Die Legende der Sabotage bei Tri-Ergon
Der gescheiterte Versuch der Tri-Ergon-Abteilung der Ufa, mit ihrem ersten Tonkurzfilm "Das Mädchen mit den Schwefelhölzern" 1925 das Lichtton-Verfahren durchzusetzen, wurde nicht nur mit technischen Problemen begründet. Zugleich kam das – in der deutschen Geschichte nicht seltene – Gerücht auf, ausländische Kräfte hätten ihre Hände im Spiel gehabt. Die Apparate seien sabotiert worden, so dass die Premiere und damit das ganze Lichtton-Experiment zwangsläufig an technischen Defekten scheitern musste. Konkret wurde eine Sabotage von US-amerikanischer Seite vermutet – so z.B. vom Tonfilmpionier Guido Bagier, der als künstlerischer Leiter der Tri-Ergon-Abteilung der Ufa zugleich als Regisseur von "Das Mädchen mit den Schwefelhölzern" fungierte. In seinen Notizen nach der misslungenen Film-Premiere am 20. Dezember 1925 schrieb Bagier:
"Blaß und kaum seiner Sinne mächtig treffe ich draußen auf dem Gang den Erfinder Dr. Engl: »Es muß jemand in der Nacht bei den Batterien Kurzschluß verursacht haben – dies ist bewußte Sabotage!« Aber niemand konnte an dem kläglichen Ergebnis etwas ändern. War es überhaupt möglich, den Schuldigen festzustellen? Als ich mit Kapellmeister Wagner in das Vestibül hinausschlich, (...) hörte ich, wie unbemerkt von uns ein Herr, der Ausländer zu sein schien, seinem Begleiter zuflüsterte: 'Die Sache hat geklappt – der deutsche Tonfilm ist erledigt!'"
Zitiert nach: Bagier, Guido: "'Ton mehr aufdrehen – verstärken!' Guido Bagier über die Tri-Ergon-Abteilung der Ufa", in: Hans-Michael Bock / Michael Töteberg (Hg.): Das Ufa-Buch, Frankfurt/Main, 1992, S. 247