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Alle Fotos (25)Biografie
Hilde Krahl (bürgerlich: Hildegard Kolačný) wurde am 10. Januar 1917 in Brod, Kroatien, als Tochter einer Kroatin und eines Österreichers geboren. Sie wuchs in Wien auf, wo sie nach dem Abitur 1935 ein Studium in der Klavierklasse der Musikakademie begann. Bald wechselte sie zur Schauspielschule Lambert-Offer, an der sie 1936 ihren Abschluss machte.
Ihr Bühnendebüt gab sie 1936 im Wiener Kabarett "Literatur am Naschmarkt" mit einer Parodie auf Paula Wessely; es folgten Auftritte am Raimund Theater und in der Scala. Der Theaterdirektor Ernst Lothar holte Krahl noch 1936 ans Theater in der Josefstadt, dessen Ensemble sie bis 1966 angehörte. Heinz Hilpert, der zeitweise das Theater in der Josefstadt und das Deutsche Theater in Berlin leitete, engagierte sie von 1938 bis 1944 auch an seine Berliner Bühne. Zu Krahls bekanntesten Theaterrollen gehören die Klara in Hebbels "Maria Magdalena", die Luise in "Kabale und Liebe" sowie die Titelrollen in "Nora" und "Maria Stuart".
Parallel zu ihrem Bühnendebüt spielte sie 1936 ihre erste (kleine) Filmrolle in "Die Puppenfee" (AT). Noch im gleichen Jahre erregte sie durch ihre Nebenrolle der Schülerin Gertrud in "Mädchenpensionat" (AT/HU 1936) erstmals Aufmerksamkeit – nicht nur die des Publikums, sondern vor allem auch die des Regisseurs Willi Forst. Von ihm erhielt sie eine Hauptrolle in "Serenade" (1937), als junge Malerin und zweite Frau eines deutlich älteren Geigenvirtuosen. Krahl zeigte in der Rolle ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen und Gespür für die psychologisch komplexe Situation dieser Künstlerehe. Danach sah man sie unter anderem als resolute Grandhotel-Erbin in "Gastspiel im Paradies" (1938). Kritikerlob erhielt sie auch für ihren Part in Werner Klinglers Melodram "Die barmherzige Lüge" (1939), als in der Mongolei lebende, alleinerziehende Mutter.
Der endgültige Aufstieg zum Star gelang Hilde Krahl 1940 in Gustav Ucickys Puschkin-Verfilmung "Der Postmeister". An der Seite von Heinrich George spielte sie mit großer Natürlichkeit die Hauptrolle der Dunja, Tochter des Postmeisters, die den Verführungen und Versprechungen eines Rittmeisters erliegt und als Prostituierte in Petersburg endet.
Von Beginn an hatte Krahl die unterschiedlichsten Frauentypen verkörpert, vom einfachen Mädchen bis hin zur weltgewandten Dame der höheren Gesellschaft. Dieser Bandbreite behielt sie auch in den Folgejahren bei. In Helmut Käutners "Anuschka" (1942) gab sie eine einfache Bauerntochter, in Hans H. Zerletts "Meine Freundin Josefine" (1942) eine angehende Modedesignerin. In der Filmbiografie "Träumerei" (1944) war sie die starke, mit aller Energie gegen die geistige Umnachtung ihres Mannes Robert Schumann ankämpfende Pianistin Clara Schumann. Zugleich bewies Krahl in Filmen wie G.W. Pabsts "Komödianten" (1941, als Gastwirt-Tochter), dass sie das heiter-komische Fach ebenso beherrschte wie dramatische Rollen.
1944 heiratete Krahl Wolfgang Liebeneiner, Regisseur und Produktionschef der Ufa, mit dem sie zuvor zwei Filme gedreht hatte: die Melodramen "Das andere Ich" (1941) und "Großstadtmelodie" (1943). Anders als ihr Mann, der sich vereinzelt auch für Propagandafilme der Nazis vereinnahmen ließ, wirkte Krahl in "harmlosen" Unterhaltungsfilmen mit. Einzige Ausnahme: "Das Leben geht weiter" (Regie: Liebeneiner), der berüchtigte "letzte Film des Dritten Reiches"; der von Goebbels besonders geförderte Durchhaltefilm sollte den Überlebenswillen einer deutschen Familie im zerbombten Berlin demonstrieren. Die Dreharbeiten begannen im November 1944, doch der Film wurde nicht mehr fertiggestellt; das entstandene Material gilt bis heute als verschollen.
Nach Kriegsende drehten Krahl und Liebeneiner bis 1952 noch sechs gemeinsame Kinofilme; Ende der 1960er Jahre folgten noch vier Fernsehproduktionen. Für ihre Rolle als lebensmüde Kriegswitwe in dem Trümmerfilm "Liebe 47" (1949) wurde Hilde Krahl beim Internationalen Filmfestival von Locarno als Beste Darstellerin ausgezeichnet. Die gemeinsam Tochter Johanna Liebeneiner, 1945 geboren, wurde ebenfalls Schauspielerin.
Weitere bedeutende Filme der 1950er Jahre waren unter anderem die musikalische Burleske "Meine Nichte Susanne" (1950), die Liebeskomödie "Wenn eine Frau liebt" (1950) und Helmut Käutners kammerspielartiges Melodram "Weiße Schatten" (1951) mit Hans Söhnker. Ein großer Erfolg war auch Harald Brauns "Herz der Welt" (1952), in dem Krahl die österreichische Pazifistin, Friedensforscherin und erste Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner verkörperte. Diese Leistung brachte ihr eine Nominierung zum Deutschen Filmpreis ein. Paul Verhoeven besetzte sie in "Ewiger Walzer" (1954) als gefeierte Sängerin Henriette Treffz, die spätere Ehefrau des "Walzerkönigs" Johann Strauß. In László Benedeks Antikriegsfilm "Kinder, Mütter und ein General" (1955) spielte sie eine Mutter, die mit fünf anderen Frauen an die Ostfront fährt, um ihren halbwüchsigen Sohn nach Hause zu holen.
Auch auf der Bühne blieb Krahl erfolgreich und spielte in der Nachkriegszeit das gesamte Spektrum von Klassik bis Moderne. Von 1945 bis 1954 gehörte sie dem Ensemble der Hamburger Kammerspiele unter Ida Ehre an; außerdem gastierte sie unter anderem am Schauspielhaus Zürich, am Schauspielhaus Düsseldorf, der Kleinen Komödie München, dem Frankfurter Theater im Zoo und dem Renaissance-Theater Berlin. 1959/60 spielte sie am Wiener Burgtheater, 1961 am Wiener Volkstheater. Wie ihre Filmrollen wurden auch Krahls Bühnendarbietungen für ihr präzises und differenziertes, gleichermaßen gefühlsbetontes und intellektuelles Spiel gelobt.
Ein Leinwandtriumph war ihre Lady Churchill, die ebenso intrigante wie geistreiche Hofdame in Helmut Käutners "Das Glas Wasser" (1960), nach dem Bühnenstück von Eugène Scribe. Neben hervorragenden Kritiken erhielt sie dafür den Deutschen Filmpreis. Trotzdem blieb "Das Glas Wasser" einer ihrer letzten Kinofilme: Nach dem Krimi "90 Minuten nach Mitternacht" (1962) und der Komödie "Heute kündigt mir mein Mann" (1962) mit Gert Fröbe verlegte Krahl sich (neben der Bühnenarbeit) ganz aufs Fernsehen.
Bis Mitte der 90 Jahre wirkte sie in diversen TV-Produktionen mit. Die Bandbreite reichte von ambitionierten Literaturadaptionen wie "Schweyk im zweiten Weltkrieg" (1961), "Der Schlaf der Gerechten" (1962) oder "Liliom" (1971) über das Kriminaldrama "Aus Mangel an Beweisen" (1971, Regie: Liebeneiner) bis zu Gastrollen in populären Serien wie "Derrick" (1976). In der Live-Fernsehserie "Die liebe Familie" (AT 1980-1993) spielte sie in über 270 Folgen eine Hauptrolle als großbürgerliche Ehefrau eines hochrangigen Wiener Beamten. Während dieser Zeit übernahm sie keine anderen Fernsehrollen. Ihre letzte Rolle hatte sie 1996 als Großmutter in vier Folgen der Familienserie "Bruder Esel".
Am 28. Juni 1999 starb Hilde Krahl in Wien.