle in einer Kleinstadt im Norden der DDR an. Sie möchte die Kinder zu selbständigem Denken anregen. Doch ihre Ideale stoßen auf Unverständnis - nicht nur im Kollegium, sondern auch bei den Schüler*innen. Durch das 11. Plenum des ZK der SED verboten, gelangte der Film erst 1990 zur Aufführung und fand wegen der realistischen Schilderung des Schulalltags und der hervorragenden schauspielerischen Leistung Jutta Hoffmanns große Anerkennung.
"Das Versteck"
R: Frank Beyer, D: Jutta Hoffmann, Manfred Krug, Dieter Mann, DDR 1977, 104'
Ein Jahr nach der Scheidung. Ein Ex-Mann will seine Ex-Frau zurück. Das kann jedoch nur durch eine List geschehen. Er überredet sie, ihn in ihrer Wohnung vor der Polizei zu verstecken. Obwohl sie den Schwindel durchschaut, geht seine Ex-Frau auf sein Werben ein. Vielleicht gelingt doch ein neuer Anfang. Es dauerte fast zwei Jahre bis der Film 1978 in die DDR-Kinos kam, da Hauptdarsteller Manfred Krug in Folge der Biermann-Petition in die Bundesrepublik übersiedelte, wo "Das Versteck" ein Jahr darauf ins Kino kam. Jutta Hoffmann verließ die DDR schließlich 1983.
"Hedda Gabler"
R: Thomas Langhoff, D: Jutta Hoffmann, Jörg Gudzuhn, Jürgen Gosch, DDR 1980, 125'
Die Studioaufzeichnung einer Inszenierung des Schauspiels von Henrik Ibsen von Regisseur Thomas Langhoff mit illustrer Besetzung: Vor allem Jutta Hoffmann besticht mit ihrer Interpretation der großbürgerlichen Tochter, die sich in Aussicht auf eine gehobene gesellschaftliche Rolle mit einem rückgratlosen "Fachmenschen" verehelicht. Das Verwegene zieht sie magisch an, doch für eigene Eskapaden fehlt ihr der Mut.
"Zeit der Einsamkeit"
R: Peter Vogel, D: Christian Grashof, Jutta Hoffmann, Uwe Kockisch, DDR 1983, 90'
Die Jüdin Magda und ihr Mann Rudolf sind 1942 auf der Flucht vor den Nazis in der südfranzösischen Stadt Albi eingetroffen. Doch schnell stellt sich heraus, dass das Vichy-Regime in Frankreich kaum Sicherheit bietet. Magda fehlt ein gültiger Pass. So ist sie den Nachstellungen eines Präfekturbeamten ausgesetzt, während Rudolf in die Fänge des Polizeichefs gerät. Jutta Hoffmann glänzt in der Literaturverfilmung nach Stephan Hermlins Buch. Die Koproduktion zwischen DEFA, Fernsehen der DDR und dem staatlichen Filmstudio in Bukarest ist eine außergewöhnliche, heute kaum noch bekannte filmische Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus.
Filme vom 1.4. bis 30.4.2021
"Julia lebt"
R: Frank Vogel, D: Jutta Hoffmann, Angelica Domröse, Peter Sindermann, DDR 1963, 83'
Auf einem Schwimmfest lernt der Grenzsoldat Gunter Rist die Professorentochter Penny kennen. Aus dem einfachen Jungen und dem verwöhnten Mädchen wird ein seltsames Liebespaar. Gunter jedoch passt nicht in ihre Kreise, wird von Pennys versnobbten, intellektuellen Freund*innen brüskiert. Eine proletarisch-sozialistisch personifizierte Variante von "Buridans Esel" und vielleicht der aparteste DEFA-Mauerfilm überhaupt. Leicht masochistische Erotik durchzieht den Film und macht den bewussten Grenzschützer empfänglich für die Reize toller Outfits und für die Verblendungen großbürgerlicher Sozialisierung allgemein. Doch Entscheidungsfreude ist nicht Gunters Stärke. Das kommt davon! Am Ende wird der Grenzposten-Romeo vom Film-Klassenfeind hinterrücks erschossen. Aber Julia lebt.
Bonus: Einführung zu "Julia lebt" von Evelyn Hampicke (Filmhistorikerin)
"Geschlossene Gesellschaft"
R: Frank Beyer, D: Jutta Hoffmann, Armin Mueller-Stahl, Sigfrit Steiner, DDR 1978, 118'
Wenn Ehemann und Ehefrau am Rande der kleinen DDR Urlaub machen, wird es unmöglich, lang verdrängte Krisen zu unterdrücken. Vorwürfe und Anklagen werden laut. Trotz eines Hoffnung spendenden Endes wurde der DDR-TV-Termin auf sehr späte Stunden des Abendprogrammes verlegt. Wohl in der Hoffnung, dass rechtschaffene, arbeitende Bürger*innen bei der Ausstrahlung ein- oder gar verschlafen würden. "Geschlossene Gesellschaft" war und ist ein subversives Gleichnis. Ein allzu deutlicher Aufruf zum offenen Benennen und Bearbeiten von vordergründig privaten, aber auch unterschwellig gesellschaftlichen Konflikten.
"Bandits"
R: Katja von Garnier, D: Jasmin Tabatabai, Katja Riemann, Jutta Hoffmann, D 1997, 109'
Die vier Gefängnisinsassinnen Marie, Luna, Angel und Emma gründen die Band Bandits und brechen kurz darauf aus dem Knast aus. Mit der Polizei auf den Fersen gelingt es ihnen trotzdem, Konzerte zu geben, die von einer immer größer werdenden medialen Aufmerksamkeit und Fangemeinde begleitet werden. Vor der beeindruckenden Szenerie des Hamburger Hafens geben sie ihr größtes Konzert, dem die Polizei machtlos zuschauen muss. Jutta Hoffmann, Seite an Seite mit Jasmin Tabatabai, Nicolette Krebitz und Katja Riemann, zeigt in der Rolle der Marie, was generationenübergreifende Solidarität unter Frauen bewirken kann. Letztere machte nicht nur die Polizist*innen im Film, sondern auch zeitgenössische männliche Filmkritiker nervös, so dass sie sich zu persönlich abwertenden Kritiken hinreißen ließen, die deutlich mehr über die Frauenfeindlichkeit ihrer Autoren aussagen als über den Film selbst. Unbeeindruckt davon ist "Bandits" ein Roadmovie mit Kultstatus und hält bis heute den Titel des erfolgreichsten deutschen Filmscores überhaupt.
Filme vom 1.5. bis 31.5.2021
"Junge Frau von 1914"
R: Egon Günther, D: Jutta Hoffmann, Klaus Piontek, Inge Keller, DDR 1970, 77' + 79'
Zweiteilige Verfilmung nach Arnold Zweigs Roman: Die Liebe zwischen dem mittellosen Schriftsteller Bertin und der Bankierstochter Leonore Wahl bricht mit gesellschaftlichen Konventionen und muss vor den Eltern verheimlicht werden. Die Lage spitzt sich zu, als Bertin in den Krieg ziehen muss, Leonore ein Kind abtreiben lässt und sich eine Stellung als Lehrerin sucht. Trotz der Verlobung mit einem anderen und trotz weiterer Widerstände heiratet Leonore Bertin. Ihr Leben wird dadurch nicht einfacher.
"Rita"
R: Egon Günther, D: Jutta Hoffmann, Eberhard Esche, Fred Düren, DDR 1976, 60'
Während sich die jungen Kolleginnen, die mit ihr am Fließband arbeiten, durch Frisur und Haarfarbe zu individualisieren versuchen, ist Rita längst in die Selbständigkeit aufgebrochen. Sie ist alleinerziehende Mutter, besucht das Abendgymnasium, wird studieren. Ohnehin ist sie unendlich entzückend. All das führt sie in eine ernsthafte Beziehung zu einem Elite-Mann mit Parteiabzeichen. Geschlechter-Problematik im 70er-Jahre-Look. Von dem Fernsehfilm "Rita" existierte unter dem Titel "Anlauf" eine erste, längere Fassung von 1970. Dieser szenisch ähnliche, doch in der Grundaussage durchaus unterschiedliche Film ist heute leider nur noch in einer qualitativ nicht vorzeigbaren Umkopierung überliefert.
Bonus: Einführung zu "Rita" von Evelyn Hampicke (Filmhistorikerin)
"Weite Straßen – stille Liebe"
R: Herrmann Zschoche, D: Manfred Krug, Jaecki Schwarz, Jutta Hoffmann, DDR 1977, 76'
Ein weiterer Film, in dem Jutta Hoffmann Seite an Seite mit Manfred Krug zu sehen ist. Er spielt den Fernfahrer Hannes – noch auf den Straßen der DDR "auf Achse", sie eine hilfsbedürftige junge Frau mit kleinem Kind, die bei ihm und seinem Beifahrer mitfahren und mitwohnen darf. Die beiden Männer verlieben sich in die attraktive, aber eigensinnige Johanna. Als der kernige Hannes sich einen kleinen Trabant für Sonntagsausflüge anschaffen und heiraten möchte, ist Johanna plötzlich wieder verschwunden.
Buchpublikation erhältlich:
"Jutta Hoffmann – Schauspielerin"
Hg. vom Filmmuseum Potsdam
Verlag Das Neue Berlin, 2012
192 Seiten mit ca. 200 Fotos, 22,5 x 22,5 cm, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-360-02136-6
Einmaliger Sonderpreis: € 9,95 (zzgl. Versandkosten)
Quelle: www.filmmuseum-potsdam.de