Biografie
Rudolf Meinert wurde als Rudolf Bürstein am 28. September 1882 als Sohn einer jüdischen Familie in Wien geboren. Nachdem er die Realschule ohne Abschluss vorzeitig verlassen hatte, erhielt er eine Anstellung am Technischen Gewerbemuseum in Wien. Schließlich wechselte er als kaufmännischer Angestellter zu einer Maschinenfabrik, in der er bis 1901 sogar zum Prokuristen aufstieg. 1903 absolvierte er eine militärische Ausbildung.
1904 schlug Meinert einen vollkommen anderen Berufsweg ein und wurde Schauspieler. Bis 1907 spielte er an diversen Provinzbühnen zunächst sehr kleine Rollen. Von 1908 bis 1911 war er am Stadttheater Budweis engagiert, wo er 1909 auch sein Regiedebüt gab. Es folgten Stationen als Schauspieler und Regisseur am Deutschen Theater in Pilsen (1910/11), am Jenaer Stadttheater (1911/12) und an Bühnen in Wien, Budapest und New York (1912).
Sein Debüt als Filmregisseur gab Meinert um 1912/13 in Berlin. In den ersten Jahren fungierte er mit seiner eigens gegründeten Firma Prometheus-Film meist auch als sein eigener Produzent. Ebenfalls 1913 heiratete er die Drehbuchautorin Erna Thurk. Meinert realisierte überwiegend Melodramen wie "Die Fächermalerin" (1913), Krimis wie "Der Hund von Baskerville" (1914) und Filme der populären "Harry Higgs"-Detektivreihe.
Während des Ersten Weltkriegs wurde er im August 1914 zum Kriegsdienst in Galizien eingezogen. Nach einer schweren Verwundung entließ man ihn im Oktober 1915 als Kriegsversehrten aus der Armee. Zurück in Berlin, gründete Meinert im Dezember 1915 die Meinert-Film Rudolf Bürstein. Mit der Beteiligung des Wiener Kaufmann Ladislaus Janak im März 1916 wurde die Firma in Meinert-Film Bürstein & Janak umbenannt und um eine Tochtergesellschaft in Wien erweitert.
Bis 1919 realisierte Meinert fast ausschließlich Filme um den Meisterdetektiv Harry Higgs (gespielt von Hans Mierendorff) – insgesamt 19 Stück. Als Kontrast zu diesen sehr populären Publikumsfilmen drehte er aber auch das Drama "Glaubensketten" (1916), über die Glaubensfindung eines Juden in einem historischen jüdischen Ghetto, die Filmbiografie "Ferdinand Lassalle" (1918), über den sozialistischen Arbeiterführer, und die Maxim-Gorki-Adaption "Nachtasyl" (1919), in der er auch eine Hauptrolle übernahm.
Auch jenseits des aktiven Filmgeschäfts war Meinert sehr engagiert: Von 1916 bis 1920 gehörte er zum Vorstand des Berliner Filmclubs e. V., und im Mai 1919 war er Mitbegründer des Arbeitgeberverbands der Deutschen Filmindustrie. Im November 1919 fusionierte seine Meinert-Film mit Erich Pommers Decla-Film-Gesellschaft Holz & Co. In den nächsten Jahren fungierte Meinert dort als Produktionsleiter und war maßgeblich an der Entstehung des Stummfilmklassikers "Das Cabinet des Dr. Caligari" beteiligt.
Neben der Tätigkeit als Produktionsleiter wurde er 1920 Vorstandsmitglied bei der Deutschen Bioscop AG (wenig später: Decla-Bioscop AG). Neben einer weiteren Vorstandstätigkeit bei der Internationalen Film-AG (Ifa) übernahm er die Geschäftsführung bei mehreren Tochtergesellschaften. Im Mai 1922 gründete er im Ifa-Konzern die Meinert-Film-Gesellschaft.
Zu dieser Zeit wendete Meinert sich auch wieder der Regie zu, beginnend mit der aufwändigen Filmbiografe "Marie Antoinette, das Leben einer Königin" (1922, auch Drehbuch und Produktion). In den folgenden Jahren inszenierte er Melodramen wie "Rosenmontag" (1924) und "Laster der Menschheit" (1926) mit Asta Nielsen. In "Die elf Schill’schen Offiziere" (1926), ein zur Zeit der Befreiungskriege gegen Napoleon spielendes Drama, übernahm er selbst die Hauptrolle des Freiheitskämpfers Ferdinand von Schill. Inspiriert von den sozial engagierten Werken Gerhart Lamprechts drehte er das "warnende" Melodram "Die Vorbestraften" (1927), welches von der Berliner Strafvollzugsbehörde unterstützt wurde (Meinert durfte zum Teil in Berliner Gefängnissen drehen).
Meinerts letzte Stummfilme waren zwei nicht sehr erfolgreiche Beiträge zur einst populären Stuart-Webbs-Detektivreihe: "Das grüne Monokel" (1929) und "Masken" (1930). Im deutschen Tonfilm konnte er nur noch zwei Filme realisieren: "Das Lied der Nationen" (1931) und "Die elf Schill'schen Offiziere" (1932), ein Remake seines eigenen Films von 1926.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Januar 1933 verließ Meinert Deutschland. Er lebte in Prag, Wien und den Niederlanden, wo er 1934 "Het meisje met de blauwe hoed" ("Das Mädchen mit dem blauen Hut") drehte, einen der ersten niederländischen Tonfilme. Nachdem am 1. Januar 1935 ein königlicher Beschluss zur Einschränkung ausländischer Arbeitskräfte in Kraft trat, ging Meinert notgedrungen nach Wien zurück. Dort drehte er mit der Komödie "Alles für die Firma" (AT 1935) seinen letzten Film, von dem unter dem Titel "De vier mullers" zugleich eine niederländische Version entstand.
Im Mai 1937 emigrierte Rudolf Meinert von Wien nach Paris. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und der Besetzung Frankreichs durch die Deutschen wurde er verhaftet. Er war zunächst im Lager Camp de Gurs in Südfrankreich interniert, später im Sammellager Drancy. Am 6. März 1943 wurde er mit dem Transport 51 in das Konzentrationslager Majdanek im deutsch besetzten Polen verschleppt. Dort kam Rudolf Meinert wenig später ums Leben.