Robert Schwentke
Robert Schwentke, 1968 in Stuttgart geboren, begann nach dem Abitur zunächst Philosophie und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Karls-Universität in Tübingen zu studieren, bevor er sich zu einem folgenreichen Wechsel des Studienorts und -fachs entschloss. Nach vier Semestern in Tübingen – und ersten Filmexperimenten mit Super-8 – immatrikuliert er sich am Columbia College in New York und beendete dort ein Filmstudium mit einem Bachelor of Arts. Daraufhin nahm Robert Schwentke 1994 ein Regie-Aufbaustudium am American Film Institute (AFI) in Los Angeles auf, das er 1997 mit einem Master of Fine Arts abschloss. "Ich wollte immer mit dem Know-how von drüben zurückkommen", erläuterte er später seine damalige Zielsetzung, "und dann europäische Filme machen."
Um sein Studium zu finanzieren, begann er mit dem Schreiben für Film und Fernsehen, koppelte so seine theoretische Auseinandersetzung mit Erfahrungen in der Praxis. Zwischen 1998 und 2001 entstanden so u.a. drei Drehbücher für die ARD-Reihe "Tatort" – "Bildersturm" (1998), "Drei Affen" (1999) und "Mördergrube" (2001). Bereits sein Erstling "Bildersturm" wurde für den Grimme-Preis nominiert.
Mit dem Thriller "Tattoo" feierte er 2002 sein Kinodebüt als Drehbuchautor und Regisseur. Ein Jahr später folgte "Eierdiebe", der als eigenwillig schwarze Komödie nicht nur einen harten Genrewechsel, sondern auch eine persönliche Aufarbeitung bedeutete. Der Film über einen aus den Vereinigten Staaten heimgekehrten Studenten, der mit einer Hodenkrebs-Diagnose konfrontiert wird, speiste sich zum Teil aus Robert Schwentkes Biografie: 1995 war bei ihm die gleiche Krankheit diagnostiziert worden. "Der Film", so Schwentke, "ist ein Amalgam aus eigenen Erfahrungen, aus Erdachtem und den Erfahrungen anderer. Wichtig war mir allerdings, die Wahrnehmung dessen, was damals um mich herum geschah, exakt wiederzugeben: dass Abläufe in Krankenhäusern immer was Absurdes und Surreales haben, dass man als Kranker wie ein Hamster im Rad rennt, folgsam und ohne zu fragen.”
Nicht zuletzt weil "Tattoo" auf amerikanischen Festivals bei Produzenten einen guten Eindruck hinterlassen hatte, kam es zu ersten Verhandlungen über Projekte in Hollywood. So kehrte Robert Schwentke in die USA zurück und inszenierte 2004/2005 mit dem Thriller "Flight Plan" seinen ersten Hollywood-Film. Die internationale Kritik lobte die Darsteller und die Inszenierung, bemängelte aber die wenig plausible Verschwörungsgeschichte. An den Kinokassen wurde der Film dennoch ein Erfolg.
Schwentkes zweiter Film in Hollywood war das romantische Science-Fiction-Drama "The Time Traveler's Wife" ("Die Frau des Zeitreisenden", 2009) mit Eric Bana und Rachel McAdams, nach dem Bestseller von Audrey Niffenegger. Von der Kritik wurde dieser Film eher negativ aufgenommen, beim Publikum hingegen war er ein Erfolg.
Ein noch größerer Kassenhit gelang Schwentke mit "RED – Retired Extremely Dangerous" ("R.E.D. – Älter. Härter. Besser.", US 2010), einer hochkarätig besetzten Mischung aus Agententhriller und Actionkomödie. Bei den Golden Globes erhielt der Film eine Nominierung als Bester Film in der Kategorie Komödie/Musical.
Danach drehte Schwentke "R.I.P.D." (US 2013), eine Science-Fiction-Komödie in der Tradition von "Men in Black". Sowohl finanziell als auch bei der Kritik war der Film ein Flop. Anders das Science-Fiction-Abenteuer "Insurgent" ("Die Bestimmung – Insurgent", US 2015), nach der Jugendbuch-Reihe von Veronica Roth: der Film, eine Fortsetzung von "Divergent" ("Die Bestimmung – Divergent", US 2014, Regie: Neil Burger), wurde ein beachtlicher Publikumserfolg. Schwentke inszenierte auch den dritten Teil "Allegiant" ("Die Bestimmung – Allegiant", US 2016), der allerdings weit hinter den Einspielerwartungen zurückblieb, weshalb es (anders als geplant) keine weitere Fortsetzung gab.
Für seinen nächsten Film kehrte Robert Schwentke nach Europa zurück: 2017 drehte er in Polen und Deutschland "Der Hauptmann", über den Kriegsverbrecher Willi Herold, der sich gegen Ende des Zweiten Weltkriegs als Wehrmachts-Offizier ausgab und die Ermordung zahlloser Menschen befahl. Der Film feierte im September 2017 beim Toronto International Film Festival Premiere, wo er hervorragende Kritiken bekam. Seine Europa-Premiere hatte "Der Hauptmann" kurz darauf beim Filmfestival im spanischen San Sebastián. Auch dort gab sehr positive Kritiken; Kameramann Florian Ballhaus wurde mit einem Jury-Preis ausgezeichnet. Im März 2018 kam der Film in die deutschen Kinos.
Beim Deutschen Filmpreis 2018 war "Der Hauptmann" in fünf Kategorien nominiert, unter anderem als Bester Spielfilm, und gewann am Ende den Preis für die Beste Tongestaltung.
Nach dem Erfolg dieses Films ging Schwentke in die USA zurück, wo er den Superheldenfilm "Snake Eyes: G.I. Joe Origins" inszenierte, der ursprünglich 2020 starten sollte, aufgrund der Covid-19-Pandemie jedoch erst im Sommer 2021 in die Kinos kam. An den Kinokassen und bei der Kritik war der Film kein großer Erfolg.