Jutta Lampe
Jutta Lampe wurde am 13. Dezember 1937 in Flensburg geboren und wuchs in Kiel auf. Als Kind erhielt sie Ballettstunden, als Jugendliche nahm sie Unterricht bei einer Schauspielerin des Kieler Theaters. Mit 18 Jahren begann sie in Hamburg eine Schauspielausbildung bei Eduard Marks, der zu dieser Zeit am Hamburger Schauspielhaus engagiert war. Dort besetzte Gustaf Gründgens sie 1957 in seiner legendären "Faust"-Inszenierung im Chor der Troerinnen. Nach kleinen Rollen bei Hans Schalla am Schauspielhaus Bochum erhielt Lampe ein Engagement am Staatstheater Wiesbaden (1960-64).
Der Intendant Kurt Hübner holte sie von dort nach Bremen, wo sie am Theater der Freien Hansestadt Bremen unter anderem in Hübners Inszenierung von "Romeo und Julia" (mit Hans Peter Hallwachs als Romeo) und in Peter Zadeks Inszenierung von "Maß für Maß" für Aufsehen sorgte – um nur zwei Beispiele zu nennen. Der endgültige Durchbruch gelang ihr 1969, als Peter Stein sie in seiner wegweisend modernen Inszenierung von Goethes "Torquato Tasso" als eine der Leonoren besetzte. Die Aufführung wurde (wie schon "Maß für Maß") auch fürs Fernsehen aufgezeichnet.
Stein und Lampe waren von 1967 bis 1984 verheiratet. Als er 1970 an die Schaubühne am Halleschen Ufer in Berlin geholt wurde, folgte sie ihm. Im gleichen Jahr kürte die Fachzeitschrift Theater heute sie zur Schauspielerin des Jahres. Mehr als 30 Jahre gehörte Jutta Lampe dem Ensemble der Schaubühne an; neben ihrem Ehemann arbeitete sie dort mit Theatergrößen wie Klaus Michael Grüber, Luc Bondy und Robert Wilson.
Ihr Kinodebüt gab Jutta Lampe in Steins Verfilmung von Maxim Gorkys "Sommergäste" (1976). Drei Jahre später sah man sie mit Gudrun Gabriel in der Titelrolle von Margarethe von Trottas "Schwestern oder Die Balance des Glücks" (1979), über die intensive Beziehung zweier ungleicher Schwestern; Lampe wirkte hier auch am Drehbuch mit. Der Film gewann mehrere Festivalpreise, beim Deutschen Filmpreis wurde Lampe als Beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet.
Ein noch größerer Erfolg war 1981 von Trottas "Die bleierne Zeit", in dem sie die Schwester einer RAF-Terroristin (gespielt von Barbara Sukowa) spielte, angelehnt an die reale Geschichte von Gudrun Ensslin. Der Film wurde hoch gelobt, gewann eine Vielzahl an Preisen und brachte Lampe unter anderem den Deutschen Filmpreis (zusammen mit Sukowa) und den italienischen David di Donatello Award ein. 1982 erhielt sie den Deutschen Darstellerpreis.
Trotz dieser beiden Erfolgsfilme blieb Lampe eine Frau des Theaters. Nur selten wirkte sie in Kino- oder Fernsehproduktionen mit. So gehörte sie an der Seite von Michel Piccoli zum Ensemble von Luc Bondys Schnitzler-Verfilmung "Das weite Land" (AT/DE), die 1987 in der Sektion Un Certain Regard bei den Filmfestspielen von Cannes gezeigt wurde; Andrzej Wajda besetzte sie in seiner Dostojewski-Adaption "Les Possédés" ("Die Dämonen", FR 1988) mit Isabelle Huppert.
Ihre größten Triumphe feierte sie allerdings auf der Bühne, etwa in Luc Bondys Inszenierung von "Kalldewey Farce" (1982), oder in Steins Aufführungen von Tschechows "Drei Schwestern" (1984) und "Der Kirschgarten" (1995). Für ihre diversen Leistungen erhielt sie unter anderem den Theaterpreis Berlin (1992) und den Gertrud-Eysoldt-Ring (1998). 2002 gab sie am Wiener Burgtheater die Minnie in Becketts "Glückliche Tage", unter der Regie Edith Clevers.
2003 wurde Lampe nach langjähriger Kamerapause erneut von Margarethe von Trotta engagiert: in der mehrfach preisgekrönten Kinoproduktion "Rosenstraße" spielte sie eine Schlüsselrolle als in New York lebende Jüdin, auf deren Kindheitserinnerung die Geschichte des Films basiert. Im gleichen Jahr sah man Lampe in einer Hauptrolle von Stefan Krohmers Fernsehspiel "Familienkreise", als Ehefrau eines dominanten Übervaters (Götz George). Es waren ihren letzte Filmauftritte.
2004 erhielt Lampe in Moskau den Stanislawski-Preis für ihre Verdienste um das europäische Theater. Ihre letzte Bühnenrolle spielte sie 2009 in "Major Barbara", das zugleich die letzte Premierenarbeit des Regisseurs Peter Zadeks war.
Jutta Lampe, die seit einigen Jahren an Demenz erkrankt war, starb am 3. Dezember 2020 in Berlin.