Aylin Tezel
Aylin Tezel, geboren 1983 in Bünde als Tochter einer deutschen Mutter und eines türkischen Vaters, studierte von 2004 bis 2006 an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin. Daneben erhielt sie eine professionelle Tanzausbildung in klassischem Ballett und zeitgenössischem Tanz. Nach ersten Fernsehrollen, unter anderem in Angelina Maccarones umstrittener "Tatort"-Folge "Wem Ehre gebührt" (2007), gab sie ihr Kinodebüt 2008 in Andreas Morells Drama "Unschuld", in dem sie als minderjähriges Groupie einem Musikstar den Kopf verdreht. Es folgten weitere Auftritte in TV-Produktionen sowie eine Nebenrolle in dem Jugenddrama "Bis aufs Blut – Brüder auf Bewährung", bevor man sie in Ayse Polats Komödie "Luks Glück" (2010), über die Wirrungen eines türkischen Lottomillionärs, erstmals in einer Kinohauptrolle sah.
Der Durchbruch gelang Tezel 2011 durch ihre Hauptrolle in dem Erfolgsfilm "Almanya – Willkommen in Deutschland", der die Erlebnisse einer türkischen Migrantenfamilie beschreibt. Der Film der Regisseurin Yasemin Samdereli feierte im Wettbewerb der Berlinale 2011 Weltpremiere und wurde beim Deutschen Filmpreis 2011 mit dem Filmpreis in Silber ausgezeichnet. Im gleichen Jahr konnte Tezel mit der Titelrolle in Uwe Jansons Märchenfilm "Aschenputtel" einen großen TV-Erfolg verbuchen.
Ab 2012 gehörte Tezel als Ermittlerin Nora Dalay auch zum neuen Team des WDR-"Tatorts" um Jörg Hartmann und Anna Schudt. 2020 verließ sie das Team wieder. Ebenfalls 2012 gehörte sie zum Ensemble der Komödie "Drei Zimmer, Küche, Bad" von Dietrich Brüggemann und spielte die Hauptrolle in Pola Becks preisgekröntem Drama "Am Himmel der Tag", über eine orientierungslose junge Frau, deren Leben durch eine ungeplante Schwangerschaft plötzlich eine Perspektive zu bekommen scheint. Für ihre intensive Leistung in "Am Himmel der Tag" wurde Tezel mit dem Deutschen Schauspielerpreis sowie den Darstellerpreisen beim Potsdamer Filmfestival Sehsüchte und beim Internationalen Filmfestival Turin ausgezeichnet; außerdem erhielt sie eine Nominierung für den Hessischen Filmpreis und für den Preis der Deutschen Filmkritik (in Kombination mit "Drei Zimmer/Küche/Bad" und "Luks Glück").
Eine starke Fernsehrolle hatte Tezel in der Dramödie "Kleine Schiffe" (2013): An der Seite von Katja Riemann spielte sie darin eine unstete junge Frau, die ihre ungewollte Schwangerschaft mit Witz und Optimismus zu meistern versucht. Auch für diese Rolle wurde sie mit dem Deutschen Schauspielerpreis ausgezeichnet. Nach einer Nebenrolle als Ex-Freundin des jungen Protagonisten in dem Drama "Auf das Leben!" (2014) spielte Tezel in Marco Kreuzpaintners Komödie "Coming In" (2014) die Hauptrolle einer lässigen Berliner Kiezfriseurin, die überraschend einem schwulen Schickeriafriseur (Kostja Ullmann) den Kopf verdreht. Es folgten Seriengastrollen in Einzelfolgen von "Schuld nach Ferdinand von Schirach" (Folge: "Schnee", 2015) und der US-Serie "Homeland" (Folge: "Why Is This Night Different?", 2015).
Eine weitere Kinohauptrolle hatte Aylin Tezel in der Komödie "Macho Man" (2015), als Deutschtürkin, deren neuer deutscher Freund sich als "ganzer Mann" beweisen will, um ihre machohaften Brüder zu beeindrucken. Ernsterer Stoff war der TV-Thriller "Die Informantin" (2016, Regie: Philipp Leinemann), über eine Studentin (Tezel), die von der Justiz unter Druck gesetzt wird, damit sie verdeckt unter Drogendealern ermittelt. Zwar erhielt der Film eher mäßige Kritiken, doch Tezels Leistung wurde meist sehr gelobt (2019 folgte die "Die Informantin – Der Fall Lissabon", Regie: Isabel Kleefeld).
Kleinere Rollen hatte Tezel in dem amerikanischen Kriegsdrama "Yellow Birds" (2017) und in der dritten Staffel der kanadisch-ungarischen Agentenserie "X Company" (2017). Regisseur Joachim Masannek besetzte sie in dem erfolgreichen Kinder-Kinofilm "Liliane Susewind - Ein tierisches Abenteuer" (DE/FR/BE 2018) in einer Schlüsselrolle als Bösewichtin. Der hoch gelobte Fernsehkrimi "Der Polizist und das Mädchen" (2018) zeigte sie als Ehefrau eines Polizisten, der mit allen Mitteln seine Schuld an einem tragischen Unfall vertuscht.
Auf der Kinoleinwand sah man Tezel 2019 in dem Thriller "7500", als Flugbegleiterin eines von Terroristen entführten Flugzeugs. 2021 spielte sie in der ZDF-Serie "Unbroken" die Hauptrolle einer hochschwangeren Kommissarin, die auf einem Supermarktparkplatz unter Drogen gesetzt und entführt wird. Im Jahr darauf feierte der deutsch-israelische Spielfilm "Der Russe ist einer, der Birken liebt" beim Filmfest München Premiere. Auch hier spielte Tezel die Hauptrolle, dieses Mal als angehende Dolmetscherin, deren Freund plötzlich zum Pflegefall wird.
Ende September 2023 kam Marc Rothemunds "Wochenendrebellen" in die Kinos, indem Tezel als Mutter eines autistischen Jungen zu sehen war. Kurz darauf erlebte "Falling into Place" seine Premiere auf dem Filmfest Hamburg, für den Aylin Tezel sowohl das Drehbuch schrieb als auch Regie führte und die weibliche Hauptrolle übernahm. Der Film handelt von zwei Mittdreißigern, die sich an einem Winterwochenende auf der Isle of Skye kennenlernen und eine tiefe Verbindung entwickeln. Beim Tallinn Black Nights Film Festival erhielt Tezels Spielfilmdebüt (sie hatte bereits 2010 und 2019 zwei Kurzfilme realisiert, die international auf Festivals liefen) den FIPRESCI-Preis. Ende November 2023 startete der Film in den deutschen Kinos.