Pio Corradi
Pio Corradi, geboren am 19. Mai 1940 in Läufelingen, Schweiz, besuchte die Kunstgewerbeschule in Basel und absolvierte anschließend, ebenfalls in Basel, eine Ausbildung zum Fotografen (1960-63). 1964 zog er nach Zürich, wo er als Kameraassistent bei Produktionen verschiedener hochkarätiger Regisseure (u.a. Nicolas Gessner) Erfahrungen hinter der Kamera sammelte. Anschließend war er Kameramann beim Schweizer Fernsehen in Zürich.
1972 begann Corradi als freischaffender Kameramann zu arbeiten. Dabei war er von Anfang an gleichermaßen im Dokumentar- wie im Spielfilm zuhause. Zu seinen Arbeiten als Kameramann gehören einige bedeutende Filme, nicht zuletzt des Schweizer Kinos. 1979 erhielt er die 'Qualitätsprämie der Eidgenossenschaft' (EDI) für die Kamera bei dem Dokumentarfilm "Guber – Arbeit im Stein" (CH 1979), über die Geschichte und den harten Arbeitsalltag in dem Steinbruch Guber; 1986 folgte eine weitere 'Qualitätsprämie EDI' für seine Bildgestaltung bei dem modernen Heimatdrama "Höhenfeuer" (CH/DE) von Regisseur Fredi M. Murer, dessen sämtliche Filme Corradi fotografierte. Im Jahr darauf wurde Corradi für den Dokumentarfilm "Der schöne Augenblick" (CH 1986), einem Porträt dreier schweizerischer Fotografen vom Beginn des 20. Jahrhunderts, mit dem Filmpreis der Stadt Zürich geehrt. 1990 erhielt er zum dritten Mal die Qualitätsprämie EDI, diesmal für die Kameraarbeit bei Nicolas Gessners in Amerika spielendem Thriller "Tennessee Nights" (CH/DE 1989). 1996 wurde Corradi mit dem Kunstpreis des Kanton Baselland ausgezeichnet.
Zu Pio Corradis weiteren wichtigen Arbeiten gehören die Dokumentarfilme "Die Salzmänner von Tibet" (CH/DE 1997), der unter Extrembedingungen und mit improvisierter Ausrüstung gedreht wurde, und "Grüningers Fall" (CH 1997), über den Schweizer Polizeioffizier Grüninger, der in den 1940er Jahren entgegen allen Befehlen zahlreichen Juden die Immigration aus Deutschland in die Schweiz ermöglichte. Bei dem gesellschaftskritischen Mystery-Thriller "Vollmond" (CH/DE/FR 1998), über das geheimnisvolle Verschwinden von zehn Kindern, arbeitete Corradi einmal mehr mit Fredi M. Murer zusammen; bei dem romantischen Historiendrama "Gripsholm" (DE/CH/AT 2000), der die Biografie Kurt Tucholskys mit Motiven seines Romans "Schloß Gripsholm" vermischt, führte Xavier Koller Regie.
Viel Beachtung fand auch der Dokumentarfilm "Von Werra" (CH/DE 2001), über den gebürtigen Schweizer Franz von Werra, der im Nazi-Deutschland zu einem umjubelten Jagdflieger von nahezu legendärem Ruf avancierte. Bei dem Dokumentarfilm "Ässhäk - Geschichten aus der Sahara" (CH/DE/NL 2003) arbeitete Corradi erneut mit Regisseurin Ulrike Koch ("Die Salzmänner von Tibet") zusammen. Die Dreharbeiten führten sie in die Sahara, wo sie in das alltägliche Leben der Tuareg-Nomaden eintauchten. Der Dokumentarfilm "The Substance: Albert Hofmann's LSD" (CH/DE 2011), eine Chronik der Droge LSD von ihren Anfängen in den 1940er Jahren bis heute, war 2012 für den Schweizer Filmpreis nominiert. 2013 zeichnete Corradi bei Fredi M. Murers letztem Film "Liebe und Zufall" für die Bildgestaltung verantwortlich, einer vielschichtigen, teils tragikomischen Geschichte über eine alte Frau, die kurz vor ihrem Tod verpasste Chancen nachholen will. Beim Dokumentarfilmfestival DOX in Kopenhagen feierte 2015 "Citizen Khodorkovsky" Premiere, ein Porträt des umstrittenen russischen Oligarchen Mikhail Khodorkovsky, der zu einem scharf verfolgten Gegner des russischen Präsidenten Vladimir Putin wurde.
Im Jahr 2016 wurde Pio Corradi, der als verantwortlicher Kameramann die Bildgestaltung von rund 100 Filmen prägte, beim Deutschen Kamerapreis mit einem Ehrenpreis für sein Lebenswerk geehrt. 2018 gewann er den Schweizer Filmpreis für seine Arbeit bei dem Dokumentarfilm "Köhlernächte"
Pio Corradi starb am 1. Januar 2019 in der Schweiz.