Inhalt
Die DDR im Jahre 1977: Inspiriert durch die Schleyer- Entführung kidnappen die beiden Zwölftklässler Anna und Marcus ziemlich kopflos ihren kommunistischen und linientreuen Schuldirektor Rottmann, der sie mit Material über die RAF erwischt hat und nun droht, die Bewerbung um einen Studienplatz zu verhindern. Der verliebte Marcus läst sich schnell von Anna dazu überreden, drastische Maßnahmen zu ergreifen. Schon bald werden sie mit dem harten Alltag von Entführern konfrontiert, und die Situation gerät zunehmend außer Kontrolle.
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Anna-Marias schüchterner Klassenkamerad Marcus, bisher exakt das Gegenteil des flippigen, langmähnigen Randy, aber unsterblich in die so attraktive wie aufgeweckt-intelligente Blondine verknallt, will ihr helfen. Er schleicht sich in das Zimmer des Schuldirektors Rottmann (Paraderolle für den Ost-Berliner Bühnenstar Otto Mellies, der jegliches Klischee vermeidet), um das belastende Material zu vernichten – und wird auf frischer Tat ertappt. Während Anna-Maria das Abitur nun kaum mehr zu einem Universitätsstudium verhelfen dürfte zum Entsetzen ihrer Eltern, erhält der bisher so linientreue Marcus eine Bewährungschance - als Offiziersanwärter der Nationalen Volksarmee.
Anna-Maria, die gerne Journalistin werden möchte, hat einen Plan, der mit den Fernsehbildern von der Schleyer-Entführung zusammenhängt: Sie „kidnappen“ den ungeliebten Rottmann und stecken ihn in ein Kellerverließ der Wohnung von Anna-Marias mit allen Wassern gewaschener Großmutter. Als diese vorzeitig von einer Reise zurückkehrt, verstärken sich die Probleme von Marcus und Anna-Maria noch.
Aber es kommt auch zu überraschenden Wendungen. Zu denen gehört die Entwicklung an der Schule: Rottmann, dem als leitendem SED-Kader – auch familiäre – Westkontakte strikt untersagt sind, soll dennoch welche unterhalten haben, intime gar, und zwar zu einer ehemaligen, in den kapitalistischen Westen abgewanderten Kollegin. Beide sollen sich im befreundeten sozialistischen Ausland, so am ungarischen Plattensee, mehrfach getroffen haben. So macht die Mär auch außerhalb des Sekretariats (wie man sie kennt und liebt: Karin Gregorek als Schulsekretärin) rasch die Runde, der treue Parteisoldat Rottmann sei ebenfalls republikflüchtig geworden.
Nun wird’s erst richtig spannend mit einer Partei, die immer recht hat, weil sie sich im Besitz der alleinigen, sozusagen historischen Wahrheit weiß, und entsprechenden Umgang mit ihren Kadern pflegt. In der DDR kann nicht sein, was nicht sein darf. Und so wird ein völlig ungeklärter Fall nach außen ideologisch „verkauft“, sowohl gegenüber dem Lehrerkollegium als auch den Eltern und Schülern. So wird rasch ein Nachfolger im Amt des Direktors gefunden, der, natürlich ebenfalls geschulter SED-Kader, besser, weil offener und menschlicher mit seiner Umgebung umgeht als der autoritäre Genosse Rottmann. Plötzlich haben auch Anna-Maria und Marcus wieder Chancen, ihre Wünsche zu verwirklichen: Erstere darf sich als Journalistin, Letzterer als Auslandsexperte für Südamerika an der Hochschule bewerben...
„Raus aus der Haut“ ist übrigens ein Titel der seinerzeit verbotenen Renft-Combo. Andreas Dresen hat einen damals kaum für möglich gehaltenen, in der ARD-Reihe „Wilde Herzen“ trotz der Menage-a-trois-Story allerdings eher deplatzierten Film über die inneren Zustände des Arbeiter- und Bauernstaates gedreht, der die spektakuläre Tat nur zum Anlass nimmt, um Mechanismen der SED-Diktatur offenzulegen. Dresen zeigt mit als erster die Unterdrückung der eigenen Jugend in ihren FDJ-Blauhemden und das abgefeimte Spitzelsystem der „Einheitspartei“ bis in höchste Kader der eigenen Funktionärskaste.
Pitt Herrmann