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Berlin, Neukölln: Gropiusstadt ist eine Großwohnsiedlung, die es in sich hat. Lukas, Julius, Gino und Sanchez erleben hier einen zunächst ultraheißen, tristen Sommer, der bald zum Abenteuerurlaub mit reichlich Stress wird. Ihnen und der Siedlung war auch das viel gerühmte autobiografische Romandebüt von Felix Lobrecht gewidmet: soziale Härte, krasse Milieusprache, mit Witz, Passion und Poesie erzählt. Gemeinsam mit dem Autor verfasste David Wnendt, Deutschlands Regie-Mann für die heikleren Stoffe ("Kriegerin", "Feuchtgebiete"), das Drehbuch und setzt es temporeich, unterhaltsam und mit viel Situationskomik um. Gewalt, Brutalität, Araba-boxen-Hurensohn-ich-schwöre-ich-zerficke-dir-dein-Gesicht und mehr ist omnipräsent, denn an Drogen, Bandenkriegen und familiären Abgründen kommt hier keiner vorbei, und Sprache ist sowieso das reinste Experimentierfeld des Posens und der Grenzüberschreitung. Selbst fürs Schwimmbad fehlt den Boys die Kohle, der Schuldenberg wächst, ein Diebstahl läuft schief – dass einer von ihnen dabei fast draufgeht, merken die anderen erst reichlich spät. Teenager-Alltag in der Vorstadt, ooch ditt is Berlin.
Quelle: 73. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)
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Was Lukas‘ verwitweter, alleinerziehender Vater Matthias stolz machen würde. Der sich als Hausmeister an der Humboldt-Universität mit 800 Euro netto mehr schlecht als recht durchschlägt. Und sich zudem große Sorgen um seinen Ältesten machen muss: Marco zockt, hat Schulden und dealt. Lukas nimmt sich den Vormittag frei, holt seine notorischen Schulschwänzer-Freunde Gino und Julius aus den völlig versifften Wohntürmen ab, um in einem Park mit den letzten Münzen ein Tütchen Gras zu kaufen.
Dabei geraten sie aus völlig nichtigem Grund in eine handfeste Auseinandersetzung mit der von Djamel angeführten arabischen Dealerbande, die in Dauerfehde mit ihren türkischen Kumpels um Cem liegt. Lukas kann sich zwar in die nächste U-Bahn retten, wird dort aber vom vor der Polizei geflüchteten Hamudi erkannt und um 500 Euro Schutzgeld erpresst. Woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Der neue, aus Marzahn nach Neuköllln gezogene Klassenkamerad Sanchez hat eine Idee: 50 nagelneue Computer mit Flachbildschirmen hat ein Vertreter des Berliner Senators für Bildung, Reuter, kürzlich persönlich der Schule übergeben. Die lagern jetzt irgendwo und warten förmlich darauf, auf dem Schwarzmarkt vertickt zu werden. Der Bruch gelingt und das Quartett ist plötzlich aller Geldsorgen ledig.
Party machen ist angesagt, neue Klamotten führen zu erstaunten bis neidischen Blicken der Mitschüler. Endlich ist auch Geld fürs Freibad vorhanden, doch Denise, die Flamme von Julius, mit der dieser bisher nur am Zaun knutschen konnte, geht jetzt mit Marco. Der keine Skrupel hat, seinen kleinen Bruder in der Computer-Causa richtig abzuzocken. Und auch sonst geht einiges schief, weil Djamal, Hamudi & Co keine Ruhe geben. Und weil sich Gino endlich gegen den verkommenen Erzeuger, der im Suff seine italienische Mutter schlägt, wehrt – mit schmerzhaften Folgen.
Nach zwei bisweilen kaum erträglichen, unter die Haut gehenden Stunden hängt das Quartett wieder über den Dächern der Gropiusstadt ab. Für Lukas und Sanchez öffnet sich immerhin ein schmales Fenster für eine bessere Zukunft: sie wollen Abitur machen…
„Es war alles genauso. Vielleicht aber auch nicht“: Die kompromisslose Verfilmung des 2017 erschienenen Bestsellers „Sonne und Beton“ von Comedian und „Gemischtes Hack“- Podcaster Felix Lobrecht stammt von David Wnendt. Der gebürtige Gelsenkirchener des Jahrgangs 1977 hat nach „Kriegerin“ und „Er ist wieder da“ erneut sein Gespür für die Umsetzung von brisanten gesellschaftlichen Themen bewiesen. Zusammen mit Kamerafrau Jieun Ji, aus Südkorea stammende Babelsberg-Absolventin, zeichnet er ein eindrückliches Bild der Gropiusstadt im Berliner Problembezirk Neukölln als Brennpunkt sozialer Ungerechtigkeit – ganz aus der Sichtweise perspektivloser Fünfzehnjähriger.
Für die Hauptrollen wurde bundesweit gecastet, über 5000 Jugendliche hatten sich selbst beworben oder wurden von Streetcastern angesprochen. Das 15-jährige Protagonisten-Quartett, darunter mit dem Neuköllner Levy Rico Arcos und dem Kreuzberger Aaron Maldonado-Morales zwei Berliner, gibt in „Sonne und Beton“ ein eindrückliches Kinodebüt. Ergänzt wird der Cast von Musikern und Hiphop-Stars wie Luvre47, Lucio101, Juju, Olexesh, NNOC, Azzi Memo, Klapse Mane und AOB.
David Wnendt im Constantin-Presseheft: „Ich war bei mehreren Lesungen an Schulen. Selbst Schüler, die sonst kein Buch in die Hand nehmen, haben ‚Sonne und Beton‘ verschlungen. Einer der jungen Rapper beim Casting meinte, er lese keine Bücher. Die einzigen Ausnahmen seien ‚Die Raupe Nimmersatt‘ und ein Buch, das ihm von Wärtern im Jugendarrest zugesteckt wurde: ‚Sonne und Beton‘.“
Pitt Herrmann