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Alle Fotos (8)Biografie
Ingo Clemens Gustav Adolf Freiherr von Wangenheim wird am 18. Februar 1895 als Sohn des Schauspielerehepaars Eduard von Winterstein und Minna Mengers in Wiesbaden geboren. Nach der Schule macht er eine Landwirtschaftslehre, absolviert dann ein Militärdienstjahr beim Kaiser-Alexander-Garde-Grenadier-Regiment Nr. 1 und besucht schließlich von 1912 bis 1914 die Max-Reinhardt-Schauspielschule am Deutschen Theater. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs kommt er an der Westfront zum Einsatz, zieht sich allerdings 1915 eine Augenverletzung zu und wird ausgemustert.
In den Folgejahren steht von Wangenheim auf den Bühnen des Burgtheaters in Wien, des Hoftheaters Darmstadt und des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg, wiederholt tritt er auch am Deutschen Theater in Berlin auf. Zugleich gibt er 1916 in Louis Ralphs "Passionels Tagebuch" neben Emil Jannings und Adele Sandrock sein Spielfilmdebüt. Bis ins Jahr 1931 ist er als Stummfilmdarsteller auf der Großen Leinwand zu sehen und spielt dabei in zahlreichen Filmen mit, die zu Klassikern avancieren. Wiederholt wird er dabei in der Rolle junger Liebhaber besetzt, so in den beiden Ernst-Lubitsch-Burlesken "Romeo und Julia im Schnee" (1920) und "Kohlhiesels Töchter" (1920) sowie Arthur Robisons sinnlichem Traumspiel "Schatten" (1923).
Seine berühmteste Rolle ist zweifellos der junge Maklersekretär Hutter, der in Friedrich Wilhelm Murnaus Gruselmär "Nosferatu" (1921) eine unheimliche Begegnung mit dem Vampir Graf Orlok hat. Einige Jahre später fliegt er als Ingenieur Hans Windegger in Fritz Langs "technischem Großfilm" "Frau im Mond" (1929) zum Erdtrabanten. Seine letzte Rolle als Filmschauspieler übernimmt er als Camille Desmoulins im Revolutionsdrama "Danton" (1931) von Hans Behrendt.
Gustav von Wangenheim ist politisch sehr aktiv. Er schreibt für die oppositionelle Zeitschrift "Die Aktion", engagiert sich im Rat der Geistesarbeiter, ist zunächst von 1918 bis 1922 Mitglied in der USPD und danach in der KPD. Das proletarische Laienspiel wird sein Mittel, künstlerische und politische Ambitionen zu verbinden. So hat er zeitweise die Position des Leiters des Zentralen Sprechchors der KPD inne, für den er den "Chor der Arbeit" verfasst. Außerdem inszeniert er eine "Massenpantomime gegen den Krieg", die jedoch bereits vor der Premiere verboten wird. 1924 gründet er die Babusse-Truppe, eine Arbeiterspieltruppe des Bundes der Kriegsopfer, mit der er auf Tour durch Deutschland geht. Er leitet den Arbeiter-Theater-Bund Deutschland, wird 1931 Vorsitzender der Deutschen Revolutionären Arbeiterbühnen und schreibt Agitprop-Stücke für seine verschiedenen Theatergruppen: das Kollektiv Rote Schauspieler, die Roten Blusen, die Truppe 31.
Am 10. April 1931 heiratet von Wangenheim die Schauspielerin und Schriftstellerin Ingeborg Franke, mit der er gemeinsam zwei Jahre später das von den Nationalsozialisten übernommene Deutschland verlässt. Über Paris emigriert er nach Moskau, wo er nicht nur bis 1935 die künstlerische Leitung des Deutschen Theaters "Kolonne Links" übernimmt, sondern auch mit Gleichgesinnten – und dem zehnjährigen Konrad Wolf als Darsteller – den Film "Kämpfer" (1936) realisiert, der vom Gesinnungswandel des zunächst politisch passiven Arbeiters Fritz Lemke im Anschluss an den Reichstagsbrand und den spektakulären Prozess gegen Georgi Dimitroff erzählt. In den Folgejahren ist von Wangenheim vor allem als Schriftsteller und Radiosprecher tätig.
1945 kehrt von Wangenheim nach Berlin zurück. Er wird Mitglied der SED und arbeitet als Intendant und Regisseur erst am Theater am Schiffbauerdamm und später am Deutschen Theater. 1948 beginnt seine Zusammenarbeit mit der DEFA, für die er fünf Spielfilme realisiert, die deutlich seine politischen Einstellungen transportieren. So reflektieren in "... und wieder 48" (1948) Ostberliner Studenten über die Revolution von 1848, in "Der Auftrag Höglers" (1950) wird westliche Industriespionage angeprangert, und "Gefährliche Fracht" erzählt von mutigen Hafenarbeitern, die sich amerikanischen Rüstungstransporten verweigern. Die Komödie "Heimliche Ehen" (1956) ist seine letzte Regiearbeit.
Ab Mitte der 1950er ist Gustav von Wangenheim als Regisseur und Schauspieler am Theater in Altenburg tätig. 1970 wird er Mitglied der Sektion Darstellende Künste der Akademie der Künste. Er stirbt fünf Jahre später, am 5. August 1975 in Berlin. Im gleichen Jahr erscheint der Dokumentarfilm "Gustav von Wangenheim", der den Künstler und sein Lebenswerk porträtiert.
Die Ausstattung dieser Personenseite wurde durch die DEFA-Stiftung gefördert.