Beim 20. Filmfestival Cottbus, das ab morgen, 2.11., bis Sonntag, 7.11. stattfindet, wird in der diesjährigen Retrospektive mit dem Titel "hüben & drüben" das Filmschaffen in Ost und West anhand der Arbeiten der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" (HFF) Potsdam Babelsberg und der Deutschen Film- und Fernsehakademie (dffb) Berlin bis zur Wende und Wiedervereinigung verglichen.
Im zwanzigsten Jahr der deutschen Einheit wirft die Retrospektive aus heutiger Sicht einen eingehenden Blick auf die Bedingungen vor der Wiedervereinigung der beiden, über Jahrzehnte separierten Teile Deutschlands. Nur wenige Kilometer voneinander entfernt, jedoch durch den "Eisernen Vorhang" getrennt, haben ab Mitte der 1960er Jahre Filmstudenten in Ost und West an den beiden eigenständigen Ausbildungsstätten ihre ersten professionellen Schritte unternommen.
Die Kuratorin der Sektion, Medienjournalistin Karin Fritzsche, hat Studentenfilme mit ähnlicher Thematik aus Ost und West in fünf Programmblöcken zusammengestellt. Damit bietet sich die Möglichkeit inhaltlichen Anspruch und formale Umsetzung direkt zu vergleichen.
Programmblock 1 umfasst vier Kurzfilme von 1966-85 mit Alltagsbeobachtungen und Portraits von Außenseitern der Gesellschaft. Hier sind Arbeiten von Holger Meins und Thomas Heise zu finden. 1966, im Gründungsjahr der dffb, drehte Holger Meins "Oskar Langenfeld", ein dokumentarisch sensibles Porträt eines West-Berliner Stadtstreichers in zwölf Stationen. Die 1980 von Thomas Heise gefilmte Beobachtungsstudie "Wozu denn über diese Leute einen Film?" lässt zwei Jungen aus dem kleinkriminellen Milieu in Berlin-Prenzlauer Berg aus ihrem Leben erzählen. Als Provokation aufgefasst, wird der Film von Verantwortlichen der HFF weggeschlossen. Nach weiteren Zusammenstößen mit der Schulleitung verlässt Heise die Schule, ohne Diplom.
Die Zeit der aktiven Studentenbewegung und deren ideologische Diskurse spiegeln sich ebenfalls in den Werken der Filmhochschüler wieder. Programmblock 2 unter dem Titel "Maulwürfe der Revolution" bringt von Mao bis Marx ungewöhnliche und ironische Filmkommentare der Studenten von 1967-69 auf die Leinwand. Programmblock 3 knüpft thematisch an den ersten Programmblock an und rückt Menschen am Rand der Gesellschaft in den Fokus der Kamera. "Der Versuch zu leben" ist der Debütfilm des dffb-Studenten Johann Feindt von 1983. Drei Wochen dreht er in der Notaufnahme des Krankenhauses Am Urban in Berlin-Kreuzberg, dokumentiert dort Alkoholabhängige, Drogensüchtige und Altersschwache. Ein Film zum Nachdenken über das Leben und den Tod.
Die beiden Filme im Programmblock 4 und 5, Helke Sanders "Die allseitig reduzierte Persönlichkeit – Redupers" (1977) sowie Evelyn Schmidts "Das Fahrrad" (1981) spiegeln unterschiedliche Ansätze zur Rolle der Frau in beiden deutschen Staaten wieder. Die Regisseurinnen Helke Sanders und Evelyn Schmidt werden zur Vorführung in Cottbus anwesend sein. Auch die anderen Beiträge werden fast alle von den Filmemachern persönlich vorgestellt.
Die Retrospektive "hüben & drüben – zwei deutsche Filmschulen" entstand dank Förderung durch die DEFA-Stiftung.
Quelle und alle Informationen zum Festival:
www.filmfestivalcottbus.de