Die Programmauswahl für das Panorama 2016 ist abgeschlossen: 51 Filme aus 33 Ländern wurden ausgewählt, davon 17 Panorama Dokumente und 34 Spielfilme in Hauptprogramm und Panorama Special.
Davon sind 33 Weltpremieren, neun internationale und neun europäische Premieren. Zum 30. Teddy Award wird eine Jubiläumsreihe mit 17 Filmen stattfinden (siehe Nachrichten vom 17.12.2015 und 14.1.2016).
Das Panorama-Hauptprogramm eröffnet am Donnerstag, den 11. Februar mit dem tschechischen Debüt "Já, Olga Hepnarová" von Tomas Weinreb und Petr Kazda. Der Film zeigt die Enge, in die eine junge Frau in der damaligen Tschechoslowakei getrieben ist und aus der sie sich mit einem verheerenden Befreiungsschlag zu erlösen sucht - und schließlich mit der dort bis 1989 geltenden Todesstrafe konfrontiert wird. Zwei weitere Filme zum Thema machen die Todesstrafe zu einem eindringlichen Schwerpunkt: "Shepherds and Butchers" aus Südafrika zur Zeit der Apartheid und die brasilianische Dokumentation "Curumim" über den Insassen einer Todeszelle in Indonesien.
"Europe, She Loves", der Eröffnungsfilm der Reihe Panorama Dokumente, ist eine schweizerisch-deutsche Co-Produktion und untersucht die Befindlichkeiten heterosexueller Paare von Sevilla über Tallinn und Dublin bis Thessaloniki. Sie erstellt so ganz nebenbei - lakonisch, witzig, nachdenklich, sexy - eine Temperaturmessung des Patienten Europa.
Ein brennendes Thema bringt Rachid Boucharebs "La route d’Istanbul" ins Programm: Eine belgische Mutter versucht, ihre Tochter, die in den Dschihad gezogen ist, in Syrien zu finden und nach Hause zu holen. Bouchareb präsentierte bereits sechs seiner Werke in Berlin (fünf Spielfilme und ein Kurzfilm). Zuletzt war er 2014 mit "Two Men in Town" im Wettbewerb vertreten.
Aslı Özge zeigt nach "Hayatboyu" (Panorama 2013) ihren ersten deutschsprachigen Film "Auf Einmal", in dem eine falsche Entscheidung die ganze Existenz eines jungen Mannes auf den Prüfstand stellt.
Starkes Debüt: Die dänisch-schwedische Co-Produktion "Shelley" von Ali Abbasi geht mit Genremitteln einem der diesjährigen Panorama-Themen nach: Babywunsch, hier verknüpft mit osteuropäischer Arbeitsmigration.
Dreimal Brasilien, zweimal Chile
Um Blutsbande versus Prägung und die Entdeckung eines Babydiebstahls geht es im brasilianischen "Mãe só há uma": Die Regisseurin Anna Muylaert errang 2015 den Panorama Publikums-Preis für "A que horas ela volta" ("The Second Mother"). Den Kulturclash zwischen den Amazonas-Indio-Riten seines Herkunftstammes und dem selbstbestimmten urbanen Leben, das ihn anzieht, muss ein junger Mann in "Antes o tempo não acabava" ertragen. Der brasilianischen Menschenrechtlerin Yvonne Bezerra de Mello, vor 15 Jahren Protagonistin in "Kriegerin des Lichts", stattet Monika Treut in "Zona Norte" erneut einen Besuch ab und erkundet die Entwicklung ihrer alternativen Pädagogik in der Arbeit mit Straßenkindern. Zwei Filme aus Chile vervollständigen die diesjährige Lateinamerika-Auswahl: Alejandro Fernández Almendras beobachtet in "Aquí no ha pasado nada" ("Much Ado About Nothing") Auswirkungen von Klassengesellschaft und Korruption auf eine Gruppe privilegierter Jugendlicher und im Erstling "Nunca vas a estar solo" ("You'll Never Be Alone") von Alex Anwandter sucht ein Vater vergebens Rückhalt, wenn sein junger schwuler Sohn einem Hassverbrechen in der Nachbarschaft zum Opfer fällt.
Südkorea und China jeweils drei Mal
E J-yong, wiederholt zu Gast, erzählt in "Jug-yeo-ju-neun Yeo-ja" ("The Bacchus Lady") die Geschichte einer leisen Heldin: Ihr Leben widmete sie den Männern und nun im Alter gar den Tod - doch war sie, im Rahmen des Patriarchats, selbstbestimmter und freier als es die Gattinnen ihrer Kunden je sein konnten. Vertiefende dokumentarische Einblicke in die koreanische Welt geben "The Lovers and The Despot" um das nach Nordkorea entführte Traumpaar des südkoreanischen Films und "WEEKENDS", der die rasanten Fortschritte und Fallstricke der schwulen Emanzipationsbewegung aufzeigt.
Shanghai: Die dramatische Geschichte eines Babydiebstahls gibt in "San Fu Tian" ("Dog Days") einen modern-intimen Einblick in das neue China der Mittelklasse - dieser rasant wachsenden Schicht, die im Dokumentarfilm "Wu Tu" den Gemüsebauern jeden Quadratmeter streitig und somit die Grundform der Gentrifizierung erlebbar macht. Das Babythema wiederum wird in "Inside the Chinese Closet" weitergetragen: Scheinehen und andere Gesellschaftskonstruktionen werden erfunden, um der konservativen Familienstruktur Genüge zu tun, ob die Beteiligten wollen oder nicht.
So geht es auch dem jungen Israeli in "Who’s Gonna Love Me Now?", der nach London Reißaus nahm und wo HIV das Familienverhältnis weiter kompliziert - ein wenig beachtetes Thema in den letzten Jahren, das aber von mehreren Produktionen im Panorama 2016 aufgegriffen wird: "Strike a Pose" über die Tänzer von Madonnas legendärer Blond Ambition Tour gehört dazu, ferner "Brüder der Nacht" und "Kiki", sowie die bereits gemeldeten "Der Ost-Komplex", "Uncle Howard", "Mapplethorpe: Look at the Pictures" und als Spielfilm "Théo et Hugo dans le même bateau". Aids ist nicht aus der Welt!
Der Panorama Publikums-Preis wird zum 18. Mal gemeinsam mit radioeins für den besten Spiel- und Dokumentarfilm – 2015 wurden über 32.000 Stimmen abgegeben - am Berlinale Publikumstag: 2016 am 21. Februar, im CinemaxX 7 um 17:00 Uhr verliehen. Im Anschluss kommen die Gewinnerfilme zur Aufführung.
Zum vierten Mal wird der Heiner-Carow-Preis in Zusammenarbeit mit der DEFA-Stiftung zur Förderung der deutschen Filmkunst im Panorama an einen Dokumentar-, Spiel- oder Essayfilm vergeben. Im Anschluss an die Verleihung am 18. Februar wird um 17:00 Uhr "Die Russen kommen" von Heiner Carow (DDR 1968) im Kino International aufgeführt.
Panorama 2016
"Antes o tempo não acabava" ("Time Was Endless") – Brasilien / Deutschland
Von Sérgio Andrade, Fábio Baldo
Mit Anderson Tikuna, Rita Carelli, Begê Muniz, Emanuel Aragão
Weltpremiere
"Auf Einmal" – Deutschland / Niederlande / Frankreich
Von Aslı Özge
Mit Sebastian Hülk, Julia Jentsch, Hanns Zischler, Sascha Alexander Gerşak
Weltpremiere
"Aquí no ha pasado nada" ("Much Ado About Nothing") - Chile
Von Alejandro Fernández Almendras
Mit Agustín Silva, Paulina García, Alejandro Goic, Luis Gnecco, Daniel Alcaíno
Europapremiere
"Jug-yeo-ju-neun Yeo-ja" ("The Bacchus Lady") - Republik Korea
Von E J-yong
Mit Youn Yuh-jung, Chon Moo-song, Yoon Kye-sang, An A-zu, Choi Hyun-jun
Weltpremiere
"La Route d'Istanbul" ("Road to Istanbul") – Algerien / Frankreich / Belgien
Von Rachid Bouchareb
Mit Astrid Whettnall, Pauline Burlet, Patricia Ide, Abel Jafri
Weltpremiere
"Mãe só há uma" ("Don’t Call Me Son") – Brasilien
Von Anna Muylaert
Mit Naomi Nero, Dani Nefussi, Matheus Natchergaele, Daniel Botelho, Luciana Paes
Weltpremiere
"Nunca vas a estar solo" ("You'll Never Be Alone") – Chile
Von Alex Anwandter
Mit Sergio Hernández, Andrew Bargsted, Jaime Leiva
Weltpremiere
"San Fu Tian" ("Dog Days") – Hongkong, China / Volksrepublik China
Von Jordan Schiele
Mit Huang Lu, Tian Mu Chen, Luo Lan Shan
Weltpremiere
"Shelley" – Dänemark / Schweden
Von Ali Abbasi
Mit Ellen Dorrit Petersen, Cosmina Stratan, Peter Christoffersen
Weltpremiere
"Shepherds and Butchers" - Südafrika / USA / Deutschland
Von Oliver Schmitz
Mit Steve Coogan, Andrea Riseborough, Garion Dowds
Weltpremiere
Panorama Dokumente
"Brüder der Nacht" - Österreich
Von Patric Chiha
Weltpremiere
"Curumim" - Brasilien
Von Marcos Prado
Weltpremiere
"Europe, She Loves" - Schweiz / Deutschland
Von Jan Gassmann
Weltpremiere
"Inside the Chinese Closet" - Niederlande
Von Sophia Luvarà
Internationale Premiere
"Kiki" – Schweden / USA
Von Sara Jordenö
Europapremiere
"Strike a Pose" - Niederlande
Von Ester Gould, Reijer Zwaan
Weltpremiere
"The Lovers and the Despot" - Großbritannien
Von Rob Cannan, Ross Adam
Europapremiere
"WEEKENDS" - Republik Korea
Von Lee Dong-ha
Weltpremiere
"Who’s Gonna Love Me Now?" – Israel / Großbritannien
Von Tomer Heymann, Barak Heymann, Alexander Bodin Saphir
Weltpremiere
"Wu Tu" ("My Land") - Volksrepublik China
Von Fan Jian
Europapremiere
"Zona Norte" - Deutschland
Von Monika Treut
Weltpremiere
Bereits gemeldet:
"Aloys" – Schweiz / Frankreich, von Tobias Nölle, Weltpremiere
"El rey del Once" ("The Tenth Man") – Argentinien, von Daniel Burman – Internationale Premiere
"Goat" – USA, von Andrew Neel - Internationale Premiere
"Grüße aus Fukushima" ("Fukushima, mon Amour") – Deutschland, von Doris Dörrie - Weltpremiere
"Indignation" – USA, von James Schamus - Internationale Premiere - Debütfilm
"Já, Olga Hepnarová" ("I, Olga Hepnarová") - Tschechische Republik / Polen / Slowakische Republik / Frankreich, von Tomas Weinreb, Petr Kazda - Weltpremiere
"Jonathan" – Deutschland, von Piotr J. Lewandowski - Weltpremiere – Debütfilm
"Junction 48" – Israel / Deutschland / USA, von Udi Aloni - Weltpremiere
"Kater" ("Tomcat") – Österreich, von Händl Klaus - Weltpremiere
"Les premiers, les derniers" ("The First, the Last") – Frankreich / Belgien, von Bouli Lanners - Internationale Premiere
"La helada negra" ("The Black Frost") – Argentinien, von Maximiliano Schonfeld- Weltpremiere
"Lantouri" – Iran, von Reza Dormishian - Internationale Premiere
"Little Men" – USA, von Ira Sachs - Internationale Premiere (Cross-Section Generation)
"Maggie's Plan" – USA, von Rebecca Miller - Europapremiere
"Nakom" – Ghana / USA, von Kelly Daniela Norris, TW Pittman - Weltpremiere
"Ranenyy Angel" ("The Wounded Angel") – Kasachstan / Frankreich / Deutschland, von Emir Baigazin - Weltpremiere
"Remainder" – Großbritannien / Deutschland, von Omer Fast - Internationale Premiere
"S one strane" ("On the Other Side") - Republik Kroatien / Serbien, von Zrinko Ogresta - Weltpremiere
"Starve Your Dog" – Marokko, von Hicham Lasri - Europapremiere
"Sufat Chol" ("Sand Storm") – Israel, von Elite Zexer - Europapremiere - Debütfilm
"Théo et Hugo dans le même bateau" ("Paris 05:59") – Frankreich, von Olivier Ducastel, Jacques Martineau - Weltpremiere
"The Ones Below" – Großbritannien, von David Farr - Europapremiere - Debütfilm
"War on Everyone" – Großbritannien, von John Michael McDonagh - Weltpremiere
"While the Women Are Sleeping" – Japan, von Wayne Wang – Weltpremiere
Panorama Dokumente
"Der Ost-Komplex" ("The GDR Complex") – Deutschland, von Jochen Hick – Weltpremiere
"Don't Blink - Robert Frank" – USA / Frankreich, von Laura Israel - Internationale Premiere
"Hotel Dallas" – Rumänien / USA, von Livia Ungur, Sherng-Lee Huang - Weltpremiere - Debütfilm
"Mapplethorpe: Look at the Pictures" – USA / Deutschland, von Fenton Bailey, Randy Barbato - Internationale Premiere
"Mariupolis" – Litauen / Deutschland / Frankreich / Ukraine, von Mantas Kvedaravicius - Weltpremiere
"Uncle Howard" – Großbritannien / USA, von Aaron Brookner - Europapremiere
Teddy30
"1 Berlin Harlem" – Deutschland (BRD), 1974, von Lothar Lambert, Wolfram Zobus
"Anders als die Andern" - Deutschland, 1919, von Richard Oswald
"Before Stonewall" – USA, 1984, von Greta Schiller, Robert Rosenberg
"Die Betörung der Blauen Matrosen" - Deutschland (BRD), 1975, von Ulrike Ottinger
"Die Wiese der Sachen" - Deutschland (BRD), 1974-1987, von Heinz Emigholz
"Gendernauts - Eine Reise durch die Geschlechter" - Deutschland, 1999, von Monika Treut
"Hedwig and the Angry Inch" – USA, 2001, von John Cameron Mitchell
"Je, tu, il, elle" ("I, You, He, She") - Frankreich / Belgien, 1974, von Chantal Akerman
"Looking for Langston" - Großbritannien, 1989, von Isaac Julien
Machboim ("Hide and Seek") – Israel, 1979, von Dan Wolman
"Marble Ass" – Jugoslawien, 1995, von Želimir Žilnik
"Nitrate Kisses" – USA, 1992, von Barbara Hammer
"Parting Glances" - USA 1986, von Bill Sherwood
"The Watermelon Woman" – USA, 1996, von Cheryl Dunye
"Tongues Untied" – USA, 1989, von Marlon Riggs
"Toute une nuit" ("A Whole Night") - Frankreich / Belgien, 1982, von Chantal Akerman
"Tras el crystal" ("In a Glass Cage") – Spanien, 1987, von Agustí Villaronga
Quelle: www.berlinale.de