Effi Briest

Deutschland 2007-2009 Spielfilm

Inhalt

Auf Wunsch ihrer Eltern heiratet die temperamentvolle 17-jährige Effi Briest den fast 20 Jahre älteren Baron von Innstetten – einen früheren Verehrer ihrer Mutter. Mit dieser aus Vernunft geschlossenen Ehe beginnt für Effi ein eintöniges Leben fernab der Heimat: Innstetten widmet sich voll und ganz seiner politischen Karriere, und das verschlafene Ostsee-Küstenstädtchen Kessin bietet wenig Abwechslung. Bis Major Crampas auftaucht, ein Regimentskamerad Innstettens und charmanter Frauenheld. Effi beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit ihm und erfährt endlich, was Liebe bedeutet. Als Baron Innstetten Jahre später von der längst vergangenen Liebesgeschichte erfährt, fordert er Major Crampas zum Duell: "Ich liebe meine Frau, ja, seltsam zu sagen, ich liebe sie noch. – Aber wenn Sie so zu der Sache stehen und mir sagen: ′Ich liebe diese Frau so sehr, dass ich ihr alles verzeihen kann,′ so frage ich, muss es denn sein? – Weil es trotzdem sein muss. Man ist nicht bloß ein einzelner Mensch, man gehört einem Ganzen an, und auf das Ganze haben wir beständig Rücksicht zu nehmen." Für Crampas endet das Duell tödlich. Effi hingegen wird – anders als bei Fontane – ihre Konsequenzen ziehen und den Schritt in ein neues Leben wagen …

Der große Liebes- und Ehebruchsroman "Effi Briest", der 1895 als Buch veröffentlicht wurde, bedeutete den literarischen Durchbruch Theodor Fontanes. Die Regisseurin Hermine Huntgeburth interpretiert den Klassiker in ihrer Verfilmung aus heutiger Sicht. In "Effi Briest" verbindet sie den Reiz des historischen Stoffes mit dem Bewusstsein der Gegenwart und zeigt die junge Effi in einer emanzipatorischen Entwicklung.

Quelle: 59. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)

 

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dhobein
Effi Briest,
Von dem DEFA Film und dem Film von Fassbänder hebt sich diese Interpretation von Hermine Huntgeburth von 2008 wohltuend ab. Sie erzählt eine Geschichte mit Menschen aus Fleisch und Blut. Der Titel wäre besser gewesen: Ein Schritt vom Wege, ein Frauenschicksal im Kaiserreich nach dem Roman Effi Briest.
Der freie Umgang mit der Geschichte dürfte für Pouristen problematisch sein. Effi entwickelt sich zu einer emanzipierten Frau. Es wäre ihr zu wünschen gewesen. Crampas wird von einem zynischen Frauenheld zu einem Belami. Das ist aus meiner Sicht im Sinne der Freiheit der Kunst erlaubt. Aber andere Wiedersprüche löst der Film für mich nicht. Wenn Innstetten eine Frau wie Johanna vorzieht, warum heiratet er nicht eine solche Frau sondern eine halbwüchsige von 17 Jahren. Meine These: Innstetten ist homosexuell und brauchte eine Alibiehe mit Kind damit er weiter Karriere machen konnte.
Das wäre mein Ansatz zur ausnutzund der künstlerischen FReiheit.
Heinz17herne
Heinz17herne
Zwei Herzen schlagen im Walzertackt unter üppigster Ball-Dekoration im preußischen Herrenhaus derer von Briest: Luise, die attraktive Gastgeberin, und Baron Geert von Innstetten, ein eiskalter Politik-Aufsteiger, den es nach Berlin drängt. Dass beide, die nach wie vor ein glänzendes Paar abgeben, einst miteinander etwas hatten, ergibt sich schon aus ihren Blicken, da bedarf es keiner Worte. Beim nächsten Tanz nötigt Luise ihre Tochter Effi (kein Kind mehr: eine von Anfang an melancholische Julia Jentsch), die sich bisher selig in den Armen ihres Vetters Dagobert wiegte, mit Innstetten zu tanzen – unter wohlgefälligen Blicken des Hausherrn, des alten Briest, bei Thomas Thieme ein pragmatischer Gemütsmensch. Bald erhöht die flotte Tritsch-Tratsch-Polka die Schlagzahl auf dem Tanzparkett erheblich.

„Junge Mädchen wissen gar nichts“: Obwohl ihre ausdrückliche Zustimmung fehlt, sieht sich die 17-jährige Effi kurze Zeit später offiziell mit dem doppelt so alten Innstetten verlobt. Gerade hat sie ihrer Mutter noch erklärt: „Er macht mir Angst!“, da steht Effi schon neben Innstetten am Traualtar und zieht in seine eher kärgliche Landrats-Villa im kleinen Ostsee-Küstenort Kessin ein. Ihr fröstelt angesichts der plüschig-monströsen, düster-geheimnisvollen Einrichtung, die seit dem Tod des Vorbesitzers, eines alten Kapitäns, unverändert geblieben ist. Und nachts spukt dessen ebenfalls verstorbener chinesischer Koch im Obergeschoss herum. Wie ein Spuk, ein schmerzvoller, kommt Effi auch die Hochzeitsnacht vor: Aus Innstettens wort- wie kraftloser Rammelei, die einer Vergewaltigung gleichkommt und so natürlich nicht beim ollen Fontane steht, kann keine Liebe erwachsen. Weshalb Major von Crampas leichtes Spiel hat, auf den Bühnenbrettern wie in den sandigen Bohlen einer Strandhütte. Ist er doch neben dem rührend um die Landratsgattin bemühten Apotheker Gieshübler der Einzige, der Effis Einsamkeit spürt.

Und der zurückstecken muss, als Innstetten nach Berlin ins Ministerium berufen wird. Effi, deren Tochter Annie nicht zuletzt dank der aufopferungs- wie liebevollen Kinderfrau Roswitha heranwächst, kann mit dem Leben in der Hauptstadt nicht warm werden, geht zur Kur nach Bad Ems und besucht anschließend die Eltern in Hohen-Cremmen. Dort erfährt Effi, dass Crampas' Liebesbriefe, die sie in ihrem Nähkästchen verwahrt hatte, nicht ganz zufällig in die Hand ihres Gatten gefallen sind. Die Folge: Innstetten duelliert sich mit dem Major, tötet ihn, lässt sich von Effi scheiden und behält das Sorgerecht über Annie. Die nun mit dem intriganten Hausmädchen Johanna die auch von Innstetten herbeigesehnte Stiefmutter erhält...

114 Jahre nach Erscheinen von Theodor Fontanes großem Gesellschaftsroman „Effi Briest“ und 30 Jahre nach der bisher spektakulärsten Verfilmung von Rainer Werner Fassbinder setzt Hermine Huntgeburth mit ihrer am 9. Februar 2009 in der „Special“-Reihe der 59. Berlinale uraufgeführten und bereits drei Tage später in die Kinos gekommenen Leinwand-Adaption ein deutliches Ausrufezeichen: Zeitgenosse Fontane! Natürlich hat die frauenbewegte Regisseurin zusammen mit Volker Einrauch eine knapp zweistündige Fassung erarbeitet, die nicht wirklich als „werkgetreu“ etikettiert werden kann. Opulenter Kostümschinken war gestern, jetzt geht es um Vergewaltigung in der Ehe, um den naturgemäß ausgiebig gefilmten ersten Orgasmus mit dem Liebhaber in den Dünen, überhaupt um klare Verhältnisse aus heutiger Sicht: Die Haushälterin Johanna ist ganz offenkundig die Dauergeliebte Innstettens, die konservativen (Moral-) Vorstellungen einer Sidonie von Rasenapp so überkommen wie bigott, das Ehren-Duell nicht nur in den Augen des Apothekers ein „alberner Steinzeitritus“.

Und die finale Wendung ist eine Emanzipationsgeschichte: Die zwar, auch was das Verhältnis zu ihrer Tochter Annie betrifft, aller Illusionen beraubte Effi lebt mit der treuen Seele Roswitha, der sie einst das Leben rettete, in einer kleinen Berliner Hinterhaus-Mietwohnung und arbeitet in der Bibliothek der Humboldt-Universität. Effi denkt gar nicht daran, zu ihren Eltern nach Hohen-Cremmen zurückzukehren, lässt sie vielmehr konsterniert im Kaffeehaus zurück, zündet sich eine Zigarette an und lässt auch den nicht minder fassungslosen Innstetten am Lindenboulevard stehen...

Warum eigentlich nicht? Deutschlehrer müssen sich nicht die Haare raufen, wie die sog. Qualitäts-Feuilletons ätzten, sondern dürfen sich über reichlich Diskussionsstoff mit ihren Schülern nach Romanlektüre und Kinobesuch freuen. Julia Jentsch spielt die Titelrolle aus der Perspektive der Regisseurin und damit aus der Sicht des – überraschenden – Schlusses. Und dass sie als Dreißigjährige eine Siebzehnjährige verkörpert, ist so neu eben nicht: Marianne Hoppe war 1939 in „Der Schritt vom Wege“, der „Effi Briest“- Verfilmung ihres Gatten Gustaf Gründgens, kein Jährchen jünger.

Der auf Schloss Marquardt im Norden Potsdams gedrehte Spielfilm ist am 12. Februar 2009 im ZDF erstausgestrahlt worden. Produzent Günter Rohrbach im Presseheft: „In dem Roman stecken überdies zwei Themen von - betrachten wir unsere Parallelgesellschaften - geradezu brennender Aktualität: Zwangsverheiratung und Ehrenmord. Es ist noch nicht so lange her, dass solche Verhältnisse ein Teil unserer eigenen Welt waren. Die Frau, die Fontane als reales Vorbild diente, ist erst vor wenigen Jahrzehnten gestorben. Sie, die reale Figur, hat uns auch ermutigt, in einem wichtigen Punkt von Fontane abzuweichen. Da war noch ein Leben nach dem Leben, darum der befreiende Schluss.“

Pitt Herrmann

Credits

Drehbuch

Kamera

Schnitt

Darsteller

Produzent

Alle Credits

Regie-Assistenz

Script

Drehbuch

Kamera

2. Kamera

Steadicam

Standfotos

Kamera-Bühne

Szenenbild

Art Director

Außenrequisite

Innenrequisite

Bühne

Schnitt

Schnitt-Assistenz

Ton-Assistenz

Mischung

Stunt-Koordination

Casting

Darsteller

Produzent

Executive Producer

Herstellungsleitung

Produktionsleitung

Produktions-Koordination

Dreharbeiten

    • 18.09.2007 - 29.11.2007: Berlin und Umgebung, Polen, Lettland
Länge:
3220 m, 118 min
Format:
35mm, 1:2,35
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 27.11.2008, 116197, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 09.02.2009, Berlin, IFF - Berlinale Special;
Kinostart (DE): 12.02.2009

Titel

  • Originaltitel (DE) Effi Briest
  • Arbeitstitel (DE) Effi

Fassungen

Original

Länge:
3220 m, 118 min
Format:
35mm, 1:2,35
Bild/Ton:
Farbe, Dolby
Prüfung/Zensur:

FSK-Prüfung (DE): 27.11.2008, 116197, ab 12 Jahre / feiertagsfrei

Aufführung:

Uraufführung (DE): 09.02.2009, Berlin, IFF - Berlinale Special;
Kinostart (DE): 12.02.2009

Auszeichnungen

FBW 2009
  • Prädikat: Besonders wertvoll