Chris Kraus
Chris Kraus, geboren 1963 in Göttingen, arbeitete zunächst als Journalist und Illustrator, bevor er 1991 ein Studium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) begann. Bereits während seines Studiums, das er 1998 erfolgreich abschloss, war Kraus als Drehbuchautor fürs Fernsehen ("Motzki", "Marga Engel schlägt zurück"), als Lektor sowie als dramaturgischer Berater für Regisseure wie Volker Schlöndorff und Rosa von Praunheim tätig. Für von Praunheim verfasste er 1999 auch das Drehbuch zu dessen historischem Drama "Der Einstein des Sex" und erhielt dafür prompt eine Nominierung zum Deutschen Drehbuchpreis.
Sein Kinodebüt als Regisseur gab Kraus 2002 mit dem Mutter-Sohn-Drama "Scherbentanz". Der Film, basierend auf Kraus' gleichnamigem Roman (ebenfalls 2002), wurde mit zahlreichen nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter zwei Bayerische Filmpreise für die "Beste Nachwuchsregie" und die "Beste Nebendarstellerin" (Margit Carstensen). Kraus' zweiter Kinofilm "Vier Minuten", über das Verhältnis einer alten Klavierlehrerin zu einer jungen, hochbegabten Gefängnisinsassin, war mit großem Erfolg auf internationalen Festivals zu sehen. Beim Bayerischen Filmpreis 2007 wurden Monica Bleibtreu und Hannah Herzsprung für ihre Leistungen mit dem Darsteller- bzw. dem Nachwuchsdarstellerpreis ausgezeichnet, Kraus selbst erhielt den Regiepreis. Der Siegeszug setzte sich bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises eindrucksvoll fort: Nach erneuten Darstellerpreisen für Bleibtreu und Herzsprung gewann "Vier Minuten" auch noch die höchstdotierte Auszeichnung als bester Spielfilm.
2007 inszenierte Kraus für die populäre Krimiserie "Bella Block" die Folge "Reise nach China", bevor er sich erneut einem Kinoprojekt zuwendete: Das Historiendrama "Poll" (2010) erzählt von einer jungen Deutschbaltin (Paula Beer), die am Vorabend des Ersten Weltkrieges einen verletzten estnischen Anarchisten bei sich versteckt. Der Film feierte beim Toronto Filmfestival 2010 Weltpremiere und wurde unter anderem bei internationalen Festivals in Rom und Talinn mit Preisen geehrt.
Bei den Hofer Filmtagen 2012 feierte der Dokumentarfilm "Rosakinder" Premiere, der als Gemeinschaftsprojekt von Julia von Heinz, Chris Kraus, Axel Ranisch, Robert Thalheim und Tom Tykwer entstand: In kleinen Episoden reflektieren die fünf ihre Beziehung zu ihrem gemeinsamen Lehrer und Mentor Rosa von Praunheim.
Vier Jahre später, im Oktober 2016, stellte Kraus ebenfalls in Hof seinen nächsten Spielfilm vor: "Die Blumen von gestern" (DE/AT 2016) erzählt von einem äußerst ernsthaften Holocaust-Forscher, dessen berufliches und privates Leben durch seine exzentrische französische Praktikantin durcheinander gewirbelt wird. Neben weiteren Auszeichnungen, darunter beim Internationalen Filmfestival in Tokyo, erhielt der Film acht Nominierungen für den Deutschen Filmpreis 2017. Chris Kraus wurde für das beste Drehbuch und die beste Regie nominiert.
Im Jahr 2017 erschien nach jahrelangen Recherchen Kraus' zweiter Roman, "Das kalte Blut", zu dessen Geschichte er unter anderem von der SS-Vergangenheit seines baltischstämmigen Großvaters und dessen zwei Brüdern inspiriert wurde. Im Jahr darauf folgte der Roman "Sommerfrauen, Winterfrauen", über einen Regiestudenten, der in New York durch die Begegnung mit einer eigensinnigen Frau mit seiner eigenen Familiengeschichte konfrontiert wird.
Im Dezember 2021 begann Chris Kraus mit den Dreharbeiten zu seinem nächsten Kinofilm "15 Jahre", einer Fortsetzung seines großen Erfolgs "Vier Minuten" von 2006.