Gottfried Reinhardt

Weitere Namen
Gottfried Goldmann (Weiterer Name)
Regie, Regie-Assistenz, Drehbuch, Produzent
Berlin Los Angeles, Kalifornien, USA

Biografie

Gottfried Reinhardt wurde am 20. März 1913 in Berlin als Sohn des Regisseurs und Theaterunternehmers Max Reinhardt und der Schauspielerin Else Heims geboren. Nach dem Abitur am Französischen Gymnasium Berlin begann er ein Studium der Philosophie und Geschichte. Dieses brach er jedoch nach zwei Semestern ab, um sich der Welt des Theaters zu widmen. 1932, im Alter von nur 19 Jahren, gab er sein Regiedebüt am Deutschen Theater Berlin, welches seinem Vater gehörte: Die Inszenierung von Erich Kästners Kindertheaterstück "Pünktchen und Anton" war ein großer Erfolg und empfahl Gottfried Reinhardt als vielversprechendes Talent.

Im gleichen Jahr ging er im Rahmen eines Studienaufenthalts in die USA. Von dort aus verfolgte er 1933 die Machtübernahme der Nazis – und kehrte nicht nach Deutschland zurück (auch weil er als Jude mit Verfolgung rechnen musste). In Hollywood sammelte er als Regieassistent von Ernst Lubitsch bei "Serenade zu dritt" (US 1933) erste Filmerfahrungen. Im gleichen Jahr begann er beim Studio Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) zu arbeiten, zunächst als Lektor. Zwischen 1935 und 1940 entwickelte er für MGM die Stories zu mehreren Filmen, darunter Julien Duviviers "The Great Waltz" ("Der große Walzer", US 1938).  Ab 1940 fungierte Reinhardt bei MGM als Produzent, etwa bei King Vidors Spionage- und Liebeskomödie "Comrade X" (US 1940) und Greta Garbos letztem Film "Two Faced Woman" ("Die Frau mit den zwei Gesichtern", US 1941). Zwischen 1942 und 1946 musste Reinhardt eine Pause einlegen, weil er im Zuge des Zweiten Weltkriegs zur Armee eingezogen wurde. Er war im Signal Corps (Fernmeldetruppe) der US-Army tätig und drehte 1945 "Here Is Germany", einen Lehrfilm für amerikanische Soldaten.

Zurück bei MGM produzierte er unter anderem Robert Siodmaks Dostojewski-Adaption "The Great Sinner" ("Der Spieler", US 1949) und John Hustons "The Red Badge of Courage" ("Die rote Tapferkeitsmedaille", US 1951), einen der bedeutendsten Filme über den amerikanischen Bürgerkrieg. Allerdings wurde der Film vom Studio nur in einer stark gekürzten, von Huston und Reinhardt nicht autorisierten Version veröffentlicht. Neben seiner Arbeit als Produzent schrieb Reinhardt in den vierziger Jahren die Textbücher für einige Broadway-Inszenierungen seines Vaters, der 1937 mit seiner Frau vor den Nazis in die USA geflüchtet war. So zeichnete er unter anderem für die Bücher zu "Rosalinde" (1943, nach Johann Strauß' "Die Fledermaus") und "Helen of Troy" (1944, nach Jacques Offenbachs "Die schöne Helena") verantwortlich. Außerdem unterstützte er den European Film Fund, eine Hilfsorganisation der Filmexilanten für notleidende Flüchtlinge.

Sein Regiedebüt gab Reinhardt 1952, ebenfalls bei MGM, mit dem Liebesdrama "Invitation" ("Geborgtes Glück", US 1952). Zwei Jahre später folgte das Kriegsdrama "Betrayed" ("Verraten") mit Clark Gable und Lana Turner in den Hauptrollen. Es blieb sein vorerst letzter Film in den USA, denn 1954 verließ Reinhardt aus politischen Gründen das Amerika der McCarthy-Ära (sein Vater war bereits 1943 verstorben; seine Mutter blieb in den USA). Zurück in Europa lebte er vorwiegend auf Schloss Leopoldskron in Salzburg, Österreich. Seine Karriere als Filmregisseur konnte er bruchlos fortsetzen, zunächst bei Artur Brauners CCC Filmproduktion. Gleich sein erster Film, die Gerhart-Hauptmann-Adaption "Vor Sonnenuntergang" (DE 1956), gewann bei der Berlinale 1956 den Publikumspreis 'Goldener Berliner Bär'. Reinhardts hochkarätig besetztes Ensemble-Drama "Menschen im Hotel" (DE/FR 1959) war ebenfalls ein großer Erfolg und gilt längst als Klassiker des deutschen Nachkriegskinos.

Auch der Flugzeug-Abenteuerfilm "Abschied von den Wolken" (1959), ein früher Vorläufer der in den siebziger Jahren populären "Airport"-Filme aus Hollywood, war ein Publikumserfolg. Das Drama "Liebling der Götter", das lose auf der Biografie der Schauspielerin Renate Müller basierte, brachte der Hauptdarstellerin Ruth Leuwerik einen Deutschen Filmpreis ein. Für viel Aufsehen sorgte Reinhardt mit dem Justizdrama "Stadt ohne Mitleid" (1961), einer deutsch-amerikanisch-schweizerischen Koproduktion mit Kirk Douglas und Christine Kaufmann in den Hauptrollen. Der Film erzählt von einer 16-Jährigen aus der bayerischen Provinz, die von drei US-Soldaten vergewaltigt wird. Bei der Verhandlung vor einem amerikanischen Militärgericht wird jedoch die Glaubwürdigkeit des Opfers vom Anwalt der Angeklagten (Douglas) so geschickt in Zweifel gezogen, dass es zu keiner Verurteilung kommt. Dadurch zieht die junge Frau sich die Häme der Dorfbewohner zu und begeht schließlich Selbstmord. Während der Film in den USA exzellente Kritiken bekam, wurde er in Deutschland vorwiegend negativ aufgenommen. Erst viele Jahre später erkannte auch die deutsche Filmkritik die Qualitäten des eindringlichen Dramas.

Neben der Filmarbeit war Reinhardt gelegentlich auch als Theaterregisseur tätig – und verknüpfte beide Bereiche bei der erfolgreichen Verfilmung seiner Salzburger Festspiel-Inszenierung des "Jedermann" (DE/AT 1961). Nach dem Ehedrama "Elf Jahre und kein Tag" (1963), mit Ruth Leuwerik und Bernhard Wicki in den Hauptrollen, drehte Reinhardt noch einmal eine US-Produktion, doch in den Bavaria-Studios und on location in Deutschland: die Kriegskomödie "Situation Hopeless – But Not Serious" ("Situation hoffnungslos, aber nicht ernst", 1965) zeigte Alec Guinness als einsamen Deutschen, der über mehrere Jahre zwei US-Soldaten in seinem Keller versteckt hält, weil er ihnen aus Angst vor neuerlicher Einsamkeit das Ende des Krieges verschweigt. Das Drehbuch (nach einem Roman von Robert Shaw) schrieb Reinhardts Ehefrau Silvia. Der von der Kritik eher mäßig besprochene Film blieb Reinhardts letzte Kinoarbeit.

Ab den 1970er Jahren lebte Gottfried Reinhardt wechselweise in Salzburg und Los Angeles. 1973 drehte er fürs deutsche Fernsehen eine Dokumentation über seinen Vater: "Der große Zauberer - Max Reinhardt". Im gleichen Jahr erschien sein Buch "Der Liebhaber - Erinnerungen seines Sohnes Gottfried Reinhardt an Max Reinhardt". "Im Jagdhaus", eine Folge der Krimiserie "Der Kommissar", war 1974 seine letzte Regiearbeit. 1983 erhielt Reinhardt eine Gastprofessur an der University of Southern California. 1986 sollte er mit der Österreichischen Verdienstmedaille geehrt werden – doch auf Grund der massiven NS-Verstrickungen des österreichischen Präsidenten Kurt Waldheim lehnte Reinhardt die Auszeichnung ab. 1992 publizierte er seine Memoiren "Der Apfel fiel vom Stamm: Anekdoten und andere Wahrheiten aus meinem Leben", die nicht zuletzt wegen ihrer detailreichen Schilderung des Hollywood-Studiosystems der 1930er und 40er Jahre von filmhistorischer Bedeutung sind. Gottfried Reinhardt starb am 18. Juli 1994 in Los Angeles.

 

FILMOGRAFIE

1974
  • Regie
1963
  • Regie
  • Drehbuch
1961
  • Regie
1960/1961
  • Regie
  • Produzent
1954
  • Regie
1949
  • Produzent
1940/1941
  • Produzent
1940
  • Produzent
1938
  • Vorlage
1933
  • Regie-Assistenz