Annemarie Düringer
Annemarie Düringer, geboren am 26. November 1925 in Arlesheim, Schweiz, absolvierte eine Ausbildung an der Berner Handelsschule und begann 1946 eine Schauspielausbildung in Paris. 1947 zog sie nach Wien, wo sie zwei Jahre lang am renommierten Max Reinhardt Seminar studierte. Direkt nach ihrem Abschluss wurde sie ins Ensemble des Wiener Burgtheaters berufen, dem sie bis zu ihrem Tod angehörte. Daneben hatte sie im Lauf der Jahrzehnte Gastauftritte unter anderem am Berliner Schillertheater, an den Münchner Kammerspielen und bei den Salzburger Festspielen. Sie wirkte in Dutzenden sowohl klassischer wie auch moderner Inszenierungen mit, arbeitete mit Regisseuren wie Peter Zadek und Claus Peymann. 1963 wurde sie vom österreichischen Bundespräsidenten zur Kammerschauspielerin ernannt. Daneben erhielt Annemarie Düringer für ihr Theaterschaffen zahlreiche weitere Auszeichnungen. So wurde sie 1974 mit dem Hans Reinhart-Ring geehrt, der als höchste Schweizer Theaterauszeichnung gilt; im Jahr 2000 erhielt sie den Alma-Seidler-Ring, 2005 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien und 2010 den Ehrenring des Wiener Burgtheaters, dessen Doyenne sie seit 2001 war.
Ihr Debüt als Filmschauspielerin gab Annemarie Düringer 1953 mit einer Hauptrolle in Ernst Marischkas historischer Gesellschaftskomödie "Feldherrenhügel". Nach eher leichteren Stoffen wie "Gefangene der Liebe" (1954), "Ewiger Walzer" (1954) und "Ein Mann vergisst die Liebe" (1955) wirkte Düringer in drei anspruchsvollen Dramen mit: In "Der 20. Juli" (1955), über das scheiternde Attentat auf Adolf Hitler, spielte sie die Sekretärin Hildegard Klee; in "Vor Sonnenuntergang" (1956), nach dem Bühnenstück von Gerhart Hauptmann, verkörperte sie die späte Liebe eines alternden Industriellen (Hans Albers); in dem Klassiker "Nachts, wenn der Teufel kam" (1957) sah man sie als Sekretärin des von Claus Holm gespielten Kommissars. Für diese Rolle wurde Düringer 1958 mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnet.
Trotz dieser Leinwanderfolge arbeitete Annemarie Düringer in erster Linie fürs Theater. Nur gelegentlich sah man sie auch in Kinoproduktionen: Unter der Regie von Victor Vicas spielte sie Hauptrollen in dem Spionagedrama "Count Five and Die" (GB 1957) und in "SOS – Gletscherpilot" (CH 1959). Mit Heinz Rühmann drehte sie die Erfolgskomödie "Der Lügner" (1961). In den 60er und 70er Jahren wurden ihre Auftritte vor der Kamera sehr selten. Zu ihren wenigen Kinofilmen dieser Zeit gehören, meist in Nebenrollen, "Schatten der Engel" (1976), nach Rainer Werner Fassbinders umstrittenem Bühnenstück "Der Müll, die Stadt und der Tod", und das Beziehungsdrama "Die Spitzenklöpplerin" (1977).
Unter der Regie von Rainer Werner Fassbinder spielte sie 1980 in dem Mehrteiler "Berlin Alexanderplatz" und 1982 in "Die Sehnsucht der Veronika Voss". In den 80er und 90er Jahren sah man Düringer lediglich in vereinzelten Fernsehproduktionen, darunter Dieter Wedels Mehrteiler "Der große Bellheim" (1992) mit Mario Adorf, oder das Sissi-Filmporträt "Wie eine schwarze Möwe" (1998), in dem sie die Erzherzogin Sophie verkörperte.
Erst im Jahr 2002 wirkte Annemarie Düringer wieder in einem Kinofilm mit: In einer kleinen Gastrolle des Dramas "Gebürtig", nach dem Roman von Robert Schindel. In "Klimt" (2006), einer Filmbiografie des Malers Gustav Klimt, spielte sie die Mutter des Künstlers (gespielt von John Malkovich). Anschließend hatte sie eine Hauptrolle in Bettina Oberlis Schweizer Provinzkomödie "Die Herbstzeitlosen" (CH 2006). Margarethe von Trotta besetzte sie in "Vision - Aus dem Leben der Hildegard von Bingen" (2009) in einer Nebenrolle als Äbtissin. In "Lovely Louise" (2013) spielte Düringer erneut unter der Regie von Bettina Oberli. Die Tragikomödie erzählt von einem Mittfünfziger (Stefan Kurt), der noch immer mit seiner 80-jährigen Mutter zusammenlebt. Die Titelfigur in "Lovely Louise" sollte ihre letzte Kinorolle bleiben: Am 26. November 2014, ihrem 89. Geburtstag, verstarb Annemarie Düringer in Baden bei Wien.