Walther Ruttmann
Der Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns studiert ab 1907 Architektur in Zürich, ab 1909 Malerei in München, später in Marburg. Frühe Erfolge als Maler. 1913 Wehrdienst, 1914 als Artillerie-Leutnant und Gasschutz-Offizier an der Ostfront; nach Sanatorienaufenthalten 1917 Heimkehr als entschiedener Kriegsgegner. Er beginnt wieder zu malen, vor allem abstrakt, beschäftigt sich theoretisch mit dem Kino und gründet 1919 bei München eine eigene Filmfirma.
Am selbst konstruierten und patentierten Tricktisch entsteht "Lichtspiel Opus I" (1919–21). Dieser 10minütige Experimentalfilm aus über 10.000 einzeln eingefärbten Bildern (häufig Wellenmotive) ist der erste "absolute" Trickfilm in Deutschland. Bis 1925 entstehen drei weitere abstrakte Kurzfilme: "Lichtspiel Opus II", "Ruttmann Opus III" und "Ruttmann Opus IV", in denen Ruttmann seine Technik fortentwickelt und zu einem der wichtigsten Vertreter der filmischen Avantgarde der 1920er Jahre wird.
Nach Reklamefilmen für Julius Pinschewer realisiert Ruttman für Fritz Langs "Die Nibelungen" (1922–24) die Animation "Falkentraum". Für Lotte Reiniger stellt er die bewegten Hintergründe und die Zauberszenen für den abendfüllenden Scherenschnitt-Animationsfilm "Die Geschichte des Prinzen Achmed" (1923–26) her.
Ruttmanns Hauptwerk ist der experimentelle Dokumentarfilm "Berlin. Die Sinfonie der Großstadt" (1926/27), ein 65minütiger, nach einer musikalischen Struktur aufgebauter, Querschnittsfilm, der einen Frühlingstag in Berlin vom Morgengrauen bis in die Nacht zeigt. Ruttmann, der mit seinen Aufnahmen von fahrenden Zügen, Maschinen, Büros, Verkehr, Sport und Nachtleben eine künstlerische Wirklichkeit schaffen und seine Zuschauer berauschen will, kann die einen überzeugen, die "Berlin" für das wichtigste Filmereignis seit Jahren halten, während andere kritisieren, dass der Film nicht das wirkliche Leben der berliner Menschen zeigt, sondern nur oberflächlich und formalistisch bleibt.
1928 Tonexperimente: "Deutscher Rundfunk". 1929 ist er Teilnehmer am Kongress des unabhängigen Films in La Sarraz (Schweiz). Ruttmanns zweiter langer Film, "Melodie der Welt" (1928/29), ein "symphonischer Dokumentarfilm" für die Hamburg-Amerika-Linie, ist der erste abendfüllende deutsche Tonfilm. 1932/33 dreht Ruttmann in Italien den Spielfilm "Acciaio", eine Liebes- und Eifersuchtsgeschichte um zwei Stahlarbeiter, 1934 eine später nicht verwendete Rahmenhandlung für Leni Riefenstahl Parteitagsfilm "Triumph des Willens". Danach arbeitet er als Regisseur beim Ufa-Werbefilm, dreht Kultur-, Werbe-, Industrie- und Propagandafilme. Die Industriefilme "Metall des Himmels" (1934/35) und "Mannesmann" (1936/37) werden in Venedig ausgezeichnet, sowie in Brüssel und Paris.
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